GerichtsprozessGladbacher fiel Marihuana vor den Augen der Polizei auf die Straße

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Justitia vor blauem Himmel

Der 32-Jährige Angeklagte fand eine milde Richterin. (Symbolbild)

Bergisch Gladbach – Strebsam und fleißig ist der 32-jährige Gladbacher, und aus seinem Leben hat er trotz ungünstiger Startposition schon viel gemacht. Dann kam die Pandemie und damit im Herbst 2020 erst die Arbeitslosigkeit und anschließend der Griff nach dem noch verbotenen Marihuana. Und dann hatte er das Pech, dass ihm der Beutel auf der Johann-Wilhelm-Lindlar-Straße in der Gladbacher Innenstadt genau in dem Moment aus der Tasche fiel, als ein Polizist in seiner Freizeit an ihm vorbeifuhr.

Der Ordnungshüter alarmierte die Kollegen, und am Dienstag, anderthalb Jahre nach dem Zwischenfall vom 29. März 2021, stand Salih B. (Name geändert) vor dem Bergisch Gladbacher Schöffengericht. Der Besitz von 50 Gramm Marihuana gilt als Verbrechen, Mindeststrafe ein Jahr, doch Richterin Birgit Brandes und die beiden Schöffen fanden ein Urteil, dass dem jungen Mann nicht alle Chancen verbaut: Sie verdonnerten den geständigen und kooperativen Angeklagten zwar wegen des verbotenes Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, bejahten aber einen minder schweren Fall.

Angeklagtem war die Erleichterung anzusehen

Das Urteil: 900 Euro Geldstrafe, 90 Tagessätze zu je zehn Euro. 90 Tagessätze (oder drei Monate Haft) sind genau die Grenze, mit der eine Strafe noch nicht in das polizeiliche Führungszeugnis eingetragen wird.

Salih B. war die Erleichterung anzusehen: „Danke“, sagte er und versprach, dass er sich von Drogen in Zukunft immer fernhalten und seinen Weg – er plant ein Studium – geradlinig weitergehen werde. Zuvor hatte er seine Sorgen unumwunden bekundet: „Ich habe schon überall rumgefragt, ob Sie mich jetzt ins Gefängnis schicken können.“ Dazu die Richterin: „Ja, das könnten wir. Aber das werden wir wohl nicht tun.“

Verurteilter machte Abitur auf der Abendschule

Brandes wies darauf hin, dass der junge Mann eben nicht der typische Drogendelinquent sei. Er ist vielmehr einer, der sich mit viel Energie hocharbeitet: Geboren in der Türkei, wuchs er zunächst dort bei seiner Mutter auf, bis sich die Kurdin entschloss, ihrem Mann nach Deutschland zu folgen und hier Asyl zu beantragen.

Mit sechs Jahren kam Salih, der längst die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, nach Deutschland, ging hier zur Schule, machte den Hauptschulabschluss, holte den Realschulabschluss und das Abitur auf der Abendschule nach, arbeitete und macht aktuell eine Ausbildung zum Bürokaufmann.

Richterin bescheinigte gute Sozialprognose

Zwei Vorstrafen wegen Körperverletzung liegen neun beziehungsweise zehn Jahre zurück. „Ich habe damals Sch… gebaut“, sagte er im Prozess. Die Vorstrafen, darauf wies sein Verteidiger hin, belasten ihn bis in die Gegenwart. Salih B.: „Ich fühle mich, als ob ich ein Päckchen mit mir herumtrage, das sonst keiner sieht.“ Im Urteil bescheinigte Richterin Brandes ihm eine gute Sozialprognose. „Sie sind ein anständiger junger Mann mit guten Absichten.“

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Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Da es aber der Forderung der Staatsanwältin entspricht, ist eine Berufung von Seiten der Anklagebehörde sehr unwahrscheinlich.

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