Interview über Klimaschutz in Rösrath„Natürlich wünschte ich, dass Dinge schneller passieren“

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Bernd Hirschfeld und Jennifer Wagnersitzen mit Bürgermeisterin Bondina Schulze an einem Tisch und unterhalten sich.

Bernd Hirschfeld und Jennifer Wagner fordern Tempo beim Klimaschutz, Bürgermeisterin Bondina Schulze (r.) schildert die Zwänge. Foto: ca

Um Forderungen von „Rösrath for Future“ an die Stadt Rösrath ging es bei einem Streitgespräch auf Initiative dieser Zeitung.

Am Tisch saßen Bürgermeisterin Bondina Schulze (Grüne) sowie Jennifer Wagner und Bernd Hirschfeld, zwei Aktive der Klimaschutz-Gruppe. Das Gespräch moderierte Thomas Rausch. Welche Reaktionen auf Ihre Forderungen, über die Anfang Dezember in dieser Zeitung berichtet wurde, haben Sie von der Stadt bekommen?

Welche Reaktionen auf Ihre Forderungen, über die Anfang Dezember in dieser Zeitung berichtet wurde, haben Sie von der Stadt bekommen?

Jennifer Wagner: Bisher haben nur manche Parteien reagiert, die Grünen und ZLR. Auch aus der FDP haben wir eine Rückmeldung bekommen. Außerdem wurde in verschiedenen Online-Gruppen diskutiert. Von der Stadt haben wir nichts gehört.

Bondina Schulze: Adressat der Forderungen war die Kommunalpolitik. Ich habe über die Forderungen auch nur über die Zeitung erfahren.

Bernd Hirschfeld: Es ist an die Stadt gerichtet, dass wir ein klimaneutrales Rösrath bis 2035 erreichen wollen.

Schulze: Und damit verfolgen wir dasselbe Ziel. Um zum Beispiel auf das Thema Geschwindigkeitsbegrenzungen zu kommen: Wir erstellen derzeit eine Übersicht, wo in der Stadt bereits Tempobeschränkungen bestehen. Außerdem ist Rösrath 2022 der Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ beigetreten, die mehr Entscheidungsspielraum der Kommunen erreichen will. Denn bei der Anordnung von Höchstgeschwindigkeiten sind den Städten und Kommunen viel zu enge Grenzen gesetzt.

Hirschfeld: Sie haben gesagt, Sie fühlen sich nicht angesprochen von unseren Forderungen, Frau Schulze.

Schulze: Wie schon gesagt, Adressat der Forderungen war die Kommunalpolitik.

Wagner: Und was haben Sie gedacht?

Schulze: Ich habe in Ihren Forderungen vieles aus meinem Wahlprogramm wiedergefunden, formuliert von einer außerparlamentarischen Gruppe. Die Umsetzung ist aber leider komplex und braucht auch Zeit.

Wagner: Wir verstehen, dass die Klimakrise eine Herausforderung ist. Dass Sie sich dafür im Rahmen Ihres Amtes einsetzen, akzeptiere ich. Sie sollten aber über Ihre Zuständigkeit hinauswachsen.

Schulze: Es freut mich, dass mein Engagement auf Ihre Akzeptanz stößt. Als Bürgermeisterin bin ich an bestimmte Vorgaben und Richtlinien gebunden. Natürlich wünschte ich, dass Dinge schneller passieren.

Wagner: Und warum geht das nicht?

Schulze: Auf Kreis-, Land- und Bundesstraßen haben Kommunen keine Zuständigkeit. Wenn ich zum Beispiel Tempo 30 auf der Hauptstraße anordnen würde, wäre das nicht zulässig.

Aber Sie teilen die Ziele von „Rösrath for Future“?

Schulze: Viele davon.

Wagner: Ich fahre jeden Tag mit dem Rad von Kleineichen nach Hoffnungsthal und ärgere mich zum Beispiel über fehlende Fahrrad-Schutzstreifen. Ärgern Sie sich nicht?

Schulze: Durchaus, und trotzdem bin ich an die Regeln der Straßenverkehrsordnung gebunden.

Hirschfeld: Sie haben gesagt, dass es nicht bleiben kann, wie es ist. Der Pkw-Individualverkehr muss weniger werden. Was haben Sie bisher dafür getan, mehr die Interessen von Fuß- und Radverkehr zu berücksichtigen?

