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InternetGladbacher (22) fragt 13-Jährige nach Nacktfotos - 18 Monate Haft

Lesezeit 3 Minuten
Ein Mann steht an einem Serverschrank aus dem ganz viele Kabel raushängen. - Symbolfoto zum Thema Kinderpornografie

Ein Mann steht an einem Serverschrank mit Netzwerkkabeln.

Ein 22-jähriger Gladbacher ist zu 18 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Er hatte sich im Internet als 16-Jähriger ausgegeben, mit 12- und 13-jährigen Mädchen gechattet und sie nach Nacktfotos gefragt. 

Das Bensberger Jugendschutzgericht hat einen 22-jährigen Bergisch Gladbacher wegen insgesamt sieben sexueller Übergriffe auf zwei 12 und 13 Jahre alte Mädchen im Internet zu 18 Monaten Haft verurteilt. Ins Gefängnis muss der Mann aber zumindest vorläufig nicht: Das Gericht setzte die Strafe zur Bewährung aus. Allerdings läuft gegen den Angeklagten wegen neuer Pädophilie-Vorwürfe ein weiteres Verfahren. Bei einer erneuten Verurteilung droht ihm ein Widerruf der Bewährung.

Daniel H. (Name geändert) hatte im Prozess gestanden, sich unter falschem Namen als angeblich 16-jähriger Jugendlicher in sozialen Medien an junge Mädchen herangemacht zu haben und die eine einmal, die andere in sechs Fällen in Chats mit pornografischen Fantasien und Fotos angesprochen zu haben.

Seit 2021 Verbrechen, nicht Vergehen

In zwei Fällen forderte der junge Erwachsene zudem, seine kindliche Gesprächspartnerin möge ihm ebenfalls intime Fotos von sich selbst zuschicken. Das tat das Mädchen zwar nicht, doch ist auch der Versuch, sich Kinderpornografie zu verschaffen, seit einer Gesetzesverschärfung im Jahr 2021 als Verbrechen mit mindestens einem Jahr Haft zu ahnden.

Seine kriminellen Taten hat der bis dahin weitgehend unauffällige Daniel H. erst nach seinem 21. Geburtstag begonnen und war mithin zwingend als Erwachsener und nicht als Jugendlicher zu behandeln. Im Prozess gab sich die Bensbergerin Strafverteidigerin Mercedes Ramona Formes alle Mühe, den Vorsitzenden Richter Ertan Güven sowie die Schöffin und den Schöffen angesichts der strikten Gesetzeslage milde zu stimmen.

Brutale Kindheitserlebnisse

Die Anwältin berichtete über ihren Mandanten, dieser sei als Vierjähriger vom Jugendamt aus der leiblichen Familie herausgeholt worden, weil er dort misshandelt, geschlagen und völlig vernachlässigt worden sei. Eine Pflegefamilie habe ihn nicht in ein normales Leben führen können, sodass er den Rest von Kindheit und Jugend in einem Kinderheim aufgewachsen sei.

Tatsächlich kommt es immer darauf an, was man aus so einer Neigung macht
Jugendschöffengerichtsvorsitzender Ertan Güven

Als wenig intelligent und lernbehindert geltend habe er größte Schwierigkeiten gehabt, im Leben Fuß zu fassen, sowohl was Beziehungen zu gleichaltrigen Frauen als auch seinen Weg in eine Ausbildung angehe. Eben wegen dieser Probleme habe er wohl eine Neigung zu sehr jungen Mädchen entwickelt, in einem überaus ernsten Gespräch in der Anwaltskanzlei aber eingesehen, dass er dagegen etwas unternehmen müsse. Am Tag nach der Verhandlung werde er ein erstes Therapiegespräch in Solingen haben.

Staatsanwalt fordert 28 Monate Haft

Der Staatsanwalt würdigte in seinem Plädoyer, dass der Angeklagte den Mädchen einen Zeugenauftritt vor Gericht erspart habe und nicht vorbestraft sei. Für die einzelnen Taten beantragte er Einzelstrafen zwischen vier und 16 Monaten Haft, die er am Ende zu 28 Monaten Haft – und damit zwingend ohne Bewährung – zusammenzog.

Verteidigerin Formes („Da schüttelt’s mich etwas“) plädierte für „mehr Augenmaß“: Die Strafe solle so gering ausfallen, dass auch noch bei einer weiteren Verurteilung Bewährung möglich sei und die Therapie weitergehen könne. Der Angeklagte sagte: „Ich möchte mich entschuldigen und alles dafür tun, dass es nicht noch einmal passiert.“

Richter sieht „hinterhältige Art“

Mit seinem Urteil von 18 Monate auf Bewährung folgte das Jugendschöffengericht im Ergebnis der Verteidigerin und gewährte dem jungen Mann mit der grauenhaften Kindheit eine zweite Chance – trotz der durchdachten und, sich mit falscher Identität an die Opfer heranzumachen. Zu den Bewährungsauflagen zählt, dass sich Daniel H. mindestens ein halbes Jahr einer Therapie unterziehen muss. Sein teures Handy wird als Tatwerkzeug eingezogen.

Ausdrücklich widersprach Güven der Verteidigerin, die in ihrem Plädoyer gesagt hatte, dass sich niemand seine sexuelle Orientierung selbst aussuche. Das sei zwar richtig, könne aber keine Rechtfertigung sein: „Tatsächlich kommt es doch immer darauf an, was man aus so einer Neigung macht“ – ob man sich Hilfe suche oder ihr nachgebe. Güven: „Das war heute ein sehr lauter Warnschuss.“ Sollte der nicht helfen, müsse der Angeklagte eben weggesperrt werden.

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