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Kriminalitätsstatistik 2023Mehr Überfälle, Diebstähle und Einbrüche in Rhein-Berg

Lesezeit 4 Minuten
Mehrere Polizisten stehen um ein Gebüsch, in dem ein Mensch liegt. Ein Polizist geht mit gezogener Waffe auf den am Boden Liegenden zu.

Spektakulärer Ermittlungserfolg: Geldautomatensprenger wurden 2023 in Odenthal festgenommen. Hier zu sehen durch die Wärmebildkamera eines Polizeihubschraubers.

Warum Rhein-Berg laut Polizeibilanz dennoch weiterhin einer der fünf sichersten Kreise im gesamten Land Nordrhein-Westfalen ist.

Der Fall war spektakulär: Nach rasanter Verfolgungsjagd mit der Polizei aus dem Märkischen Kreis bis nach Odenthal, steuern flüchtende Geldautomatensprenger am 1. Februar 2023 ausgerechnet in einer Sackgasse in Osenau, können am Ende Hilfe nur noch zu Fuß weiter und werden schließlich mit der Wärmebildkamera eines Polizeihubschraubers im Wald ausfindig gemacht und festgenommen.

Die Erhöhung der Straftaten hält an, dennoch sind wir nach wie vor einer der sichersten Kreise in Nordrhein-Westfalen.
Marc André Linden, Direktionsleiter Kriminalität der Polizei Rhein-Berg

Auch wenn NRW-Innenminister Herbert Reul den Zugriff der rheinisch-bergischen Polizei lobte, ging diese wohl spektakulärste Festnahme in Rhein-Berg nicht in die Kriminalitätsstatistik der Kreispolizei ein. Der Grund: Den Geldautomaten hatten die Tatverdächtigen im Märkischen Kreis gesprochen, ihre Festnahme geht daher in die dortige Aufklärungsquote ein.

Doch der Direktionsleiter Kriminalität der rheinisch-bergischen Kreispolizei, Marc André Linden hatte bei der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik für das zurückliegende Jahr gestern auch so eine gestiegene Aufklärungsquote (+ 1,55 Prozent) zu vermelden – allerdings auch eine deutlich gestiegene Zahl von Straftaten.

Sicherheit im Vergleich: 13 670 Straftaten gegen die Kreispolizei im vergangenen Jahr auf, 165 mehr als noch im Jahr zuvor (+ 1,22 Prozent). Mehr als jede zweite Tat klärten die Ermittler auf (55,16 Prozent). Die Steigerung der Straftaten halte zwar an – „wir sind aber nach wie vor einer der sichersten Kreise im ganzen Land“, betont Kriminaloberrat Marc André Linden, und das trotz der Nähe zum Ballungsraum Köln. Landesweit sei Rhein-Berg weiterhin der fünftsicherste Kreis. Weniger Straftaten im Verhältnis zur Einwohnerzahl hätten laut Polizeistatistik NRW-weit lediglich die deutlich ländlichen Landkreise Oberberg (Platz 1), Lippe (Platz 2), Olpe (Platz 3) und Herford (Platz 4) betragen.

Vor allen Dingen Raubdelikte haben in Rhein-Berg stark zugenommen

Die stärksten Steigerungen: Zugenommen haben in Rhein-Berg vergangenes Jahr vor allem die Raubstraftaten (+ 36,26 Prozent), die Folgen von Taschendiebstählen (+ 23,02 Prozent) und Wohnungseinbrüchen (+ 22,09 Prozent). Bei den Raubdelikten seien laut Kripo-Chef Linden außerdem mehr als 70 Prozent der 105 Taten in der Großstadt Bergisch Gladbach verübt worden. Lediglich vier Raubüberfälle auf Geschäften, einen auf einer Spielhalle, zwei auf Tankstellen und sechs in Wohnungen habe es gegeben. Diese Überfälle wurden bis auf den einen in der Spielhalle allesamt aufgeklärt.

Insgesamt liegen die Aufklärungsquote bei Raubstraftaten bei 65,7 Prozent. Die meisten Straftaten in diesem Bereich seien sogenannte Abziehdelikte unter Jugendlichen gewesen, die sich Wertgegenstände wie Handys abgenommen hätten, so der Kripo-Chef.

Gewaltkriminalität hat stark zugenommen – Viele junge Täter

Die stärksten Rückgänge: Um ein Fünftel (-20,14 Prozent) auf 1840 Delikte sind Vermögens- und Fällungstaten zurückgegangen, um 5,98 Prozent gingen Sexualstrafdelikte zurück – gleichwohl auf einem hohen Niveau: von 351 auf 330 Taten.

Straftaten gegen das Leben registrierte die Polizei im zurückliegenden Jahr lediglich zwei in Rhein-Berg. In einem Fall kam das Opfer in einer Dreiecksbeziehung von zwei Männern und einer Frau in Bergisch Gladbach ums Leben. Das Verfahren dauere noch an, so Linden. Im anderen Fall habe ein Bergisch Gladbacher zunächst seinen Hund, dann seine Frau und sich schließlich selbst getötet. Ein Verfahren habe es daher in diesem Fall nicht mehr geben können.

Gewaltkriminalität: Einen erneuten Anstieg verzeichnete die Kreispolizei bei der Gewaltkriminalität. Kripo-Chef Linden führt das auf ein gesellschaftliches Phänomen zurück: Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen habe es während der Corona-Zeit weniger Möglichkeiten gegeben, sich auseinanderzusetzen, sieht Linden einen Nachholeffekt.

