„Systematisch diskriminiert“Kultur-Expertin spricht in Gladbach über Rolle der Frau

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Die Villa Zanders wird im Dunkeln beleuchtet.

In der Villa Zanders wurde über die Rolle der Frau in der Kultur diskutiert.

Viele Künstlerinnen, die an dem Gespräch teilgenommen haben, waren sich einig: Frauen brauchen viel Kraft, um in der Branche zu bestehen. 

Wie in den meisten anderen Bereichen auch sind Frauen in der Kunst nicht nur unterrepräsentiert, sondern werden „systematisch und strukturell diskriminiert“, erklärte Ursula Theißen, Geschäftsführerin des Frauenkulturbüros NRW. Sie war am Dienstagabend Referentin des Salongesprächs im Kunstmuseum Villa Zanders zum „Thema Frauen in der Kultur“.

Thema und Termin haben perfekt zusammengepasst: Das Gespräch fand am Equal Pay Day (siehe Kasten) und am Abend vor dem Weltfrauentag statt. Theißen stieg mit ernüchternden Zahlen ein: Die Kunst von Frauen wird nur in 20 Prozent der Einzelausstellungen gezeigt, ihr Anteil bei Messen liegt bei 25 Prozent. Außerdem wird für die Werke von Frauen viel weniger Geld bezahlt als für die Werke von Männern.

Ergebnisse aus der Forschung müssen in den Alltag einfließen

So sei das teuerste Bild von Frida Kahlo für acht Millionen Euro verkauft worden und das von Leonardo da Vinci lag im dreistelligen Millionenbereich. Das Frauenkulturbüro habe mit Stipendien und Angeboten für Künstlerinnen zur Förderung von Frauen beigetragen. Jetzt wolle es sich darauf konzentrieren, dass Ergebnisse aus Studien in die Praxis einfließen.

„Die Gender Studies gibt es jetzt schon seit 30 Jahren und es gibt kaum pragmatische Lösungen, die den Alltag erleichtern“, sagte sie. Das solle nun geändert werden: Theißen und ihr Team nehmen sich zusammen mit Kooperationspartnern dem Thema Vereinbarkeit von Kunst und Fürsorgearbeit an.

Denn in den meisten Fällen sind es immer noch die Frauen, die sich zusätzlich zu ihren Jobs um Kinder und Haushalt kümmern. Gender Studies bezeichnet ein interdisziplinäres Fachgebiet, das Geschlechterverhältnisse untersucht und differenziertes Geschlechterwissen und Genderkompetenz schaffen will.

Keine Zeit gibt es nicht. Man muss präsent sein
Ursula Theißen, Geschäftsführerin des Frauenkulturbüros NRW

In der Gesprächsrunde nach dem Vortrag meldete sich eine junge Künstlerin zu Wort. Sie finde Studien und Forschung zu dem Thema sehr wichtig, würde sich aber praxisnahe Förderung von Frauen wünschen, für die man sich nicht etliche Stunden durch Anträge oder Internetseiten arbeiten müsse. „Ich habe zwei fünfjährige Kinder, dafür habe ich keine Zeit“, sagte sie. Theißen, die kurz zuvor noch betonte, dass sie das Thema Vereinbarkeit angehen wolle, betonte daraufhin: „Keine Zeit gibt es nicht. Man muss präsent sein.“

Sie führte weiter aus, dass Frauen persönlich netzwerken sollten und beispielsweise Kindergartenzeiten dafür hinderlich sein können. Ein weiteres Thema wurde unter den Künstlerinnen, die an der Gesprächsrunde teilnahmen, diskutiert: Gerade um als Frau in der Kunstwelt zu bestehen, brauche man viel Resilienz. Künstlerin Carola Willbrand, die aktuell selbst in der Villa Zanders ausstellt, erklärte, dass dies ein besonders wichtiger Punkt einer Künstlerinnenkarriere sei:

„Die Frage ist, wie stark ist man, das alles durchzuhalten? Woher zieht man die Kraft?“ Es habe sich in den vergangenen Jahrzehnten aber schon einiges geändert– Frauen seien heute schon selbstbewusster als früher.


Equal Pay Day

Der Equal Pay Day markiert symbolisch die geschlechtsspezifische Lohnlücke. Die liegt laut Statistischem Bundesamt bei 18 Prozent in Deutschland beträgt (Stand 7. März 2022). Der Equal Pay day markiert den Tag, bis zu dem Frauen in einem Jahr umsonst gearbeitet hätten, wenn sie den gleichen Stundenlohn bekommen würden, wie Männer. In diesem Jahr fiel der besagte Tag auf den 7. März. Das heißt, Frauen arbeiteten in diesem Jahr durchschnittlich 66 Tage ohne Bezahlung. (abr)

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