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Andauernder LockdownVerzweiflung bei Nagelstudios in Bergisch Gladbach

Lesezeit 3 Minuten

Siggi Wendt mit einer Kundin hinter Glas und mit Gummihandschuhen. Hygienemaßnahmen werden beachtet.

Bergisch Gladbach – Gepflegte Hände, sagt man sprichwörtlich, sind die Visitenkarte eines jeden Einzelnen. Doch die Nagelstudios mussten bereits Anfang November, drei Wochen vor den Friseuren, schließen. Wie geht das also? Viele Studios stehen mit dem Rücken zur Wand, auch in Bergisch Gladbach.

Siegfried Wendt betreibt seit knapp 30 Jahren sein eigenes Nagelstudio in Heidkamp und hat zwei Mitarbeiterinnen, das alles will bezahlt sein. Langsam ist er so richtig verzweifelt, denn seit Beginn der Corona-Krise musste sein Geschäft bereits zwei Mal und als eines der ersten Gewerbe schließen, die versprochenen Hilfen vom Staat seien bis heute nicht angekommen. Das kann er nicht nachvollziehen. „Wir würden so gerne das Problem verstehen, wieso Nagelpflege nicht als wichtig anerkannt wird“, klagt der Unternehmer. „Sonst werden wir auch immer mit den Friseuren in einen Topf geworfen.“

Hygiene ist Priorität

Doch während diese demnächst wieder öffnen dürfen, muss er noch warten. Siegfried Wendt betont die Wichtigkeit der Hygiene in der Nagelpflege. In seinem Studio werde schon immer mit Handschuhen, Mundschutz und frischen Feilen gearbeitet, nach jedem Kunden desinfiziert, das sei eine Selbstverständlichkeit. Dabei geht es nicht um die künstlichen Fingernägel mit Steinchen und Blümchen, sondern um eine natürlich gepflegte Hand und um Krankheiten, die vom Nagel ausgehen können und bei denen ein Dermatologe nicht behilflich sein kann. Viele Menschen leiden unter brüchigen Nägeln, bei manchen beispielsweise verursacht durch eine Chemotherapie, oder sie kauen die Nägel bei Stress herunter. Andere sind einfach nicht in der Lage, ihre Maniküre selbst durchzuführen, und daher auf professionelle Hilfe angewiesen.

Dennoch verlagern sich seit den Schließungen etliche Maniküre-Sitzungen an den heimischen Küchentisch. Das glaubt Terri Malon vom Verband der Nageldesigner Deutschlands genau zu wissen: „Haben Sie mal den Leuten draußen auf die Nägel geschaut, wie viele eine frische Maniküre tragen, angeblich gemacht von der Freundin? Die Maßnahmen der Länder haben Schwarzarbeit gefördert!“

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Genau das wolle der Verband nämlich nicht, sondern eine Anerkennung des Berufs. Dafür kämpft Malon seit Jahren, hat in Deutschland eine freiwillige Prüfung bei der Handwerkskammer ins Leben gerufen, die Politik habe jedoch kein Interesse daran, den Beruf ausbildungspflichtig zu machen, und so kann prinzipiell jeder einen Wochenendkurs absolvieren und sich „Nagelfee“ nennen. Das scheint ein weiteres Problem, denn Maniküre-Fans mit ruhiger Hand schreiten, solange die Studios geschlossen sind, mittlerweile häufig selbst zur Tat, bestellen laut Malon und Wendt minderwertige Produkte im Internet und erlernen das Handwerk autodidaktisch dank You-Tube-Tutorials.

Weniger Kundschaft

Wendt hat Sorge, dass nach dem zweiten Lockdown noch mehr Kunden ausbleiben, nach dem Frühjahr 2020 waren es bereits 30 Prozent weniger. „Wenn Restaurants und Friseure aufmachen, sind die Bücher voll. Bei uns wird das nicht so sein. Wir fangen wieder von vorne an, denn wir haben keine Lobby. Niemand interessiert sich für uns, aber unsere Steuern holen sie sich“, beanstandet er und ist dankbar, dass der Vermieter des Nagelstudios so unterstützend handelt. Dennoch soll es weitergehen. Sobald der Startschuss gefallen ist, will Wendt seine Kunden anrufen und so viele wie möglich zurückgewinnen.