Erstes Orgelkonzert seit 2015In der Wiehler Kirche war Gänsehaut garantiert

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Eine reiche Klangvielfalt führte Michael Müller-Ebbinghaus vor. Technische Unterstützung bekam er von Sohn Tim.

Eine reiche Klangvielfalt führte Michael Müller-Ebbinghaus vor. Technische Unterstützung bekam er von Sohn Tim.

Wiehl – Es war das erste Orgelkonzert seit 2015: Um die gereinigte und erweiterte Orgel der evangelischen Kirche vorzustellen, war das Wiehler Gotteshaus in eine Art Showroom verwandelt worden. Im Zentrum, mitten unter den Gästen, der strahlende, hölzerne Spieltisch. Auf der Empore die blitzblanke Orgel, mit farbigem Licht hintergründig beleuchtet. Neben ihr zwei Lautsprecherboxen.

Eine Leinwand zeigte mit wechselnden Screens Einblicke in das Spiel des Kantors Michael Müller-Ebbinghaus, wie man sie so noch nie sehen konnte: Die grazile Beinarbeit auf den Pedalen, die fliegenden Hände über drei Manuale, tanzende Tonmagnete. Am Tisch flirrende LED-Lämpchen, ein Display und ein Steuergerät. Rund 140 000 Euro und jahrelange Arbeit hat die Sache gekostet. Würde man den Unterschied hören können?

Umwerfende Klangfülle verzaubert die Gemeinde

Müller-Ebbinghaus hatte ein Programm erdacht, das den Zugewinn an Klangmöglichkeiten zeigen sollte. Er begann mit dem Gänsehaut-Garanten, Bachs Toccata und Fuge in d-Moll. Mit ihrer Klangfülle und Macht wirkte sie umwerfend. Aber: „Das hätte ich so auch oben an der alten Orgel spielen können“, erklärte der Kantor. Beethovens Allegretto in C-Dur war eine bezaubernde Petitesse, doch auch sie wäre auf der alten Schuke-Orgel spielbar. Dann aber gab der Kantor nach und nach Beispiele für die neuen Möglichkeiten, die er mit der Midi-Elektronik an die Hand bekommen hat.

Müller-Ebbinghaus führte vor, wie er ein vorab programmiertes Register mit dem Pedal ein- oder ausblenden kann. Den tiefsten Ton, der schon mit „Ah“ und „Oh“ kommentiert wurde, versenkte er mit Tastendruck bis unter den Kirchenboden, Klangfarbe Erdbeben. Die Registrierung wird vor dem Spiel eingespeist. Tim Ebbinghaus, des Kantors Sohn, drückte an dessen Seite diskret auf eine Taste, wenn der Sound sich ändern sollte.

„Klangschiff Enterprise“ hebt ab

Für die Füße gibt es am Spieltisch noch sechs Knöpfe, die zu bedienen sind. Schon mit Léon Boëllmanns „Suite Gothique“ brachte der Musiker das Instrument zu unerhörten Tönen. Bisweilen wirkte das wie „Klangschiff Enterprise“, und der Kantor wurde zum Commander. Der dritte Satz kam wunderbar samtig und fast intim – die alte Schuke machte alles gelassen mit, als hätte sie nur darauf gewartet.

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Die Feuerprobe für den Gottesdienst war „Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt“. Die Konzert-Gemeinde sang, der Kantor mittendrin, nachdem er ein „Swing-Preludium“ mit Jazz-Anmutung als Vorspiel bot, mit einem Xylophon-Klang.

Zwei Generationen an der Orgel

Dieser Spieltisch ist eine wahre Zauberkiste. Wenn dann Sohn Tim noch den Laptop aufklappt und die „Digital Audio Workstation“ startet, werden Geräusche hörbar, Blasen steigen auf, eine Klangwolke erhebt sich übers Schlagzeug. Das alles kann passieren mit zwei Generationen an der Orgel. Sehr großer Beifall für die „Fantasy No. 1 für Orgel und DAW“, komponiert von Sohn und Vater.

Und mit dem eingebauten Digitalpiano geht auch Kino-Orgel: „Mission Impossible“ eröffnet neue Welten. Die Königin der Instrumente ist im 21. Jahrhundert angekommen. Großer Applaus, Dankesworte und eine Zugabe: „The Final Countdown“.

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