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Nach ÜberschwemmungBedburger feiern Silvester nicht im eigenen Haus

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Vor einem Neubau stehen Container, auf einem Sandhaufen sind ein Kinderfahrrad und ein Kinderroller abgestellt.

So schaut es zurzeit an vielen Stellen in der Ressourcenschutzsiedlung aus. Dutzende Häuser sind unbewohnbar und müssen saniert werden.

Noch immer sind viele Familien aus der Ressourcenschutzsiedlung in Ausweichquartieren untergebracht. Sie hoffen auf den Schutz ihrer Häuser.

Christian Heggen findet, seine Familie und er hätten noch Glück gehabt. Großes Glück. „Wir konnten einen Weihnachtsbaum in unserer Ausweichwohnung aufbauen“, sagt der 37-Jährige. Andere Familien seien in Hotels oder Monteurswohnungen untergekommen. Da sei es um die Privatsphäre nicht so gut bestellt.

Die Heggens gehören zu rund 25 Familien, die Weihnachten und Silvester nicht im eigenen Heim verbringen können. Ihre Häuser stehen in der Ressourcenschutzsiedlung in Bedburg-Kaster, einem aus ökologischer Sicht beispielhaften Neubaugebiet, das allerdings am 9. September bei einem Unwetter zu großen Teilen überschwemmt wurde.

Bedburg: 150 Liter Regen fielen innerhalb weniger Stunden

Rund 150 Liter Regen pro Quadratmeter innerhalb weniger Stunden waren in jener Nacht über der Stadt niedergegangen – die doppelte Menge eines „normalen“ Starkregens. Viele Ortsteile waren von Überschwemmungen betroffen, am stärksten jedoch die Ressourcenschutzsiedlung. Sie war in den vergangenen Jahren in einer Senke, am Fuß einer Anhöhe und neben dem Hohenholzer Graben errichtet worden, der so gut wie nie Wasser führt, bei starken Niederschlägen jedoch ein weites Gebiet entwässert.

Christian Heggen wachte in jener Nacht vom Blaulicht der Feuerwehr auf. „Das war so gegen 2 Uhr.“ Auf der Straße stand das Wasser bereits mehr als kniehoch, und schon bald drang es auch ins erst zwei Jahre alte Haus ein. „Wir haben noch versucht, es mit Handtüchern aufzuhalten, aber das hat nicht geklappt.“ Nachbarn halfen beim Schippen, am frühen Morgen war das Haus dann von Wasser und Schlamm befreit. 

Zu sehen sind Menschen in Regenjacken, die Wasser aus einem Garten schippen.

So sah es am frühen Morgen des 9. September in der Ressourcenschutzsiedlung in Kaster aus: Anwohner kämpften gemeinsam gegen die Wassermassen.

Nach ein, zwei Wochen stand fest: Das Wasser war – wie in vielen Häusern der Siedlung – zwischen Bodenplatte und Estrich eingedrungen und hatte so viel Schaden angerichtet, dass eine grundlegende Sanierung nötig war. Nur wenige Familien nahmen Wohnungsangebote der Stadt an, manche zogen für die Dauer der Sanierung komplett ins Obergeschoss, viele suchten auf eigene Faust eine Bleibe. Wie das Ehepaar Heggen mit den beiden Töchtern im Alter von drei und sechs Jahren.

„Wir sind auf sehr viel Hilfsbereitschaft gestoßen“, sagt Christian Heggen. Die Vermieter der Wohnung in der Bedburger Innenstadt würden sogar Mobiliar stellen, ein Auszug und die Rückkehr in die eigenen vier Wände sei auch kurzfristig möglich. Und die Arbeiten seien auch schon weit fortgeschritten, sodass die Familie wahrscheinlich schon im Februar wieder ins Haus zurück könne.

Allerdings sieht Heggen seine Familie in vielerlei Hinsicht als Ausnahme. „Wir sind sicher nicht repräsentativ“, sagt der kaufmännische Angestellte. So gebe es „ganz unterschiedliche Bilder bei der Versicherungslage“, sagt Heggen. Manche Hausbesitzer in der Siedlung seien komplett abgesichert, andere unter- oder gar nicht versichert gewesen. Hilfe für die Flutopfer gibt es unter anderem vom Land oder einer privaten Fluthilfe, die Spenden sammelt und verteilt.

Zwar arbeitet die Stadt Bedburg seit 2021 an einem Starkregenrisikomanagement, erwartet wird das Ergebnis eines Ingenieurbüros jedoch erst für Mitte 2026. Bis dahin ist ein struktureller Schutz für die Siedlung und andere betroffene Ortsteile nicht zu erwarten, auch wenn die Stadt bereits kleinere Eingriffe vorgenommen oder auf den Weg gebracht hat.

Zu sehen ist das Innere eines Hauses im Rohbauzustand.

Von Grund auf saniert werden musste das Erdgeschoss der Familie Heggen - so wie in den Häusern vieler Familien in der sogenannten Ressourcenschutzsiedlung in Bedburg-Kaster. Das Neubaugebiet war beim Starkregen am 9. September überschwemmt worden.

So hat sie die Neigung eines Wegs entlang des Neubaugebiets abschüssig zum Wald hin ändern lassen, versucht Teile des Waldes zu kaufen, um dort Rückhaltebecken anzulegen, eine Baumreihe wegzunehmen und einen neuen Versickerungskanal zu bauen. Auch wurden Sandsäcke ausgelegt.

Der Erftverband hat zudem den Hohenholzer Graben gereinigt, damit er mehr Wasser aufnehmen kann. „Wir befinden uns in Verhandlungen zum Erwerb einer Parzelle oberhalb von Grottenherten zur Anlage eines weiteren Regenrückhaltebeckens zum Schutz von Grottenherten als Überlauf für den Pützbach“, sagt Dezernent Torsten Stamm. „Das würde auch die Wassermengen reduzieren, die weiter talwärts auf Oppendorf zufließen und dort somit den Unterlauf des Pützbaches entlasten.“

Zu sehen ist eine Reihe Sandsäcke entlang einer Neubausiedlung.

Provisorischer Hochwasserschutz: Die Ressourcenschutzsiedlung wird zum Wald hin von einem niedrigen Wall aus Sandsäcken gesichert.

Doch all das bringt noch nicht wirklich Ruhe in die von den Überschwemmungen betroffenen Siedlungen. „Was, wenn es jetzt nochmal passiert?“, fragt Heggen. Seiner Familie wolle er einen Auszug kein weiteres Mal zumuten. „Da geht man mental kaputt.“ Heggen und die anderen Anwohner hoffen und drängen auf schnelleren Schutz ihrer Siedlung.

Seine Kinder hätten den Starkregen und die Folgen einigermaßen  weggesteckt. In anderen Familien sei das nicht der Fall. „Dort wachen die Kinder nachts von Alpträumen auf und fragen, ob das Wasser wiederkommt“, sagt Heggen.