Abstruse AntwortenSo schlecht kennt sich die künstliche Intelligenz in Rhein-Berg aus

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Durch einen digitalen Filter wirkt das Bild von Bensberger Schloss, Rathaus und Schlossberg in Quadrate geteilt und zerstückelt.

Künstlich zusammengesetztes Rhein-Berg: Das Bild, das sich die Künstliche Intelligenz von der Region macht, ist in vielen Fällen erheblich daneben – so wie dieses mit einem digitalen Filter versehene Bild von Bensberger Schloss, Rathaus und Schlossberg.

Das Wissen über Rhein-Berg der Künstliche Intelligenz ist zwar lückenhaft, dafür wirken ihre Ausreden sehr gekonnt. 

„Alexa, spiel Musik von Cat Ballou“, ist noch eine der einfachsten Aufgaben für die auf Künstlicher Intelligenz und der Sprachsoftware eines Internetversandhandels basierenden elektronischen „guten Fee“, die bereits heute in vielen Haushalten zu finden ist.

In Zukunft soll Künstliche Intelligenz, wie sie bereits in zahlreichen Steuerungen von Autos bis zum Service-Callcenter im Einsatz ist, noch viel mehr in unserem Alltag regeln. Aber wie gut kennt sich Künstliche Intelligenz eigentlich in unserem Alltag, in unserer Region aus?

Auf der von Künstlicher Intelligenz gesteuerten Internetplattform ChatGPT (siehe „Künstliche Intelligenz“) haben wir es getestet – und manchmal unseren Augen nicht getraut.

Künstliche Intelligenz kennt Lokalredaktion Rhein-Berg

Zum Einstieg in das Chatgespräch, brauchen wir uns nicht einmal vorstellen. Denn auf die Frage „Kennst Du die Lokalredaktion von Bergischer Landeszeitung und Kölner Stadt-Anzeiger Bergisch Gladbach?“ nennt uns die KI gleich unser Verbreitungsgebiet und das Gründungsdatum der Zeitungstitel.

Trotzdem fangen wir leicht an: „Wo geht man abends in Bergisch Gladbach aus?“ Unser virtuelles Gegenüber spuckt umgehend vier Tipps aus: Das Bensberger Cineplex-Kino ist sicher ein guter Rat, Bergisch Gladbachs „Altstadt-Kneipe“ und „Stadtklause“ unterdessen sind selbst eingefleischten Redaktionsmitgliedern kein Begriff.

Mit Rhein-Bergs Gastro kennt sich die KI nicht besonders aus

Und dass die KI dann auch noch das Kölner Sterne-Restaurant „L’escalier“ als besonderes Bergisch Gladbacher Restaurant ausweist, das „Vendôme“ am Schloss Bensberg mit zwei Michelin-Sternen allerdings mit keinem Wort erwähnt, lässt uns schwanen, dass wir gastronomisch mit einfachem „Googeln“ schneller an ein reelles Ziel in Gladbach gekommen wären.

Abspeisen lassen wollen wir uns mit der falschen Info allerdings nicht, wenden ein, dass wir „Altstadt-Kneipe“ und „Stadtklause“ nirgends finden können. Der virtuelle Gesprächspartner „denkt“ kurz nach und spuckt dann noch abwegigere Tipps wie die „Piratenbar“ und das „Bierhaus St. Oberholz“ aus. In Bergisch Gladbach? Wir schütteln den Kopf, was die KI natürlich nicht sieht und sich formvollendet „für die Verwirrung“ entschuldigt.

KI lässt das „Haus der Geschichte“ nach Altenberg umziehen

Immerhin: Bei der Frage nach den Sehenswürdigkeiten von Odenthal, gibt das Programm zielsicher den Altenberger Dom an. Der Hinweis auf eine Klosterbrauerei und ein „Haus der Geschichte“ in Altenberg halten wir indes für eine Erfindung ortsunkundiger Algorithmen. „Ich bitte um Entschuldigung für meine fehlerhafte Information.“ Immerhin, höflich bleibt die Software.

Allerdings auch völlig planlos, was die Ausstattung der ehemaligen Zisterzienserabtei angeht. Von der berühmten Strahlenkranzmadonna oder dem riesigen gotischen Westfenster erwähnt sie keinen Ton, schwärmt stattdessen von einem mit Edelsteinen und Emailleplatten verzierten Domkreuz.

