LiteraturwettbewerbeGruppe 48 vergibt in Rösrath Themenpreise für Umwelt und Nachwuchs

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Vorstandsmitglieder der Gruppe 48, darunter die neue Vorsitzende Fatmanur Kalkan (l.), Sponsoren, Gäste aus der Politik und ausgezeichnete Autorinnen und Autoren stellten sich in Schloss Eulenbroich in Rösrath zum Gruppenfoto auf.

Vorstandsmitglieder der Gruppe 48, darunter die neue Vorsitzende Fatmanur Kalkan (l.), Sponsoren, Gäste aus der Politik und ausgezeichnete Autorinnen und Autoren stellten sich in Schloss Eulenbroich in Rösrath zum Gruppenfoto auf.

Die Vorsitzende Hannelore Furch verabschiedete sich aus dem Vorstand.

Die Wege zur Lyrik sind individuell. Ursula Maria Wartmann teilte ihre einzigartige Erfahrung, die sie dazu inspirierte, Gedichte zu schreiben. Während ihres Aufenthalts in den USA nahm sie an einem Treffen von Vietnamkriegsveteranen teil. Während einer Schweigeminute bemerkte sie, wie der Golden Retriever eines blinden Veteranen hörbar hechelte. Tage später erwachte sie aus einem Traum und der Satz „In der Schweigeminute hecheln die Hunde“ kam ihr in den Sinn. Dieser Satz war der Auslöser, von jetzt an Gedichte zu schreiben.

Am Sonntag trug sie beim Finale zum Themenpreis „Umwelt und Natur“ der Gruppe 48 in Schloss Eulenbroich sechs ihrer Gedichte vor. Die Bilder, die sie verwendet, sprechen für sich und lassen Raum für Interpretation. Sie beschrieb, dass bestimmte Elemente und Worte in ihren Sätzen oft eine doppelte Bedeutung haben, ohne dass sie dies geplant hätte. Diese unerwarteten Verbindungen seien der Kuss der Muse, wie Sven Buchsteiner, ein Juror des Wettbewerbs, ergänzte.

Publikum in Rösrath diskutiert mit

Heiger Ostertag, zweiter Vorsitzender der Gruppe 48, begrüßte das Publikum im gut besuchten Bergischen Saal des Schlosses zu den Finalen von zwei Wettbewerben – neben dem Themenpreis „Umwelt und Natur“ ging es um den Förderpreis 2024 der Gruppe 48. Wie immer bei ihren Wettbewerbs-Finalen lesen die von einer Jury ausgewählten Autorinnen und Autoren ihre Texte vor, bei der anschließenden Diskussion wird das gesamte Publikum angeregt, dazu Stellung zu nehmen. Hier war es besonders Ostertag, der immer wieder Impulse gab, aber auch viele Mitglieder der Gruppe 48, die sich aktiv wortstark und geistreich beteiligten.

Die bisherige Vorsitzende Hannelore Furch gab interessante Einblicke in die Organisation. Bei einer Mitgliederversammlung am Tag vor den Wettbewerbs-Finale gab die 77-Jährige den Vorsitz in jüngere Hände: Die 40-jährige Fatmanur Kalkan wurde zur neuen Vorsitzenden gewählt. Sie begrüßte besondere Gäste – die SPD-Landtagsabgeordnete Tülay Durdu, Christel Mirus-Bröer vom Verein Nord-Buch und Herbert Mackinger vom Mackinger Verlag in Salzburg, der die Anthologien zu den Wettbewerben der Gruppe 48 veröffentlicht.

Große Unterstützung

Als Sponsoren bei Themenpreis und Förderpreis engagierten sich Jürgen Rembold von der gleichnamigen Stiftung und Cleo A. Wiertz, ein Mitglied der Gruppe 48. Die VR-Bank Bergisch Gladbach-Leverkusen sponserte die Veranstaltung in Schloss Eulenbroich. Rösraths Bürgermeisterin Bondina Schulze zeigte sich erfreut, dass die Gruppe 48 sich regelmäßig in Rösrath trifft und zu Veranstaltungen einlädt, auch wenn die Mitglieder über ganz Deutschland verstreut leben.

Bei dem Finale zum Themenwettbewerb „Umwelt und Natur“ setzte sich nach Lesung und Diskussion Eva Rigal durch, sie erhielt den Hauptpreis in Höhe von 2000 Euro. Ebenfalls zum Finale eingeladen waren Heidi von Plato, Ursula Maria Wartmann und Horst Jahns, sie erhielten mit je 1000 Euro dotierte Nominierungspreise.

Mit dem Förderpreis 2024 „Junge Ausblicke“ wurde Una López-Caparrós Jungmann ausgezeichnet, sie erhielt ein Preisgeld von 1600 Euro. Die Nominierungspreise bei dem Nachwuchswettbewerb gingen an Helena Kühnemann, Valeska Marina Stach und Clara Cosima Wolff, verbunden mit einem Preisgeld von je 800 Euro.

