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KommentarIn Burscheid steht die politische Kultur auf dem Spiel

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3 min
Dirk Runge mit seiner Familie im Rathaus

Dirk Runge mit seiner Familie am Sonntagabend im Rathaus. Der Bürgermeister bekommt es künftig auch mit der AfD zu tun.

Alles wie gehabt nach der Kommunalwahl? Wer das glaubt, ignoriert den Einzug der Rechtspopulisten in den Stadtrat.

Auf den ersten Blick scheint sich kaum etwas verändert zu haben in Burscheid. Dirk Runge hat sich als Bürgermeister auch in einer offenen Konkurrenz behauptet, die CDU bleibt stärkste Kraft in der Stadt, Platz zwei gehört weiterhin dem Bündnis für Burscheid, es folgt die SPD vor den Grünen. Alles wie gehabt also?

Thomas Käding

Thomas Käding

Redakteur in Leverkusen und kümmert sich dort um Wirtschaft, das politische Geschehen und alles, was sonst noch interessant ist. Studienabschluss in Politischer Wissenschaft, Sozial- und Wirtschaftsge...

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Keineswegs. Denn sowohl die CDU als auch die SPD und die Grünen haben weniger Zuspruch bekommen. Das macht den großen Unterschied. Zwar liegen die Verluste lediglich im Bereich zwischen zweieinhalb und drei Prozent, jeweils. Aber in Summe ist das ein großer Teil der Stimmen, die an die AfD gegangen sind. Aus dem Stand haben die Rechtspopulisten zehneinhalb Prozent bekommen. Das reicht deshalb für fünf Mandate, weil der nächste Stadtrat wesentlich größer sein wird als der jetzige: Aus 32 werden 44 Sitze.

Viele Direktmandate ergeben große Räte

Damit läuft es in Burscheid wie in seinen Nachbarstädten. Rundherum werden die Räte deutlich größer, weil die CDU sehr viele Direktmandate gewinnen konnte. In Burscheid zog die CDU-Reserveliste überhaupt nicht, alle 14 Sitze wurden von den christdemokratischen Kandidatinnen und Kandidaten direkt geholt. Einzig das Bündnis für Burscheid konnte zwei seiner zehn Sitze direkt erringen. 

Bei dermaßen vielen Direktmandaten lässt sich das Gesamtergebnis nur abbilden, indem der Stadtrat ordentlich vergrößert wird. Das wiederum führt dazu, dass Verlierer keine Ratssitze verlieren. Das gilt für die CDU, aber auch für die SPD, die mit rund drei Prozent relativ größere Verluste erlitten hat. Einzig die Grünen „büßen“ für ihr Minus von drei Prozent mit dem Verlust eines Sitzes.

Kompromisse als Ideal – bisher war das so

Kann man in Burscheid jetzt zur Tagesordnung übergehen? Wird der Stadtrat weiterhin als gut geölte Abstimmungsmaschine fungieren, unterschiedliche Positionen in Fachausschüssen diskutieren und in aller Regel Kompromisse machen? Das wäre verlockend, weil die politische Kultur in der Stadt seit jeher so ist.  

Die Frage ist jedoch, ob die fünfköpfige Truppe um AfD-Frontmann Markus Petzold das mitmacht. Werden sich die Rechtspopulisten am Leverkusener Beispiel orientieren, wo die Premieren-Wahlperiode weitgehend unauffällig verlief? Oder werden sie ihr relativ großes Gewicht für den Versuch nutzen, die Kommunalpolitik in Burscheids zu verändern? Das ist allein deshalb nicht klar, weil die Rechten so gut wie keinen Wahlkampf in der Stadt gemacht haben. Aber allein, dass sie – wenn auch nicht überall in Burscheid – antreten, hat bei den etablierten politischen Kräften ein gewisses Unwohlsein hervorgerufen. Weil man ahnte, dass die AfD einfach so vom Trend profitieren würde. 

Auf den zweiten Blick zeigt sich also, dass sich die Gewichte sehr wohl verschoben haben in Burscheid. Es gibt ein Potenzial von Unzufriedenen, die nun eine politische Stimme haben im Stadtrat. Wie damit umzugehen ist im Alltag, muss sich noch erweisen.