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FlohmarktWie der „Tauschrausch“ des Abfallverbandes in Bergisch Gladbach funktioniert

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Zwei Frauen halten auf dem Trödelmarkt einen Budda hoch.

Vom Leuchter bis zum Sitzkissen: Kunterbunt war am Samstag das Tauschangebot.

Der Bergische Abfallwirtschaftsverband (BAV) hatte zu einem Flohmarkt nach Bergisch Gladbach eingeladen.

Vor 100 Jahren besaß ein Mensch um die 180 Gegenstände. Heute sind es zwischen 8.000 und 10.000. Schnell wandern die Gegenstände, die nicht mehr benötigt werden, in den Müll. Oft einwandfrei und nicht selten in Originalverpackung. Der „Tauschrausch“, eine Börse des Bergischen Abfallverbandes (BAV), wirkt diesem entgegen und die Dinge, die jemand anderes nicht mehr gebrauchen konnte, finden ein neues Zuhause.

Offene Münder bei jedem einzelnen Besucher verursachte die Menge an Gegenständen, die wie bei einem Flohmarkt auf dem Wertstoffhof in der Overather Straße drapiert war. Zahlreiche Dreiräder und Fahrrädchen, Autositze für Babys mit Station, Stapel von DVDs, Gesellschaftsspielen oder Büchern.

Hübsche und teilweise sehr alte Schränkchen und Schatullen, Gitarren, ein Kofferradio oder modernes Geschirr in Steinoptik. Stapelstühle für den Garten und ein Sonnenschirm, ein noch verpackter Föhn und ein neuwertiger Akkustaubsauger. Und jedes einzelne Teil erzählt seine eigene Geschichte. Wem diese Sachen wohl mal gehört haben? Warum wollten die Besitzer sie loswerden? Wie alt sind sie? Und wie viel Geld haben die eigentlich gekostet?

„Bedienen Sie sich einfach. Nehmen Sie mit, was Ihnen gefällt“, begrüßt Monika Daniel, die für die Öffentlichkeitsarbeit beim BAV zuständig ist, die Besucher. Nach kurzem Zögern und ungläubigen Blicken, greifen diese dann doch beherzt zu.

„Es sind Dinge, die die Leute loswerden wollen und zur Entsorgung zum Wertstoffhof bringen. Dort werden sie von den Mitarbeitern angesprochen, ob sie es tatsächlich wegwerfen oder lieber spenden wollen für den „Tauschrausch“. Anschließend werden sie geprüft auf Funktionstüchtigkeit, denn „wir sprechen hier nicht von einem klassischen Entsorger“, erklärt Daniel den Ablauf. Es gehe um den Gedanken der Nachhaltigkeit, die Dinge im Kreislauf zu halten.

„Oft räumt man auf oder um und will Sachen schnell loswerden. Der Aufwand, es zu verkaufen, ist vielen zu groß,  und ich muss zugeben: Uns macht das Ausräumen immer wieder aufs Neue Spaß“, weiß Daniel, die die Tauschbörse mit ihren Kolleginnen bereits an anderen Standorten im Bergischen durchgeführt hat.

Bergisch Gladbach: Name ist irreführend

Jede Börse sei anders, überall gebe es ganz unterschiedliche Dinge und unterschiedliches Publikum, das sie abgibt oder sich darüber freut. Wer jedoch nicht willkommen ist, sind Menschen, die sich die Sachen eintüten und damit auf Flohmärkten Reibach machen wollen. „Das beobachten wir und wenn jemand auffällt, sprechen wir ihn auch an“, so die Abfallberaterinnen, die die Aktion durchführen.

Der Name „Tauschrausch“ wirkt tatsächlich etwas irreführend, denn es wird nicht erwartet, dass 1:1 getauscht wird. Manche Bürger haben dennoch symbolisch etwas dabei, freuen sich aber umso mehr, über ihre Ausbeute, für die sie heute nicht einmal um den Preis feilschen müssen.

Die Leute, die sich etwas aussuchen, haben Ideen, entwickeln die alten Sachen oft weiter.
Monika Daniel, Bergischer Abfallwirtschaftsverband

Susanne Selbach aus Gummersbach, die gerade eine Ferienwohnung ausstattet, entscheidet sich für einen Wandbehang aus Holz, einen Buddha in Ethno-Kunst. „Vielleicht aus Bali?“, fragt sie sich. Sicher ist aber: Der passt perfekt zur Einrichtung. Als Künstlerin sei sie sowieso ein Fan von Recycling und in den vergangenen Jahren finanziell nicht gut aufgestellt gewesen.

Und davon kann auch Daniel berichten: „Die Leute, die sich etwas aussuchen, haben Ideen, entwickeln die alten Sachen oft weiter.“

Die Besucher nehmen sich Zeit, gehen mehrmals durch die Reihen, stöbern in den Kisten, denn manches fällt erst auf den zweiten Blick ins Auge. Die Atmosphäre ist entspannt für alle, denn die Tauschbörse scheint sich in Gladbach noch nicht so sehr herumgesprochen zu haben und es entstehen unter den Bürgern nette Gespräche. Den Lindlarern hingegen ist die Börse mittlerweile bekannt, am 3. Juni die nächste auf dem örtlichen Wertstoffhof geplant.

Das, was am Samstag nicht mitgenommen wurde, wird nun teilweise doch entsorgt, teilweise in Containern eingelagert und vielleicht im Herbst bei einer zweiten Runde in ein neues Zuhause mitgenommen.


Die Spielregeln des „Tauschrausch“

Während der regulären Öffnungszeiten haben Bürgerinnen und Bürger aus dem Bergisch Gladbacher Einzugsgebiet die Möglichkeit, nicht mehr benötigte, aber dennoch brauchbare Gegenstände auf dem kommunalen Wertstoffhof Rhein-Berg abzugeben. Angenommen wird alles, was von einer Person zu tragen ist und was man auch ruhigen Gewissens an den besten Freund/die beste Freundin abgeben würde. Heißt: Die Gegenstände sollten intakt und funktionsfähig sein. Ausgenommen sind Kleidung und Schuhe. (ab)

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