Willibert Düster hat gemeinsam mit anderen früheren Epprathern Erinnerungen an den Umsiedlungsort aufgeschrieben.
Buch über HeimatortKatzen standen in Epprath nicht auf dem Speiseplan

Bilder im Buch über Kindheiten im abgebaggerten Dorf Epprath zeigen zahlreiche Szenen aus dem Alltagsleben im Ort, etwa Menschen bei einer Kirmes.
Copyright: Willibert Düster
Opas schöne Taschenuhr, üblicherweise mit einer Kette an der Sonntagsweste befestigt, ist weg. Spurlos verschwunden, obwohl sie doch eben noch auf dem Küchenschrank lag, wo der Opa sie nach der Frühmesse abgelegt hatte. In Verdacht gerät der kleine Willibert, der gerade mal ein paar Wörter sprechen kann. „Tiktak da“, gesteht er schließlich und zeigt auf den Aschekasten des Küchenherds. Und tatsächlich, Opa birgt die Uhr aus der noch heißen Brikettasche, allerdings funktionsuntüchtig.
Heute ist der kleine Junge 80 Jahre alt, und die Anekdote ist eine von vielen, die Willibert Düster gemeinsam mit anderen Epprathern im Buch „Die Bagger kommen, eine Kindheit im Dorf Epprath“ zusammengetragen hat. Düster ist Initiator des Projekts, das nun mit dem Druck von über 300 Exemplaren seinen Abschluss gefunden hat.
Bedburg: Die früheren Epprather berichten auch von der Umsiedlung
Auf fast 130 Seiten erzählen neben Düster noch Annemie Pfeifer, Lieselotte Birnkraut, Marlies Schiffer, Hildegard Schäfer, Anita Lorenz, Michael Commandeur, Hubert Wassenberg und Willi Schmitz aus ihrer Kindheit in Epprath in den Jahren von 1940 bis 1965, in die auch die Umsiedlung wegen des Braunkohlentagebaus ab 1958 fällt.
Angefangen hat das laut Düster, der heute in Kaster lebt, mit Geschichten, die er für einen Internet-Blog der Uni Münster geschrieben hat. „Dort kamen die Anekdoten so gut an, dass die Diplom-Ingenieurin Maren Kretzschmar den Anstoß gab, daraus doch ein Buch zu machen“, erzählt Düster.

Willibert Düster hat ein Buch über Kindheiten im abgebaggerten Ort Epprath initiiert.
Copyright: Dennis Vlaminck
Und so trug er weitere Geschichten zusammen, nicht nur die eigenen, denn: „Wenn viele mitmachen, bekommt man einen viel besseren Blick auf die Vergangenheit.“ Das Buch ist voller Erinnerungen: Marlies Schiffer berichtet etwa von Friseurbesuchen im Nachbarort Harff oder von Fliegerangriffen und der Flucht in den Luftschutzbunker, wobei sie von ihrem Vater versehentlich kopfüber in einer Decke getragen wurden; Hubert Wassenberg erinnert sich an die Ernte von Kartoffeln, die von Hand in Weidekörben gesammelt wurden; und Michael Commandeur erzählt von einem Brand in der Scheune eines Bauern und wie die Feuerwehr mit ihrem Löschwagen, der von Hand durch das Dorf gezogen wurde, am Brandort ankam.
Viele Geschichten werden mit einem Augenzwinkern erzählt, so die von den Tieren in Willibert Düsters Zuhause. „Mehrere Hühner, ein Schwein, zwei Ziegen und einige Kaninchen waren zweckgebunden“, schreibt Düster. „Diese gehörten mit in die Nahrungskette unserer Familie. Meine Katze allerdings war davon ausgeschlossen.“
Zu einem Buch wurde die Sammlung, die auch zahlreiche Fotografien zeigt, dank der Hilfe von Geschichtsverein und Stadt Bedburg. Der Geschichtsverein ließ 220 Exemplare als Jahresgabe für seine Mitglieder drucken, die Stadt Bedburg unterstützte den Druck 100 weiterer Exemplare, die an Interessentinnen und Interessenten abgegeben werden.

Willibert Düster zeigt seiner Cousine Angelika den „richtigen“ Umgang mit Kaninchen.
Copyright: Willibert Düster
Wer das Buch haben möchte, kann sich an den Geschichtsverein Bedburg unter der Rufnummer 02272-7372 oder direkt an Willibert Düster unter 02272-9046137 wenden oder per E-Mail melden.
Willibert Düster ist Rentner und hat früher als Steiger, also als Vorarbeiter, im Tagebau Hambach gearbeitet. Es ist bereits Düsters zweites Buchprojekt. Schon 2018 hat er gemeinsam mit einem Team den Titel „Epprath, Umsiedlungsort seit 1958, Bilder und Geschichten“ veröffentlicht.