Handlungsspielraum der KI ist begrenzt

Bei der Bitte, uns ein Bild davon zu zeigen, muss die Künstliche Intelligenz passen: „Ich als Sprachmodell kann leider keine Bilder zeigen, aber Sie können im Internet nach „Schnitzaltar-Ensemble Altenberger Dom“ suchen.“ Na, Dankeschön.


Künstliche Intelligenz 

  • Wie in einem Internetchat kann jeder Interessierte nach einer Anmeldung auf der Internetplattform „ChatGPT“ seit 2022 Künstlicher Intelligenz (KI) Fragen stellen.
  • Erstmals ist ein sogenannter Chatbot in der Lage, auf komplexe Fragen umfassend und grammatikalisch richtig zu antworten.
  • Die Technologie basiert auf Algorithmen, die sich große Datenmengen aus dem Netz ziehen, sie verknüpften und daraus Antwor-ten formulieren.
  • Chat GPT (Generative Pretrained Transformer) hat an der Uni von Minnesota sogar die Juraprüfung bestanden.
  • Auch wenn es noch in einem frühen Entwicklungsstatus ist, soll Chat GPT eine Art künstlicher Universalgelehrter sein.

Vielleicht war das zu speziell. Versuchen wir’s mal mit etwas Einfacherem. Welche berühmten Persönlichkeiten stammen aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis oder haben hier gewohnt? Beim Komponisten Max Bruch machen wir einen Haken, er lebte länger auf dem Igeler Hof in Bergisch Gladbach. Auch Wolfgang Bosbach ist uns bekannt.

Dass aber Musiker und BAP-Gründer Wolfgang Niedecken „seit vielen Jahren in Kürten“ lebt, ist ebenso schnell als Fehlinformationen enttarnt wie Dieter Nuhrs Bergisch Gladbacher Heimat.

KI „vertippt“ sich bei Wolfgang Bosbach

Okay, bleiben wir bei Bosbach: „Kannst Du uns mehr über ihn sagen?“ Die KI kann. Angeblich soll Bosbach schon 1984 Abgeordneter im Deutschen Bundestag geworden sein. Auf unseren Einwand, dass dies erst 1994 der Fall war, folgt die übliche Entschuldigung.

In die Karten schauen lassen möchte sich die Künstliche Intelligenz unterdessen nicht, ist aber auch um eine menschelnde Ausrede nicht verlegen. Die Frage „Warum hast du eben 1984 geschrieben?“ beantwortet sie mit „Ich habe mich vertippt.“

Künstliche Intelligenz kennt mysteriöse Orte in Rhein-Berg

Immerhin weiß der Chatbot, dass man in der Großen Dhünn-Talsperre auf keinen Fall schwimmen darf. Als höchsten Punkt im Kreis gibt sie allerdings Orte wie einen mysteriösen Milchborntum in Kürten oder den „Dünstekoven“ in Overath an ( Dünstekoven ist ein kleiner Ort im linksrheinischen Rhein-Sieg-Kreis).

Sei’s drum. Ein Schwimmbad wird die Künstliche Intelligenz doch sicher kennen. Das Freibad „Die Badebucht“ in Bergisch Gladbach ist uns allerdings noch nicht untergekommen. Und dass Stephan Santelmann vor seiner Amtszeit als rheinisch-bergischer Landrat wahlweise Bürgermeister von Monheim oder Kämmerer in Solingen war, ist auch eine digitale Falschinformation.

Kurios ist derweil noch, dass Bergisch Gladbach laut Künstlicher Intelligenz für seine „historischen Altstadt“ bekannt sei und über eine lange Tradition in der Herstellung von Zahncreme verfügen soll. Und natürlich liegt Schloss Homburg ebenso wenig in Kürten wie Odenthal am Rande des Königsforsts. Vielleicht sind die Fragen für Künstliche Intelligenz aber auch einfach zu banal. Okay, wir versuchen’s mit etwas Anspruchsvolleren.

„Sag mir welches Thema die Menschen in Bergisch Gladbach zurzeit am meisten bewegt?“ Unser digitales Gegenüber steigt aus: Fehlermeldung „Too many requests in 1 hour. Try again later.“ (Zu viele Anfragen. Versuchen sie es später erneut). Wahrscheinlich ist es ratsam, es sehr viel später noch einmal zu versuchen. In Rhein-Berg jedenfalls scheint die Künstliche Intelligenz inhaltlich noch nicht wirklich zu Hause zu sein.

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