GerichtWipperfürther für Besitz von Dateien mit Darstellungen von Kindesmissbrauch verurteilt

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Statue der Göttin Justitia vor einem Gericht (Symbolbild)

Statue der Göttin Justitia vor einem Gericht (Symbolbild)

Das Schöffengericht verurteilt einen 37-Jährigen aus Wipperfürth für den Besitz von Fotos und Videos mit Darstellungen von Kindesmissbrauch. 

Das Schöffengericht verurteilte jetzt einen 37-jährigen Wipperfürther, der in Besitz von Fotos und Videos war, die einen schweren sexuellen Missbrauch an Kindern darstellen. Der Angeklagte hatte sich nach einer polizeilichen Hausdurchsuchung freiwillig in Therapie begeben.

Bei Kinderpornografie hört der Spaß auf. Im Jahr 2021 wurde der Strafrahmen für die Verbreitung, den Besitz und Erwerb von kinderpornografischen Inhalten weiter erhöht, was zu einer „Trockenlegung“ des Marktes führen soll.

Jeglicher Umgang mit dieser Thematik gilt seitdem als Verbrechen. In Besitz solcher Schriften war ein 37-jähriger Wipperfürther, der sich jetzt als Angeklagter vor dem Schöffengericht verantworten musste. Ihm wurde der Besitz von 42 kinderpornografischen Bildern und neun dementsprechenden Videos nachgewiesen.

Bewährungsstrafen sind die Ausnahme

Die Dateien fand die Polizei bei einer Hausdurchsuchung im März 2022 auf dem dabei sichergestellten Apple Macbook und iPhone des Angeklagten. Der 37-Jährige bestritt den Vorwurf nicht. Ganz im Gegenteil. Er hatte sich direkt nach der Durchsuchung Hilfe gesucht und eine Therapie begonnen. „Dadurch lerne ich das Geschehene zu reflektieren“, sagte der Angeklagte.

Da der ledige Wipperfürther Vater eines zweijährigen Sohnes ist, der bei der Kindsmutter lebt, hakte der Strafrichter am Amtsgericht nach. „Haben sie mit ihrer ehemaligen Lebenspartnerin über den Vorwurf gesprochen und hat auch das Jugendamt Kenntnis davon?“ Beides bejahten der Angeklagte und sein Verteidiger.

Zu sehen ist mehrfach der schwere sexuelle Missbrauch an Kindern, die alt genug sind, um sich in ihrem späteren Leben noch daran zurückzuerinnern.
Die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer

Den Anwesenden im Gerichtssaal blieb es jedoch nicht erspart, dass die Staatsanwältin die Beschreibungen der Missbrauchsszenen an zumeist acht- bis zehnjährigen Mädchen, die auf den Bildern und Videos zu sehen waren, im Detail verlas. Die beiden Schöffen wurden vom Richter dazu angehalten die Ausdrucke, die einen ganzen Aktenordner füllten, anzusehen. „Darauf zu sehen ist mehrfach der schwere sexuelle Missbrauch an Kindern, die alt genug sind, um sich in ihrem späteren Leben noch daran zurückzuerinnern“, betonte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer.

Der Verteidiger verwies vor der Urteilsverkündigung auf die depressive Verstimmung, an der sein Mandant seit Jahren leidet. Dem Gericht lag darüber auch ein psychiatrisches und psychologisches Gutachten aus dem Jahr 2014 vor, dessen Befund der Richter verlas.

Bewährung und Geldstrafe wegen besonderer Umstände

Ein Umstand, den der Verteidiger direkt in sein Plädoyer einfließen ließ: „Der Gesetzgeber will solche Täter im Gefängnis sehen; nur bei besonderen Umstanden gibt es eine Strafaussetzung zur Bewährung. Das ist hier der Fall“, betonte er. Nach einer 15-minütigen Beratung sprach das Schöffengericht das Urteil. Der Mann erhielt eine 15-monatige Bewährungsstrafe, wobei die Bewährungszeit auf vier Jahre festgesetzt wurde. Ihm wird ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt.

Zudem muss der Wipperfürther eine Zahlungsauflage in Höhe von 3600 Euro in Raten abstottern. Der Richter machte die Folgen des Missbrauchs von Kindern in diesem Alter deutlich. „Die Kinder befinden sich in einer Entwicklungsstufe, wo man sehr viel Vertrauen zerstört und wo ein Erinnerungsvermögen da ist. Das sollte Ihnen bewusst sein, auch wenn Sie nur Konsument der Bilder sind“, betonte der Richter. Positiv bewertete das Gericht, dass der Angeklagte sich zu der Tat bekannt und sich zeitnah um einen Therapieplatz bemüht hat. „Sie haben eine Schuldeinsicht, das ist vorbildlich“, fügte der Richter hinzu.

Dennoch bestünde immer die Gefahr eines Rückfalls. „Es darf nichts mehr passieren, das ist wichtig“, wandte er sich noch einmal mahnend an den Verurteilten.


Hintergrund

Vor zwei Jahren hatte die damalige große Koalition beschlossen, Kinderpornografie als Verbrechen einzustufen, mit einer Mindeststrafe von einem Jahr Haft und ohne die Möglichkeit, Verfahren einzustellen. Nach zwei Jahren erwägt nun die Ampel-Koalition, die verschärften Strafen für Kinderpornografie zu korrigieren und Bagatellfälle davon auszunehmen. Vertreter aller drei Koalitionsfraktionen sprachen sich in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“ in der Montagsausgabe, 13. März) dafür aus. Eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums sagte dem Blatt, der gesetzgeberische Handlungsbedarf und mögliche Handlungsoptionen würden geprüft.

Nun geht es um eine Lösung für geringfügige Fälle – etwa wenn Eltern, Lehrer oder Schüler auf Fälle von Kinderpornografie hinweisen, indem sie Missbrauchsdarstellungen weiterleiten, oder wenn Jugendliche einander Nacktfotos von sich selbst schicken. Der Parlamentsgeschäftsführer der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, sagte , durch diese Fälle werde zu viel Personal gebunden, das dringend für die Verfolgung schwerer Sexualstraftaten benötigt werde. „Staatsanwälte brauchen die Möglichkeit, bei Bagatellfällen von der Strafverfolgung absehen zu können.“

Die grüne Rechtspolitikerin Canan Bayram erklärte: „Das Strafrecht muss Ultima Ratio bleiben, und die Staatsanwaltschaften und Gerichte müssen die Möglichkeit haben, auf die verschiedenen Fallkonstellationen tat- und schuldangemessen reagieren zu können.“ Auch der FDP-Parlamentsgeschäftsführer Stephan Thomae sieht Handlungsbedarf: „Die Rechtsprechung kommt mit der letzten Reform nicht zu sachgerechten Ergebnissen.“ Der Geschäftsführer des Deutschen Richterbunds, Sven Rebehn, sieht das in der Zeitung genau so: „Aus Sicht der Justizpraxis ist eine Korrektur der 2021 drastisch verschärften Strafvorschriften gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie dringend erforderlich.“ (dpa)

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