Straftaten zum Nachteil Älterer: Obwohl die Zahl der vollendeten Straftaten, bei denen Menschen über 60 Jahre die Opfer waren, im vorigen Jahr von 44 auf 39 gesunken ist, explodierte der dadurch entstandene Schaden: von knapp 300 000 Euro auf mehr als 1,1 Millionen Euro. Häufig waren Betrugsmaschen wie Schockanrufe oder Enkeltrick-Varianten per Handy-Messenger der Grund. Teilweise erbeuteten die Täter dabei sechsstellige Beträge von einem einzigen Opfer. Die Polizei plant nun Faltblätter mit Tipps gegen Betrugsmaschen bei Personen auszulegen, denen ältere Menschen besonders vertrauen: Friseurinnen und Friseuren.

Obwohl Menschen über 60 Jahre rund 32 Prozent der Bevölkerung in Rhein-Berg ausmachten, seien nur 8,8 Prozent der Kriminalitätsopfer im vergangenen Jahr Senioren gewesen, so Kripo-Chef Linden. Tendenz: sinkend. Heißt: Als Seniorin oder Senior lebt man vergleichsweise sicher in Rhein-Berg.


Worauf die Polizei einen Fokus legt

Auf die Jugendkriminalität wird die Kreispolizei nach eigenen Angaben einen noch stärkeren Fokus legen. Gerade die Zahl der tatverdächtigen Kinder hat seit dem Jahr 2020 von 107 auf 232 deutlich angenommen. Präventiv soll das vor knapp zwei Jahren auch in Rhein-Berg gestartete Programm „Kurve kriegen“ (wir berichteten) verhindern helfen, dass Kinder zu Intensivtätern werden. Bei jungen Menschen, die bereits Intensivtäter sind, gelte es aber auch repressiv stark durchzugreifen, so Rhein-Bergs Kripo-Chef Marc André Linden.

Angesichts der nach der Corona-Zeit erneut angestiegenen Zahl von Wohnungseinbrüchen (von 335 auf 409) und der in diesem Bereich gesunkenen Aufklärungsquote (von 14,9 auf 10,5 Prozent) plant Kripo-Chef Linden, die während der Corona-Zeit aus diesem Bereich für andere Aufgaben eingesetzten (Personal-)Ressourcen „wieder zugewiesen“. Allerdings bestehe bei den aktuellen Werten auch noch kein Grund zur Besorgnis, liege die Zahl der Einbrüche doch im zurückliegenden Jahr mit 409 noch deutlich unter der vor 20 Jahren (508). (wg)


Die wichtigsten Entwicklungen in den Städten und Gemeinden

  • Bergisch Gladbach
  • 6703 Straftaten (+344) wurden 2023 in der Kreisstadt gemeldet.
  • + 5,41 Prozent im Vergleich zu 2022.
  • Zugenommen haben vor allem Diebstahlsdelikte (+ 420 Taten/+17,93 Prozent) und Raubstraftaten (+ 15 Fälle/+27,27 Prozent).
  • Zurückgegangen sind Sexualdelikte (– 15 Taten/–10,49 Prozent) und Sachbeschädigungen (– 129 Taten/–17,60 Prozent).
  • Kürten
  • 568 Straftaten (– 16) wurden 2023 in Kürten der Polizei gemeldet.
  • –2,74 Prozent beträgt das Minus.
  • Zugenommen haben Diebstahlsdelikte (+ 44 Taten/+ 39,64 Prozent) und Diebstahlstaten an bzw. aus Kfz (+14 Fälle/+82,35 Prozent).
  • Zurückgegangen ist in Kürten vor allem die von der Polizei erfasste Gewaltkriminalität (– 15 Taten/–39,47 Prozent).
  • Odenthal
  • 402 Straftaten (– 77 Taten) wurden im 2023 in Odenthal gemeldet.
  • – 16,08 Prozent beträgt das Minus.
  • Zugenommen haben Wohnungseinbrüche (+13 Taten/+162,50 Prozent) und Körperverletzungsdelikte (+ 8 Taten/+16,67 Prozent)
  • Zurückgegangen sind in Odenthal Straßenkriminalität (– 27 Fälle/– 24,55 Prozent) und Diebstahlsdelikte (–14 Fälle/ – 11,97 Prozent)
  • Overath
  • 1152 Straftaten (– 104 Taten) sind 2023 in Overath gemeldet worden.
  • – 8,21 Prozent im Vergleich zu 2022.
  • Zugenommen haben Wohnungseinbrüche (+13 Fälle/+52 Prozent), Rauschgiftdelikte (+7 Fälle/+16,67 Prozent)
  • Zurückgegangen sind Sexualdelikte (– 15 Fälle/–34,88 Prozent) und Diebstahl an bzw. aus Kraftfahrzeugen (–17 Fälle/21,52 Prozent)
  • Rösrath
  • 1499 Straftaten (+ 68 Taten) wurden der Polizei im Jahr 2023 gemeldet.
  • +4,75 Prozent im Vergleich zu 2022.
  • Zugenommen haben Diebstahlsdelikte (+ 56 Taten/+ 14,93 Prozent) und Körperverletzungen (+37 Taten/+22,70 Prozent).
  • Zurückgegangen sind Fahrraddiebstähle (– 25 Fälle/–44,64 Prozent) und Rauschgiftdelikte (–13 Fälle/ –15,48 Prozent)
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