GastronomieKürtener Gaststätte „Haus Weidmannsheil“ schließt nach 124 Jahren

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Karl Heinz Hamm ist Gastwirt von Haus Weidmannsheil in Kürten-Miebach. Am 31. Mai schließt die Gaststätte

Gastwirt Karl Heinz Hamm schließt am 31.Mai seine Gaststätte Haus Weiodmannsheil in Kürten-Miebach

Am 31. Mai schließt Karl Heinz Hamm die Gaststätte für immer – wer noch ein Kölsch will, sollte sich beeilen.

Am letzten Tag kommen die Nachbarn vorbei. Gemeinsam wird ein bisschen gefeiert, das letzte Mal angestoßen, dann schließt Gastwirt Karl Heinz Hamm den Zapfhahn seiner Gaststätte Haus Weidmannsheil in Kürten-Miebach für immer. Nach 124 Jahren endet am Freitag, 31. Mai, eine Kürtener Gasthaustradition.

Die Gaststätte wird anschließend ausgeräumt, der neue Eigentümer der Immobilie plant mit acht Wohnungen. Wer noch auf ein Kölsch ins Gasthaus kommen möchte, hat also nur noch wenige Tage Zeit. Karl Heinz Hamm ist erleichtert, dass der Verkauf der Gaststätte geglückt ist, nach rund vierjähriger Investorensuche.

Gastwirt ist angeschlagen

Die Gesundheit des 67-Jährigen ist stark angeschlagen, der Tod seiner Ehefrau Christa vor kurzem hat ihn zusätzlich angegriffen. „Es geht einfach nicht mehr“, sagt er. Schnitzel und Reibekuchen: Diese Spezialitäten prägten Haus Weidmannsheil. Viele Kilometer würden manche Gäste fahren, um zu ihm zu kommen, sagt Karl Heinz Hamm. Naturgemäß seien die meisten Besucher aus der Umgebung.

Hamm, gelernter Küchenmeister, sorgte in der Küche für die Menüs, fünf Aushilfs-Mitarbeiterinnen im Service ergänzten. Auch die Bundeskegelbahn schließt Ende Mai, rund ein Dutzend Klubs müssen sich eine neue Heimat suchen. „Den Biergarten hatten wir auch mal, und vier Fremdenzimmer“, erinnert sich der Gastronom. Im Gasthaus sieht es gepflegt aus wie und je, die Tische sind fein gedeckt mit Porzellan, Tüpfeltischdecken liegen auf, und an den Wäden hängen einige Geweihe.

Keine Familienfeiern mehr

„Früher“, sagt Hamm, „gingen die Jäger hier ein und aus.“ Die Jägerschaft gab dem Haus auch seinen Namen: Weidmannsheil. „Die Jäger werden auch weniger“, sagt Hamm. Ihm setzten auch die Folgen der Corona-Zeit und die galoppierenden Preise in der Inflation zu. „Jetzt ist Schluss“, zieht er hinterm Tresen einen Schlussstrich. Wenn das letzte Kölsch gezapft ist, schließt Hamm ab. Das ist bitter auch für manche Familiengesellschaft.

Bei Kommunion, Hochzeiten und Geburtstagen waren die Gesellschaftsräume oft belegt. Es ist die Familientradition, die Haus Weidmansheil so besonders macht. Um 1900, wann genau, ist nicht bekannt, gründete Theodor Kiel die Gastwirtschaft an der Landstraße zwischen Dürscheid und Biesfeld. Er war der Onkel von Heinrich und Anna Hamm, die ab 1924 die Geschicke des Hauses leiteten, damals noch mit Landwirtschaft nebenher.

Jägerschaft als Stammgäste

Über Heinrich Hamm kamen auch die Jäger ins Haus, er wird als leidenschaftlicher Jäger beschrieben. „Früher hing die Stube voller Geweihe“, entsinnt sich Hamm an seinen Großvater. 1960 übernahmen dessen Sohn Heinz Hamm mit Ehefrau Mathilde das Haus. Er sei als Sohn in die Gastwirtschaft hineingewachsen, berichtet Karl Heinz Hamm, der 1988 mit Ehefrau Christa einstieg. Es folgten zahlreiche Modernisierungen im Schankraum und den beiden Gesellschaftsräumen.

Nach Lehr- und Wanderjahren, unter anderem in „Eggemanns Bürgerhaus“ in Bergisch Gladbach, war Hamm in den Familienbetrieb zurückgekommen. im März 1982 hatte er vor dem Prüfungsausschuss der Industrie- und Handelskammer zu Köln die Prüfung als Küchenmeister erfolgreich abgeschlossen. Dass nach über 120 Jahren eine weitere Gastronomie-Tradition endet, sieht Hamm mit großer Wehmut. Die Ortsgeschichte habe das Haus mitgeprägt, sagt er. Ehemals habe es an der Gaststätte sogar eine Viehwaage gegeben, hat er vor Augen. Dank der guten Lage an der Landstraße ist Haus Weidmannsheil vielen im Bergischen ein Begriff.

Sohn Henrik, studierter Landwirt, führt auf andere Weise die Familientraditionen fort. Nebenan im Gebäudeteil hat er seine Landwirtschaft, und diese werde er auch in Miebach weiter betreiben, sagt er. Nur die Zeit der Gastwirtschaft ende unwiederbringlich.

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