GeflüchteteWie die Fraktionen in Odenthal auf den Appell des Bürgermeisters reagieren

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Blockhütten für Flüchtlinge und Asybewerber auf dem Gelände des TV Blecher.

Beim TV Blecher stehen bis heute die Blockhütten, errichtet während der Flüchtlingskrise 2015. Nun ist man wieder in ähnlicher Not.

Odenthals Bürgermeister hatte im Stadtrat einen dramatischen Appell an die Fraktionen gerichtet. Die reagieren jetzt auf dessen Vorstoß.

„Der Bürgermeister hat deutliche Worte gefunden, und das finde ich gut. Land und Bund können nicht alles auf die Kommunen abwälzen“. Ähnlich wie FDP-Chef Hans-Josef Schmitz reagierten in seltener Einmütigkeit auch die anderen Ratsfraktionen auf die Ankündigung von Bürgermeister Robert Lennerts (parteilos), sich einer erneuten Umwandlung von Turnhallen in Flüchtlingsunterkünfte zu widersetzen, wenn andere Unterbringungsmöglichkeiten erschöpft seien. Sollte man ihn dazu zwingen wollen, werde er die Konsequenzen ziehen und von seinem Amt zurücktreten, hatte der Bürgermeister im Gespräch mit dieser Zeitung hinzugesetzt.

Wie berichtet, hatte Lennerts am Dienstag im Gemeinderat mit deutlichen Worten auf die sich verschärfende Flüchtlingssituation im Ort hingewiesen. Durch die steigende Zahl der zugewiesenen Menschen, etliche von ihnen ohne Bleibeperspektive, komme Odenthal nicht nur finanziell und organisatorisch an Grenzen, auch der soziale Friede sei gefährdet: „Von unserem Anspruch an Integration sind wir meilenweit entfernt“, bedauerte der Bürgermeister und forderte Land und Bund auf, ihre Verantwortung zu übernehmen. Vom zuständigen NRW-Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration war gestern keine Stellungnahme zu erhalten.

Odenthal: Bedrohliche Situationen für Mitarbeiter

Helfen könnte eine gerechtere Verteilung der geflüchteten Menschen innerhalb Deutschlands, meinte Hans-Josef Schmitz, während SPD-Chef Oliver Deiters riet, zu überlegten, „ob es vielleicht noch andere Optionen als Turnhallen gibt“. Aber es sei gut, dass der Bürgermeister nicht geschwiegen habe, sagte er. Detailliertere Informationen wünschte sich Deiters über die Art der „bedrohlichen Situationen“, zu denen es nach Ausführungen der Verwaltung immer häufiger zwischen Flüchtlingen und auch gegenüber Mitarbeitern komme.

„Die Entschlossenheit des Bürgermeisters ist richtig“, bewertete Norbert Dörper, Chef der Grünen. Die Kommunen fühlten sich alleine gelassen. „Wir brauchen dringend Hilfe von den verantwortlichen Stellen“, forderte er. Die Frustration des Bürgermeisters über die Situation, die verspüre er auch.

Nicola Ciliax-Kindling, Chefin der CDU-Fraktion, nahm die Not der Kommune Odenthal zum Anlass, nach NRW-Innenminister Herbert Reul nun auch den Bundestagsabgeordneten Hermann-Josef Tebroke um Hilfe zu bitten. In einem Schreiben forderte sie, die Zahl der Abschiebungen ausreisepflichtiger Menschen zu erhöhen. Dies sei nötig, um „das Vertrauen in den Rechtsstaat zu wahren und diejenigen zu unterstützen, die tatsächlich auf Hilfe angewiesen sind“. Denn obwohl die Kommune für Personen ohne Bleiberecht nach drei Monaten kein Geld mehr erhalte, müsse sie „für alle Leistungen aufkommen“.

Wir überlegen, wo wir noch etwas errichten können.
Robert Lennerts, Bürgermeister von Odenthal

Wie andere Kommunen auch, ist Odenthal seit 2015 – mit kurzer Atempause – mit dem Problem der Flüchtlingsunterbringung beschäftigt. Man habe viel getan, um die Not zu lindern, so der Bürgermeister. Blockhäuser und Container seien gekauft und als Unterkünfte hergerichtet worden. Als das nicht mehr reichte, sei auch die Sporthalle des Schulzentrums belegt worden, „unterteilt mit Bauzäunen – das fand ich ganz schrecklich“, erinnert sich Lennerts.

Nun versuche man am Schulberg zusätzlichen Raum zu schaffen und gerade erst habe Odenthal per Dringlichkeitsentscheid für zwei Millionen Euro die Unterkunft in Osenau gebaut. „Wir überlegen, wo wir noch etwas errichten können“, so der Verwaltungschef. Aber Grundstücke und Immobilien fehlten.

Immer noch seien Teile der Sportanlagen in Eikamp und Blecher mit Flüchtlingsunterkünften belegt. Jetzt warteten die Odenthaler ungeduldig darauf, dass das Dhünntalstadion, auch zeitweilig durch Flüchtlingscontainer blockiert, und die Hallen des Schulzentrums wieder für Sport und Unterricht zur Verfügung stünden. Denn nach der Nutzung als Flüchtlingsunterkunft und Renovierung kam wenig später der Starkregen. Und wieder schauten Schulen und Sportler in die Röhre. „Es gab viele Einschnitte“, so Lennerts.

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