Bürgermeister fährt 40-TonnerHilfe aus Overath und Gladbach für Kinder kommt in Lviv an

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Helfer und Helferinnen stehen zusammen vor einem Grenzschild zur Ukraine neben einem Krankenwagen.

Einen Krankenwagen (links im Bild) und mehrere Tonnen Hilfsgüter haben Overather und Bergisch Gladbacher in die Ukraine gebracht.

Der Konvoi wurde mithilfe der Humanitären Hilfe Overath und des Bergisch Gladbacher Vereins Hilf Litauen Belarus nach Lviv gebracht.

Kuscheltiere liegen auf dem Bett im Halbdunkeln des langen Gangs im Keller des Kinderkrankenhauses von Lviv. Bei Luftalarm ist man nur hier unten einigermaßen sicher. Und Luftalarm gibt’s auch hier im Westen der Ukraine immer wieder.

Den Blick in die Augen der Kinder, die in Lviv behandelt werden, teils aus den hart umkämpften Gebieten im Osten der Ukraine kommen, wird auch Overaths Bürgermeister Christoph Nicodemus so schnell wohl nicht vergessen.

Overaths Bürgermeister bringt Hilfskonvoi nach Lviv

Gemeinsam mit dem vereinigten Team der Humanitären Hilfe Overath und des Bergisch Gladbacher Vereins Hilfe Litauen Belarus hat er jetzt einen Hilfskonvoi samt Krankenwagen für das Kinderkrankenhaus nach Lviv gebracht – und dabei selbst einen 40-Tonner-Sattelzug Richtung Osten gesteuert. Nicht nur die Kooperationspartner der bergischen Helfer in Lviv hat das tüchtig überrascht.

Doch Nicodemus winkt ab: „Den Lkw-Führerschein habe ich schon lange. Ich war mal für einen Bauhof zuständig …“, erklärt er. Nicht um die Stadt Overath zu repräsentieren, sondern um bei der Hilfe selbst mit anzupacken, ist er mit in die Ukraine gefahren. So wie Sabine Schmitz, die seit sechs Monaten einen Lkw-Führerschein hat, und wie Martin Böker, der wie Jürgen Münsterteicher, Stephan Glaubitt und Friedrich Heider ebenfalls erstmals mit von der Partie war im Team der Hilfstransporteure.

Drei Sattelzüge, einen 7,5-Tonner sowie drei Pkw mit Anhänger und einen gestifteten Krankenwagen hatten Ulrich Gürster von der Bergisch Gladbacher Hilfe Litauen Belarus und Norbert Kuhl von der Humanitären Hilfe Overath für den mittlerweile fünften Ukraine-Hilfskonvoi, den die beiden bergischen Vereine seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht haben – und auch weiterhin stemmen wollen, wenn sie entsprechende Spenden erhalten.

Die Hilfe wird von Monat zu Monat merkbar weniger, haben uns unsere Ansprechpartner in Lviv gesagt.
Ulrich Gürster, CDU Bergisch Glattbach

„Die Hilfe wird von Monat zu Monat merkbar weniger, haben uns unsere Ansprechpartner in Lviv gesagt“, berichtet Ulrich Gürster „Dabei ist die Notwendigkeit der Unterstützung nach wie vor sehr groß.“ Gürster und Kuhl freuen sich, dass sie über die langjährige Erfahrung ihrer Hilfstätigkeit ein gutes Netzwerk haben. „Auch jetzt haben wir wieder viele Hilfsgüter und einige Geldspenden zusammenbekommen“, sagt Norbert Kuhl froh über den kompletten Sattelzug, der beim jüngsten Spenden-Drive-In der beiden Vereine in Bensberg gefüllt wurde. Vor Weihnachten hatte zudem die Bethe-Stiftung Geldspenden bis zu einem Gesamtbetrag von 50.000 Euro verdoppelt. „Eine dolle Sache“, sagt Kuhl.

Am Abend als sich das Hilfskonvoi-Team, zu dem auch Karin Fischer, Heinz-Bernd Padberg, Dietmar Schur, Dirk Ballsieper, Stefan Malczewski, David Melchior und Reiner Tillmann gehören, in Overath abfahrbereit macht, kreisen die Gedanken allerdings auch um das Reisen ins Krisengebiet. „Wir haben die ukrainische Raketenwarn-App und sehen, wie oft es auch in Lviv Alarm gibt“, sagt Ulrich Gürster.

