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UrteilAngeklagter muss nach Attacke in Bergisch Gladbach dauerhaft in die Psychiatrie

3 min
Eine Statue der Justitia hält eine Waage in der Hand.

Bei einer Feier kam es zum Streit. Jetzt muss der Beschuldigte in die Psychiatrie

Ein 63-Jähriger muss nach einer Attacke auf einen anderen Mann auf Dauer in die Psychiatrie. Das haben die Richter am Landgericht entschieden

Auf einer Geburtstagsfeier im Juni 2024 in einem Appartementhaus in Bergisch Gladbach, in dem mehrere psychisch Kranke untergebracht waren, geriet ein 63-Jähriger mit einem der anderen Gäste in Streit und schlägt diesem mehrmals wuchtig mit der Faust ins Gesicht. Der so getroffene Mann geht zu Boden und kassiert weitere Schläge und schließlich auch Tritte gegen den Kopf. Die folgen sind schlimm und tragisch: Das Opfer sitzt seither im Rollstuhl, ist zu hundert Prozent schwerbehindert und leidet unter Sprach- und Schluckstörungen.

Am Donnerstag (9. Oktober) wies das Landgericht den 63-jährigen Täter dauerhaft in eine Psychiatrie ein. Die Tat des an einer paranoiden Schizophrenie erkrankten Beschuldigten wertete die Kammer als schwere Körperverletzung, begangen im schuldunfähigen Zustand. Mit ihrer Entscheidung folgte die Kammer dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die in dem 63-Jährigen eine Gefahr für die Allgemeinheit sah.

Zu wenig Betreuung

In der Urteilsbegründung kritisierte der Vorsitzende die Betreuungssituation des 63-Jährigen vor der Tat. Der BeWo-Betreuer — in der Regel handelt es sich um einen professionellen Helfer, der Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung im Rahmen eines ambulant Betreuten Wohnens (BeWo) bei einem möglichst selbstständigen Leben in eigener Wohnung unterstützen soll — habe sich kaum oder nicht um den 63-Jährigen gekümmert; der gesetzliche Betreuer, der die Rechtsgeschäfte für den Beschuldigten führt, ebenfalls nicht.

Der Mann habe den 63-Jährigen nicht einmal in der Psychiatrie in Essen besucht. Das ist insofern erstaunlich, als dass der 63-Jährige dort seit mehr als einem Jahr untergebracht ist. Die Unterbringung in Essen tat dem Beschuldigten aber sichtlich gut. Medikamentös neu eingestellt, trat der 63-Jährige durchaus „aufgeräumt“ in dem Prozess auf, entschuldigte sich gar für seine Tat.

Bedroht gefühlt

Zu seinem Motiv hatte der 63-Jährige gesagt, der Mann habe „rassistische Lieder“ gesungen. Alle auf der Feier hätten gewollt, dass er gehe, was der aber nicht getan habe. Als der 63-Jährige sich dann von dem Geschädigten auch noch bedroht gefühlt hatte, hatte der Beschuldigte zugeschlagen: „Ich habe den geschlagen: drei, vier, fünf Mal mit der rechten Faust ins Gesicht“, hatte der 63-Jährige am ersten Verhandlungstag gesagt.

Gegenwehr habe es keine gegeben. Als der Geschädigte auf dem Boden gelegen habe habe er noch „drei- oder viermal mit dem rechten Fuß ins Gesicht getreten“. Schockierend war für die Prozessbeteiligten die Empathielosigkeit der restlichen Partygäste. Die hatten sich um den Geschädigten, der nach der Prügelattacke reglos am Boden lag, nicht gekümmert. Stattdessen wurde ungerührt weiter Geburtstag gefeiert.

Allerdings soll es sich bei allen Anwesenden um psychisch Kranke oder durch sonstige Härten des Lebens gezeichnete Personen gehandelt haben. Als dann schließlich Retter am Tatort eintrafen, war der Geschädigte reanimationspflichtig und musste in ein künstliches Koma versetzt werden. Heute ist der Mann ein Pflegefall.