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Kinderpornografie-FallGladbacher Daten brachten Ermittler auf neue Spur

Lesezeit 4 Minuten
Bergisch Gladbach Missbrauch Spielplatz

Ein Spielplatz in Bergisch Gladbach schräg gegenüber des Wohnhauses eines der Tatverdächtigen.

  1. 250 Ermittler sind landesweit inzwischen mit dem Missbrauchsfall beschäftigt, dessen Aufklärungsarbeit mit einer Festnahme in Bergisch Gladbach begann.
  2. Inzwischen wurden acht Verdächtige festgenommen.
  3. Auf den Mann aus Lünen, der am Wochenende in Unna festgenommen wurde, kamen die Ermittler durch Spuren aus der Auswertung der in Gladbach gefundenen Daten.

Bergisch Gladbach/Köln/Lünen – Nahezu jeden Tag zieht der Missbrauchs- und Kinderpornografie-Fall von Bergisch Gladbach weitere Kreise. Nicht nur weil sich durch die Vernehmung von festgenommenen Tatverdächtigen weitere Hinweise auf Täter in dem weit verzweigten Kindesmissbrauchsnetzwerk ergeben, sondern auch weil Ermittler unter Hochdruck die mehreren Hunderttausend kinderpornografischen Fotos und Videos auswerten, die in der Wohnung und auf dem Grundstück des 42-jährigen Bergisch Gladbachers sichergestellt wurden.

Aus diesem mehr als zehn Terabyte umfassenden Datenmaterial ergab sich jetzt eine weitere Spur, die in den Kreis Unna führte. Dort wurde am Wochenende ein 47-jähriger Mann aus der 88.000-Einwohner-Stadt Lünen festgenommen. Er steht laut Staatsanwaltschaft im Verdacht, in Dortmund Kinder missbraucht und dies gefilmt zu haben. Anders als die übrigen sieben festgenommenen Verdächtigen soll er nicht die eigenen Kinder oder Stiefkinder, sondern andere Kinder sexuell missbraucht haben.

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Auf Antrag der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen (ZAC) bei der Staatsanwaltschaft Köln, bei der die Ermittlungen in Nordrhein-Westfalen vergangene Woche gebündelt wurden, hat ein Richter des Amtsgerichts Dortmund am Sonntagabend Untersuchungshaft gegen den 47-Jährigen angeordnet. Vier Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sind bei der ZAC mit den Ermittlungen in den Missbrauchs- und Kinderpornografie-Fällen befasst.

250 Ermittler im Missbrauchsfall beschäftigt

In der von der Kölner Polizei eingerichteten Sonderkommission, der „Besonderen Aufbauorganisation Berg“, sind mittlerweile landesweit rund 250 Ermittler in unterschiedlichen Einsatzabschnitten und im Schichtdienst vor allem mit der Auswertung des bei den Tatverdächtigen sichergestellten kinderpornografischen Materials beschäftigt. Allein in einem der Chats, in dem auch Kinderpornografie ausgetauscht worden sein soll, waren rund 1800 Teilnehmer. Daneben sollen die Tatverdächtigen kinderpornografische Bilder und Videos über Messenger-Dienste wie Whatsapp getauscht haben. In mindestens einem Fall sollen die die Männer auch persönlich getroffen und sogar Kinder ausgetauscht haben, um sie dann sexuell zu missbrauchen.

Weiterhin gehen Polizei und Staatsanwaltschaft davon aus, dass bei der Sichtung und Auswertung des Beweismaterials noch weitere Tatverdächtige ermittelt werden können. „Teilweise geht es um winzige Kleinigkeiten, Spiegelungen in glänzenden Oberflächen, auf denen gegebenenfalls ein Tatverdächtiger zu erkennen ist, besondere Hinweise in den aufgenommenen Wohnungen, die auch einen Ort schließen ließen“, so ein Ermittler im Gespräch mit dieser Zeitung. Dabei sei es teils unerträglich, die Missbrauchsfotos anzuschauen. Wie berichtet hat die Polizei Köln vergangene Woche eigens einen „Einsatzabschnitt Betreuung“ für die psychosoziale Unterstützung der durch die Auswertung des Bildmaterials stark belasteten Ermittler eingerichtet.

Bundeskriminalamt ist eingeschaltet

Mittlerweile ist auch das Bundeskriminalamt eingeschaltet, werden Verbindungen des Chatnetzwerks ins Ausland geprüft. Derzeit gebe es allerdings keine konkreten Ermittlungshinweise auf Verbindungen ins Ausland, so Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer am Montag auf Anfrage dieser Zeitung. Außerhalb von Nordrhein-Westfalen war bislang lediglich eine Festnahme eines Tatverdächtigen in Niedernhausen bei Wiesbaden bekannt. Ob es weitere Spuren in Bundesländer außerhalb von Nordrhein-Westfalen gibt? Dazu wollte sich Oberstaatsanwalt Bremer am Montag aus ermittlungstaktischen Gründen nicht äußern.

Missbrauchsfälle sind Thema im Landtag

Im nordrhein-westfälischen Landtag sollen die Missbrauchsfälle im Kinderpornografie-Netzwerk rund um einen 42-jährigen Bergisch Gladbacher am kommenden Mittwoch thematisiert werden. Der Landtagsabgeordnete Sven Wolf (SPD) hat eine entsprechende mündliche Anfrage an das Landesparlament gerichtet. Darin fragt der Landtagsabgeordnete nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Bergisch Gladbach. Außerdem will Wolf wissen, wie das NRW-Innenministerium den auch von dieser Zeitung berichteten langen Zeitraum zwischen der Selbstanzeige eines mutmaßlichen Missbrauchstäters in Wesel und der anschließenden Übergabe der Akten an die Staatsanwaltschaft Kleve am 10. Juni sowie der Festnahme des Tatverdächtigen erst am 25. Oktober 2019 erklärt. Die 70. Sitzung des NRW-Landtags findet am Mittwoch, 13. November, ab 10 Uhr im Düsseldorfer Landtag statt. (wg)

Zu Verfahrensdetails im neuen Festnahmefall von Lünen wollten Polizei und Staatsanwaltschaft wegen der noch andauernden Ermittlungen am Montag keine weiteren Angaben machen. Weiterhin sind die Ermittler auch mit der Durchsuchung des Grundstücks eines 57-jährigen Tatverdächtigen aus Alsdorf bei Aachen beschäftigt, der am Freitag festgenommen worden war und seit dem Wochenende in Untersuchungshaft sitzt.

Aufgrund eines recht unordentlichen Zustands des Wohnareals sei die Durchsuchung ein außergewöhnlicher Aufwand, so Oberstaatsanwalt Bremer gestern. Wie im Bergisch Gladbacher Fall dürfte es in Alsdorf auch um die Suche nach Datenträgern mit kinderpornografischen Fotos und Videos gehen. In Bergisch Gladbach und anderen Tatorten wurden dazu auch die erst vor wenigen Wochen in Dienst gestellten Datenspeicherspürhunde der Polizei NRW eingesetzt. Sie waren nach dem Missbrauchs-Fällen von Lügde angeschafft und ausgebildet worden. Drei der landesweit fünf Hunde sind in Köln stationiert.