Kaplan Andrzej Bednarz ist zur Abfahrt gekommen, um den Fahrerinnen und Fahrern den Reisesegen zu spenden – und um für Frieden zu beten. Dann rollt der Konvoi los, die gesamte Nacht hindurch Richtung Osten. Die Sattelzüge werden am nächsten Tag in einem Zentrallager der Caritas unweit der polnisch-ukrainischen Grenze umgeladen, um sie in kleineren Lkw schneller über die Grenze zu bekommen, an der jüngst der Hilfskonvoi des befreundeten Städtepartnerschaftsvereins Bergisch Gladbach – Butscha knapp 24 Stunden für die Einreise in die Ukraine benötigt hatte.

Vertreter in Lviv bedankt sich überschwänglich

Mit den Pkw-Gespannen geht’s dann weiter nach Lviv, um den Krankenwagen zu übergeben und das medizinische Material auszuladen. „Noch schwerer als die Kisten auszuladen, ist es aber, die Eltern und ihre Kinder in der Klinik zu besuchen und die Sorge in den Augen der Eltern zu sehen“, sagt Christoph Nicodemus. Viele schwer erkrankte Kinder aus dem gesamten Land werden in Lviv behandelt. „Mir ist nochmal klar geworden, wie sehr jede Hilfe zählt“, sagt der Overather Bürgermeister.

Auch der Bischof des Bistums, das die bergischen Ukraine-Helfer im südukrainischen Kamjanez-Podilskyj seit vorigem Jahr unterstützen, hat einen Vertreter nach Lviv geschickt. Igor Lubiniecki bedankt sich überschwänglich für 500 sogenannte Tourniquet, die die Deutschen auf Wunsch der Ukrainer mitgebracht haben.

Die Hilfstransporteure werden still. Sie wissen: das medizinische Abbindesystem wird für schwere Verwundungen an der Front gebraucht. Der vom Bischof gesandte Kommandeur für Logistik und Versorgung bekommt dazu noch Erste-Hilfe-Taschen, Amputationskoffer und Tragen. Alles werde im Osten des Landes dringend gebraucht, versichert er.

Bischof richtet im südukrainischen Kamjanez-Podilskyj Rehabilitationszentrum ein

Die Kürtener Zahnärztin Dr. Jolanta Czelej-Gorski, die die bergischen Ukraine-Hilfskonvois von Beginn an unterstützt, hat zudem noch einen Zahnarztstuhl samt Zubehör für Zahnarzt Myron Uhryn mitgegeben, der sich ebenfalls freiwillig als Mediziner an der Front engagiert.

Im Priesterseminar von Lviv finden die bergischen Helfer eine Bleibe für die Nacht, wollen sich am nächsten Tag noch die Stadt anschauen. Eine beeindruckende Führung bietet ihnen Maria Koslan an. Doch immer wieder gehen die Gedanken zu denen, die unter dem russischen Angriffskrieg leiden – vor allem zu den Kindern und zu denen, die, wenn nicht körperlich, so doch fast immer seelisch verwundet von der Front zurückkehren.

Für sie richtet der Bischof im südukrainischen Kamjanez-Podilskyj derzeit ein Rehabilitationszentrum ein. Dort wollen Kuhl und Gürster in jedem Fall auch noch mit einem Hilfskonvoi hin. Und so wird auf der Rückreise von Lviv bereits die nächste Tour geplant. Die macht sich bereits am Samstag mit dem traditionellen Hilfstransport der Humanitären Hilfe Overath nach Rumänien auf den Weg, um dann über die Karpaten medizinisches Material und einen weiteren Krankenwagen ins südukrainische Kamjanez-Podilskyj zu bringen. „Wenn man das da sieht, dann muss man einfach helfen“, sagt Norbert Kuhl. 


Unterstützung für Ukraine-Hilfe

Wer die Ukraine-Hilfe von Humanitäre Hilfe Overath und des Bergisch Gladbacher Vereins Hilfe Litauen Belarus unterstützen möchte, erreicht Norbert Kuhl unter 0170/ 350 30 40 oder Ulrich Gürster unter 0179/458 24 44. Infos zu Spendenmöglichkeiten gibt es auf den Internetseiten der beiden Vereine.

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