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Alles auf AnfangParkautomaten in Bergisch Gladbach sollen doch bleiben, aber ohne Bargeld

4 min
Man sieht, wie eine Hand einen Parkschein aus dem Automaten zieht.

Alles auf null gedreht beim Streit um die Zukunft der Parkautomaten in Bergisch Gladbach: Sie sollen bleiben – aber ohne Bargeld.

Die Entscheidungen der Politik zur Zukunft der Parkautomaten gleichen einer Irrfahrt. Hier ist eine Chronologie der Stationen. 

Achtung, anschnallen für die wilde Fahrt zu den Stationen der Entscheidung zur Zukunft der Parkscheinautomaten. Sie gleicht einer Irrfahrt mit gegenseitigen Beschimpfungen der Fraktionen. Am Dienstagabend findet die Posse ein vorläufiges Ende: Alles zurück auf Anfang. Das hätte man einfacher haben können. Hier ist die Chronologie der Odyssee.

Am 25. März beginnt der Streit um das künftige Parkraumkonzept in der Sitzung des Infrastrukturausschusses. Die Stadtverwaltung gibt ihre dringende Empfehlung ab, bis Anfang 2026 neue Parkscheinautomaten anzuschaffen, mit einer elektronischen Bezahlmöglichkeit per EC- oder Kreditkarte ohne Bargeld.

Lösung der Verwaltung war zuerst allen Fraktionen zu radikal

Allen Fraktionen ist diese Lösung zu radikal. Die Verwaltung wird beauftragt, ein „integratives Parkkonzept“ zu erarbeiten, das das Bezahlen von Parkscheinen mit Bargeld ermöglicht – nach dem Vorbild der Wiener-Pickerl, einem Ticket auf Papier, das man etwa in Geschäften kaufen kann und hinter die Windschutzscheibe legt.

Am 22. Mai gibt der Ausschuss Vollgas. Die Grünen finden mit der Unterstützung von SPD und Freie Wählergemeinschaft (FWG) die Mehrheit von einer Stimme für die extremste aller Lösungen: die komplette Abschaffung der Automaten.

Im Vordergrund bei der Entscheidung steht die Kostenersparnis von 265.000 Euro für den Wegfall der Neuanschaffung der Automaten. In der Stadt sollen Parkscheine nur noch per Handy-App bezahlt werden können. CDU und AfD stimmen dagegen, die FDP enthält sich.

SPD, Grüne und FWG machen nacheinander einen Rückzieher

Am Tag danach kündigt die CDU an, gegen den Beschluss im Stadtrat vorzugehen. Zudem setzt sie auf die Option, nach der Kommunalwahl bei veränderten Mehrheitsverhältnissen, das Thema erneut aufzugreifen. CDU und FDP sind gegen die ausschließliche Bezahlmöglichkeit per App und wollen den Bürgern alle Optionen – App, Automat, Karte und Bargeld – anbieten.

Wer jetzt nicht mehr mitkommt, kann einen Stift zur Hand nehmen und eine Grafik zum besseren Verständnis aufmalen. Denn am 28. Mai bekommen SPD und Grüne kalte Füße. Sie kündigen in einem gemeinsamen Antrag an, ihren Beschluss vom 22. Mai bis zum 30. Juni 2026 auszusetzen zu wollen. Damit sozialverträglich ein Netz von Verkaufsstellen für die Park-Pickerl aufgebaut werden könne.

Am 6. Juli macht die FWG einen Rückzieher und nimmt ihre Zustimmung zur reinen Handy-Variante zurück. Stattdessen holt sie den ursprünglichen Verwaltungsvorschlag mit neuen Automaten, die eine Bankkarten-Funktion haben, aus der Schublade. Ergänzend soll die Papiervariante für Parktickets eingeführt werden.

Beim Showdown wir alles wieder auf null gesetzt

Beim Showdown in der dritten Sitzung am Dienstagabend werfen sich die Kontrahenten wieder gegenseitig vor, zu mauern und für den Fortschritt nicht bereit zu sein.

Die SPD distanziert sich plötzlich wie die FWG von der reinen Handy-App-Variante. „Das ist suboptimal vor allem für ältere Menschen“, sagt Fraktionschef Klaus Waldschmidt und schwenkt um auf den FWG-Vorschlag. „Wir Grünen gehen diesen Schritt mit“, sagt Theresia Meinhardt, Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen, zähneknirschend, „für unseren innovativen voll-digitalen Vorschlag fehlt uns jetzt die Mehrheit.“

David Bothe (CDU) regt sich auf: „Sie schlagen Abreißblöckchen vor, das muss Ihnen doch selbst peinlich sein“, sagt er, „unser Vorschlag ist der richtige, nach modernen Lösungen zu suchen, zum Beispiel mit Autokennzeichen-Registrierung.“

Bothe verweist auf Daten aus dem Parkhaus Bergischer Löwe, zur Verfügung gestellt von der Stadt: „85 Prozent der Nutzer bezahlen mit Bargeld, obwohl als Alternative die Kartenzahlung angeboten wird.“ Er rechnet aus: Dies bedeute, dass 500.000 fälschungssichere Pickerl pro Jahr ausgegeben und kontrolliert werden müssten. „Das ist ein enormer Aufwand für die Verwaltung.“

Bei der Abstimmung votieren Grüne, SPD, FWG und AfD für den FWG-Vorschlag – gegen die Stimmen von CDU und FDP. Alles wieder auf null gesetzt. Der Beschluss zum Parken per App vom 22. Mai wird einstimmig aufgehoben. Bothe sagt, mit der „Zettelwirtschaft“ würde es Bergisch Gladbach in die ZDF-Heute-Show schaffen. Aber das Hickhack im Ausschuss hätte dafür ebenfalls Potenzial.

Eine neue Folge der Automaten-Posse ist  nicht ausgeschlossen. „Wir behalten uns vor, das Thema nach der Wahl wieder aufzugreifen“, sagt Martin Lucke, verkehrspolitischer Sprecher der CDU im Ausschuss.