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Ehrlich und authentischSanta Fu, Schweden, Overath – Pfarrerin Martina Palm-Gerhards ist gestorben

Lesezeit 3 Minuten
Pfarrerin Martina Palm steht Anfang 2014 vor der Friedenskirche in Overath-Neichen.

Die am Montag verstorbene Martina Palm-Gerhards vor ihrer Einführung als Pfarrerin der Friedenskirche im Januar 2014,

Sie war Seelsorgerin im Männerknast und Pastorin in Schweden. Jetzt ist die Overather Pfarrerin Martina Palm-Gerhards (59) gestorben.

Der Liebe wegen war Martina Palm-Gerhards, gebürtige Hamburgerin mit einem Faible für Schweden, ins Rheinland gekommen. Das bekannte die Theologin Anfang 2014, als sie Pfarrerin in Overath wurde. Sie machte damals auch kein Geheimnis daraus, dass der rheinische Karneval nicht ihr Ding sei: „Ich kann gar kein Kölsch. Das wäre nicht glaubwürdig.“

Ehrlich war sie und authentisch. Als ein halbes Jahrzehnt später eine Feuerwehr-Einheit ihr neues Löschfahrzeug mit Lightshow und den „Hells Bells“ von AC/DC einläutete, machte die Theologin mit einer kurzen Bemerkung klar, dass ihr die „Höllenglocken“-Musik durchaus bekannt war. Und dass sie sie nicht für angemessen vor einer Einsegnung hielt.

Teil des geburtenstärksten Jahrgangs

Auf ihre evangelische Pfarrerin müssen die Overather jetzt verzichten.  Martina Palm-Gerhards hat ihre letzte Reise angetreten. Almut van Niekerk, die Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises an Sieg und Rhein: „In tiefer Trauer und großer Dankbarkeit verabschieden wir sie. Unser Mitgefühl gilt ihrer Familie.“

Geboren 1964, als Teil des geburtenstärksten der geburtenstarken Jahrgänge, wuchs Martina Palm in Norddeutschland auf. Später studierte sie in Hamburg und Bonn. Es war die Zeit der vollen Hörsäle und der Wartezeiten. „Man bekam nicht gleich einen Vikariatsplatz, sodass ich nach dem Examen ein Jahr lang als Gefängnisseelsorgerin in Hamburg-Fuhlsbüttel gearbeitet habe“, erzählte sie einmal.

Ein Jahr Seelsorge in „Santa Fu“

Fuhlsbüttel, das war der legendäre Männerknast„ Santa Fu“. Es folgte ein zweijähriges Vikariat in Altona, Tochter Annika kam zur Welt, und nach dem zweiten Examen war wieder Warten angesagt. „Bleiben Sie zu Hause beim Baby“, wurde ihr gesagt. Der Ehemann trennte sich, die junge Frau ging mit Kind nach Schweden, wo sie fast drei Jahre lang als Pastorin der schwedisch-lutherischen Kirche arbeite.

Zurück in Deutschland gründeten der neue Mann in ihrem Leben und die Theologin eine Patchworkfamilie mit fünf Kindern. 2012 übernahm die Geistliche eine Vertretungsstelle in Overath, im Januar 2014 wurde sie endlich als reguläre Pfarrerin an der Friedenskirche eingeführt.

Overather Protestanten lange ohne eigene Kirche

Seither hat sich in der Gemeinde viel verändert. Die Overather Protestanten mussten sich kleiner setzen. Ihre Friedenskirche verkauften sie an eine freikirchliche Gemeinde, und die nach dem Zweiten Weltkrieg als Notkirche errichtete Versöhnungskirche im Hauptort schickten sie ins Freilichtmuseum nach Kommern, um Platz für einen zukunftsfähigen Neubau zu schaffen.

Viele Monate lang mussten die von Palm-Gerhards und ihrem Kollegen Karl-Ulrich Büscher seelsorgerisch betreuten Overather Protestanten ohne eigenes Gotteshaus und auch ohne Gemeindehaus auskommen. Sie fanden in der Zeit Aufnahme bei den Katholiken in der Stadt, bis dann endlich am 5. September 2021, mitten in der Corona-Zeit, die neue Willkommenskirche festlich gewidmet und in Dienst genommen werden konnte.

Die letzten anderthalb Jahre im Leben von Martina Palm-Gerhards waren durch Krankheit bestimmt. Am Montag verstarb sie im Alter von 59 Jahren.