Porträt Carl CüppersVor 100 Jahren fand der Schulmeister die Rolle seines Lebens

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Carl Küppers Schulmuseum 1

Lebensgroß grüßt Carl Cüppers seinen Nachfolger Peter Joerißen.

Bergisch Gladbach – Er war Schulmeister – und hatte damit die Rolle seines Lebens gefunden. Schüler, Volksschullehrer, später zum Schulrat berufen und auch nach seiner Pensionierung weiterhin im Klassenzimmer anzutreffen – die Schule hat Carl Cüppers nie wirklich losgelassen. Am 15. September würde der 2008 verstorbene Begründer des Schulmuseums Bergisch Gladbach 100 Jahre alt. Dieses führt seine Tradition fort und setzt zugleich neue Akzente.

Könnte Carl Cüppers der alten Volksschule Katterbach heute einen Besuch abstatten, so würde er die steile Stiege zum Klassenzimmer hinaufsteigen, den schwarzen Gehrock vom Haken nehmen, den Rohrstock ergreifen und den Schülern in gebotener Strenge die Welt der Deutschen Kaiserzeit erklären. Dabei war Carl Cüppers stets so authentisch, dass kaum jemand bemerkte, dass er nicht seinen eigenen, sondern den Berufsalltag seines Vaters nachspielte, der tatsächlich in dieser Epoche unterrichtet hatte, während der Sohn seine erste Lehrerstelle erst 1945 angetreten hatte. Doch wie so oft war die Kopie mindestens so gut wie das Original, seine historischen Unterrichtsstunden legendär.

Die Basics der Schüleretikette

Dabei hätte es Gehrock und Rohrstock, die Zeichen der Autorität der Lehrperson früherer Zeiten, bei Cüppers gar nicht gebraucht: Hochgewachsen und mit sonorer Stimme wies er beim historischen Unterricht auch noch mit 86 Jahren eine recht disziplinlose „Schülergruppe“ mühelos in die Schranken. Hoch am Pult sitzend brachte er den gestandenen Schulräten im Klassenzimmer die „Basics“ der Schüleretikette bei: „Mit denen musste ich erst mal das richtige Aufzeigen üben und wie man ordentlich in der Bank sitzt“, berichtete er nach der Unterrichtsstunde kopfschüttelnd und dabei blitzten seine Augen vor Vergnügen.

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Man schrieb das Jahr 2006 und in den Schulen der Moderne wurde gerade der jahrgangsstufenübergreifende Unterricht als bahnbrechende Neuheit eingeführt – eine Unterrichtstechnik, die Carl Cüppers bereits seit Volksschulzeiten beherrschte: „In meinen Klassen saßen Kinder im Alter zwischen sechs und 14 Jahren gemeinsam im Raum. Da hat man eben zum Thema „Wald“ die Jüngsten Bäume malen lassen, die mittleren Jahrgänge mussten Baumarten aufschreiben und die ältesten Schüler wurden mit einem Aufsatz zum Thema beschäftigt“, erinnerte er sich damals an seine frühen Lehrerjahre.

So sieht das Museum in Katterbach heute aus. Die alte Dorfschule ist inzwischen durch einen Anbau erweitert worden.

So sieht das Museum in Katterbach heute aus. Die alte Dorfschule ist inzwischen durch einen Anbau erweitert worden.

Mitte der 1960er Jahre war die Schullandschaft im Umbruch, und so kam es, dass ausgerechnet Carl Cüppers, ein Anhänger der alten Zwergschulen, als Schulrat im Kreisgebiet eben diese kleinen Schulen auflösen musste. „Er hatte begriffen, dass die alte Volksschule keine Existenzberechtigung mehr hatte und lediglich durch ihre Musealisierung fortleben konnte“, erläutert Peter Joerißen, Leiter des Schulmuseums.

Der Beginn einer schulgeschichtlichen Sammlung

Für Cüppers war es dennoch ein schmerzlicher Prozess. „Eines Tages sah ich zufällig, wie aus dem Speicherfenster einer Dorfschule alte Möbel und Bilder in den Container geworfen wurden“, erinnerte er sich. „Mir blutete das Herz und da habe ich die Sachen gerettet.“ Es sollte der Beginn einer schulgeschichtlichen Sammlung werden, aus der sich später das Schulmuseum in der ehemaligen Dorfschule Katterbach entwickelte. Hellsichtig habe Cüppers Dinge der Alltagsgeschichte zusammengetragen, als diese von den Museumspädagogen gerade erst entdeckt wurde, so Joerißen über den Ehrenbürger der Stadt. Daher bemüht sich das Schulmuseum seit Jahren, dass dem alten Schulmann ein Straßenname gewidmet wird. Bislang vergeblich.

Im Schulmuseum wurden die Räume inzwischen ausgebaut und um einen Anbau erweitert, die Sammlung ergänzt, nach wissenschaftlichen Standards geordnet und katalogisiert und nach modernen museumspädagogischen Kriterien vermittelt. Nur ein Angebot blieb bis heute unverändert: Der historische Schulunterricht, den Cüppers schon anbot, „lange bevor die Museen lebendig wurden“, sagt Joerißen. „Und das ist bis heute unser Renner.“

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