Prozess nach Brandstiftung in RösrathAngeklagter Sanitäter widerruft Geständnis

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Brand_Rettungswache

Am ersten Weihnachtstag 2019 brannte das Materiallager der Rettungswache Rösrath-Venauen.

Rösrath/Bergisch Gladbach – Perfide Verteidigungsstrategie oder ein handfester Polizeiskandal? Der als Brandstifter angeklagte Mann aus der Rettungswache Rösrath hat am Dienstag vor dem Bergisch Gladbacher Schöffengericht sein Geständnis widerrufen und schwere Vorwürfe gegen die Polizei erhoben: Er sei vor und während seiner Vernehmung unzulässigerweise so sehr unter Druck gesetzt worden, dass er selbst einen Mord gestanden hätte, um aus der Situation herauszukommen.

Nach dem Widerruf des Geständnisses ist der Prozess wegen schwerer Brandstiftung erst einmal geplatzt: Nun sollen neben dem Hauptvernehmer noch zwei weitere Ordnungshüter als Zeugen vor Gericht aussagen.

Dies könne allerdings mit Rücksicht auf die Feiertage und Corona erst im neuen Jahr erfolgen, sagte die Vorsitzende Richterin Birgit Brandes und schickte ein bereits geladenes halbes Dutzend Zeugen erst einmal nach Hause. Die Richterin versprach: „Wir werden uns einen ganzen Tag Zeit dafür nehmen.“

Am 1. Weihnachtstag 2019 hatte die Rösrather Feuerwehr ausrücken müssen, um einen Brand im Materiallager der Rettungswache Venauen zu löschen. Nach der Aussage verschiedener Kollegen der Johanniter-Unfallhilfe geriet der zur Tatzeit 25 Jahre alte Rettungssanitäter Peter O. (Name geändert) ins Visier der Polizei.

Er soll, unmittelbar bevor er zu einem Einsatz ausrückte, unter dem Vorwand, noch schnell zur Toilette zu müssen, ins Materiallager gegangen sein und einen Karton angezündet haben. Das Feuer griff über, das Lager brannte aus, und die Rettungswache musste zeitweise in die damals noch nicht ganz fertige neue Wache in Steinenbrück verlegt werden.

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Vor Gericht gab der junge Mann an, er sei froh, dass nun endlich der Prozess beginne. Er habe kein Feuer gelegt, sondern gemeinsam mit seinem Kollegen die Wache wegen eines Notfalls verlassen. Am Einsatzort hätten sie einen Notarzt nachalarmieren müssen; in dem Zusammenhang habe der Kollege von der Rettungsleitstelle erfahren: „Eure Wache brennt.“ Weitere Details hätten sie erfahren, nachdem sie die Patientin im Krankenhaus abgeliefert hätten.

Angeklagter: „Ich habe das Feuer nicht gelegt“

„Ich habe das Feuer nicht gelegt“, versicherte der im Oberbergischen Kreis lebende junge Mann, der seinem Rauswurf bei den Johannitern eine neue Sanitäter-Stelle gefunden hat, vor Gericht. „Ich liebe meinen Beruf. Meine Aufgabe ist es, Menschen zu helfen. Warum sollte ich so etwas tun?“

Knapp vier Wochen nach dem Brand, am 21. Januar, seien drei Polizeibeamte auf der Interims-Wache in Untereschbach aufgetaucht. Sie hätten ihn durchsucht, seinen Spind und sein Auto. Sein Frage nach einem Anwalt sei bereits vor Ort abgetan worden: Er müsse jetzt erst einmal tun, was ihm die Polizei sage.

Als er auf der Wache wieder danach gefragt habe, habe ihm der Vernehmungsbeamte zugeredet, dass er, wenn er jetzt ein Geständnis ablege, viel günstiger davonkomme. Andernfalls werde nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen ihn beantragt werden.

„Ich war völlig neben der Spur, wollte nur noch aus der Situation rauskommen“, sagte der Angeklagte; er habe seine schwerkranke Frau sehen wollen. Der erfahrene Polizist, der Peter O,. vernommen hatte, kam im Gerichtssaal gar nicht mehr dazu, die Inhalte der Vernehmung wiederzugeben: Der Verteidiger intervenierte mehrfach und sprach von einem Beweisverwertungsverbot.

Allerdings konnte der Ermittler im Zeugenstand noch versichern, dass Peter O. nach Vorschrift und wie dokumentiert vernommen worden sei. Im Auto von O. sei eine „Langwaffe“ gefunden worden. Dabei soll es sich allerdings um ein Paintball-Waffe gehandelt haben. Nach einem Rechtsgespräch kündigte die Richterin dann an, den Prozess neu zu terminieren.

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