Weiterer Preis für Mitglieder der Gruppe 48 vergeben

Und dann waren noch Preise zu der Anthologie „Der Zukunft entgegen gehen“ – mit Texten von Mitgliedern der Gruppe 48 und erschienen im Mackinger Verlag – zu vergeben: Bei diesem Projekt hatte die Jury drei Preisträger ausgewählt – Wolfgang ten Brink, Birgit Rabisch und Doris Hecht-Aichholzer erhielten jeweils ein Preisgeld von 800 Euro, gesponsert vom Mackinger Verlag.


"Frau der ersten Stunde" Hannelore Furch gibt Vereinsvorsitz ab

Abschied von ihrem Engagement als Vorsitzende der Gruppe 48 nahm Hannelore Furch. Die 77-jährige promovierte Germanistin hat die Gründung der Gruppe 48 gemeinsam mit anderen initiiert – zunächst, ab 2016, war sie ein lockerer Zusammenschluss, Anfang 2018 formierte sie sich als Verein. Und Furch stand seit den Anfängen an der Spitze, zunächst zusammen mit Hubert Michelis im Leitungsteam der losen Gruppe, ab 2018 als Vereinsvorsitzende.

In acht Jahren hat die Gruppe 48 vieles auf die Beine gestellt, sie wuchs auf 131 Mitglieder in ganz Deutschland und darüber hinaus. Bei ihren verschiedenen Literaturwettbewerben hat sie inzwischen 28 Hauptpreise und insgesamt 88 900 Euro an Preisgeld vergeben, blickt Furch zurück. Außerdem zählt sie noch auf, dass 16 Anthologien erschienen sind.

Verjüngung im Vorstand

Die damit verbundene Arbeit lastete bisher stark auf den Schultern von Furch, mit der jetzt beschlossenen Neuaufstellung des Vorstands werden mehr Mitglieder in die aktive Arbeit einbezogen. Der Rückzug vom Vorsitz ist für Furch eine „Umstellung“, wie sie sagt, und es ist ihr ein Anliegen, „dass es mit der Gruppe 48 gut weitergeht“.

Mit dem neuen Vorstandsteam seien die Voraussetzungen dafür geschaffen. „Wir wollten eine Verjüngung im Vorstand“, sagt Furch. Diese ist mit der 40-jährigen neuen Vorsitzenden Fatmanur Kalkan gelungen. Die Autorin aus Essen ist seit 2021 Mitglied in der Gruppe 48 und hat sich bereits als Jurymitglied beim Themenpreis engagiert. Als sie gefragt wurde, ob sie den Vorsitz übernehmen würde, habe sie „sofort ja gesagt, weil ich ein sehr gutes Gefühl hatte“, erzählt Kalkan. 

Sie schreibt bisher vor allem Lyrik, hat aber auch schon mal ein Kinderbuch herausgebracht – auf Deutsch und Kurdisch, damit knüpfte sie an ihre kurdisch-türkischen Wurzeln an. „Die Kuh, die Maus und die Henne“ heißt der deutsche Titel. Das Bilderbuch passt auch zu Kalkans Hauptberuf als pädagogische Fachkraft in einer Grundschule.

Hannelore Furch (r.), eine „Frau der ersten Stunde“ bei der Gruppe 48, gab den Vereinsvorsitz an Fatmanur Kalkan ab.

Hannelore Furch (r.), eine "Frau der ersten Stunde" bei der Gruppe 48, gab den Vereinsvorsitz an Fatmanur Kalkan ab.

Dafür, dass die Arbeit für die Gruppe 48 nicht nur an Kalkan und Heiger Ostertag, der weiter als zweiter Vorsitzender amtiert, hängen bleibt, sorgt auch das Beisitzer-Team im Vorstand. Da ist unter anderem Sven Buchsteiner, der sich besonders für die Organisation der Wettbewerbe einsetzen will. Und da ist auch Alwin-Georg Maibach, der neu in Vorstand eingestiegen ist – neben Bernd Neumann und Uta Oberkampf ist er eines von drei Vorstandsmitgliedern, die in Rösrath leben. Er ist als früherer Vorsitzender im Kulturverein Schloss Eulenbroich bekannt und kann seine Erfahrungen aus dem Kulturverein einbringen.

Damit liegt auch nahe, dass Rösrath weiter die Drehscheibe von Veranstaltungen der Gruppe 48 bleiben wird. Mit dem Tagungsort Schloss Eulenbroich sind die Mitglieder sehr zufrieden, wie Furch berichtet, auch wenn die Raummiete hoch sei und ein nahe gelegenes Hotel in der Rösrather Ortsmitte fehle. Furch will nun den Freiraum nutzen, der ihr ohne Vorstandsarbeit bleibt. „Ich will auch noch selber schreiben“, sagt sie. Als Vereinsvorsitzende sei sie wenig dazu gekommen.

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