Schulze: Zunächst müssen die organisatorischen und personellen Voraussetzungen geschaffen werden. Geplant ist eine Stelle eines Mobilitätsmanagers. Der erste Rösrather Klimamanager wird zum 1. Mai seinen Dienst antreten.

Wagner: Und mit welchen Kompetenzen statten Sie ihn aus?

Schulze: Das ist eine Stabsstelle. Er wird sich mit mir und der Verwaltung die Themen anschauen.

Wagner: Welche Themen?

Schulze: Klimafolgen-Anpassungsmaßnahmen sind eines der drei wichtigsten Themen. Wir werden zunächst das angehen, wo kurzfristig Effekte erreichbar sind. Was mich stört sind zum Beispiel Schottergärten und überflüssige Versiegelung von Flächen.

Wagner: Würden Sie das verbieten?

Schulze: Ein Verbot von Schottergärten wurde vor einigen Jahren im Stadtrat diskutiert. Damals setzten wir auf Einsicht. Aber das Ergebnis ist ernüchternd.

Wagner: Und was sind die anderen zwei Themen?

Schulze: Dort, wo sie noch nicht stattgefunden hat, die energetische Sanierung der kommunalen Liegenschaften, insbesondere der Schulen.

Dabei wollen Sie hohe ökologische Standards erreichen?

Schulze: Genau. Und ich will auch die benötigte Energie möglichst auf städtischen Dächern erzeugen.

Wagner: Und was ist das dritte Thema?

Schulze: Das würde ich gern mit dem Klimaschutzmanager gemeinsam formulieren.

Wagner: Sie haben in einem Interview zum Jahreswechsel gesagt: Wenn keine anderen Krisen kommen, kümmern wir uns um die Klimakrise.

Schulze: Genau genommen habe ich gesagt: Wenn keine neue Krise auf uns zukommt, können wir uns endlich anschauen, wie Verkehrsführungen verändert werden können, um allen Verkehrsteilnehmern eine Nutzung des vorhandenen Raums zu ermöglichen. Die Fahrradstreifen sind nur ein erster Schritt. Corona, die Flut und die Folgen des Ukraine-Kriegs haben sehr viele Kapazitäten gebunden und binden sie noch.

Wagner: Aber die Klimakrise ist die Krise schlechthin. Wenn wir Energie sparen, mindern wir auch Energiekosten.

Schulze: Und wenn hier in Rösrath Flüchtlinge ankommen, müssen wir uns um sie kümmern. Der Tag hat nur 24 Stunden.

Wagner: Ich wollte nur sagen: Wir haben eine grüne Bürgermeisterin, und trotzdem geht vieles nicht.

Schulze: Eine grüne Bürgermeisterin steht nicht über dem Gesetz. Aber es geht voran: Zum Beispiel mit dem Start unseres Klimaschutzmanagers. Eine Stelle für Mobilitätsmanagement ist im Stellenplanentwurf, den die Politik mit dem Haushalt 2023 noch beschließen muss, vorgesehen. Vorrangige Aufgabe wird der Aufbau, Koordination und federführende Bearbeitung aller Projekte im Rahmen des kommunalen Mobilitätsmanagements sein. Und wenn die Kommunalaufsicht den Haushalt genehmigt hat, können wir die Stelle ausschreiben.

Wagner: Also wird die Stelle in zwei Jahren besetzt.

Schulze: Das wird deutlich früher gelingen. Im April wollen wir übrigens die Besetzung der Stelle einer oder eines Technischen Beigeordneten abschließen.

Wagner: Was hat das mit dem Klimaschutz zu tun?

Schulze: Der oder dem Technischen Beigeordneten obliegt die Gesamtverantwortung der Fachbereiche „Planen, Bauen, Umwelt, Mobilität“ sowie „Immobilienservice und Hochbau“, sie oder er ist damit eine wichtige Unterstützung bei der Umsetzung meiner Ziele.


Demonstration am 3. März

Mit einer Demonstration auf dem Sülztalplatz beteiligt sich auch die Gruppe „Rösrath for Future“ an dem globalen Klimastreik am Freitag, 3. März. Beginn ist um 15 Uhr, Groß und Klein sind zum Mitmachen eingeladen. „Die Auswirkungen der bisherigen Erderhitzung sind bereits deutlich zu spüren – auch in Rösrath“, stellt „Rösrath for Future“ fest. Das Motto der Demonstration heißt „Handeln! Hier – Jetzt!“. (tr)

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