MissbrauchskomplexChat-Administrator muss für über zwei Jahre ins Gefängnis

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Köln – In seiner Chatgruppe „Freunde von...“ liefen von Dezember 2018 bis Mai 2020 die Verbindungen zusammen zwischen Pädosexuellen im Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach. Hier teilten die Männer ihre Erfahrungen mit und Bilder von Missbrauchshandlungen an Kindern. Sie spornten sich an und bagatellisierten in zynischer Form ihre Taten. Am Montag wurde der 38-jährige Chatgruppen-Administrator vom Kölner Landgericht mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten bestraft. Er kommt allerdings nicht aus Bergisch Gladbach, sondern aus dem Schwarzwald.
Das Urteil gegen den Mann, der im Pädosexuellenchatnetzwerk nach Einschätzung der Ermittler eine zentrale Rolle spielte (siehe „Die Bedeutung für Bergisch Gladbach“), erging wegen zehnfacher bandenmäßiger Drittbesitzverschaffung von Kinderpornografie sowie einfacher Drittbesitzverschaffung in Tateinheit mit Besitz von rund 2400 kinderpornografischen Bildern. Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre und acht Monate Gefängnis gefordert.
Chatgruppe wurde 2018 eingerichtet
Im Dezember 2018 hatte der Angeklagte die Chatgruppe auf dem anonymen Messengerdienst Threema eingerichtet und mit einer Anzeige auf einer einschlägigen Webseite nach Gleichgesinnten gesucht. Mit der Zeit wuchs die Gruppe auf 76 Teilnehmer an – unter ihnen auch zahlreiche Männer, die ihre eigenen Kinder massiv sexuell missbrauchten und selbst erstellte Aufnahmen der Missbrauchshandlungen in dem Chat teilten. Unter ihnen war auch Jörg L. (43) aus Bergisch Gladbach, der seine 2017 geborene Tochter wiederholt sexuell missbraucht hatte. Eine Hausdurchsuchung bei dem 43-Jährigen hatte Ende Oktober 2019 die Ermittlungen zum Missbrauchskomplex ins Rollen gebracht. L. wurde mittlerweile vom Landgericht wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern zu zwölf Jahren Gefängnis mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.
Die Bedeutung für Bergisch Gladbach
Das bundesweite Pädosexuellennetzwerk, das im Oktober 2019 nach einer Hausdurchsuchung bei einem damals 42-jährigen Bergisch Gladbacher aufflog, ist seitdem auch in den Formulierungen der Ermittler und Gerichte mit Bergisch Gladbach verbunden, obwohl in der Stadt bislang lediglich zwei Netzwerkmitglieder ausgemacht wurden, Dutzende weitere aber in der restlichen Republik. Dem 38-Jährigen aus dem Schwarzwald, gegen den gestern vor dem Landgericht das Urteil gesprochen wurde, kam dabei auch nach Einschätzung des Gerichts eine Schlüsselrolle zu – die erste Spur aber wurde nicht im Schwarzwald, sondern in Gladbach gefunden. (wg)
Der 38-Jährige hatte den Zugang zur Chatgruppe kontrolliert und nur Männer dort zugelassen, die sich mit dem Hochlanden kinderpornografischer Bilder legitimierten. So sollte verhindert werden, dass sich ein Ermittler in die Gruppe schlich. Mit seiner Chatgruppe, so der Vorsitzende Christoph Kaufmann, habe der Angeklagte für eine „überregionale Vernetzung“ von Pädosexuellen gesorgt, was die Kammer strafschärfend wertete.
„Karten auf den Tisch gelegt“
Allerdings konnte der Angeklagte auch einiges auf der Habenseite verbuchen: So habe der 38-Jährige, nachdem er im Mai 2020 aufgeflogen war, „direkt die Karten auf den Tisch gelegt“, hieß es in der Urteilsbegründung.
Neben einem Geständnis, das er in der Verhandlung wiederholte, habe er seine Handy-Pins herausgegeben und den Beamten im Missbrauchskomplex den Weiterbetrieb des Chats und so die Identifizierung von Tätern und Opfern ermöglicht. Zahlreiche Kinder seien so aus den Fängen ihrer Peiniger „befreit“ worden: „Das war ein unfassbarer Ermittlungserfolg“, sagte Kaufmann. Zudem hatte der 38-Jährige sich selbst nicht unmittelbar an Kindern vergangen.
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Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Revision beim Bundesgerichtshof ist möglich.