Leihgabe für GrundschuleWas eine Aufschnittmaschine in Bedburg über Geschichte erzählt

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Auf dem Foto ist Landwirt Bruno Franken umringt von Schülern und der Schulleiterin Claudia Neiß zu sehen. Er übergibt die Aufschnittmaschine.

Landwirt Bruno Franken übergab die Aufschnittmaschine der jüdischen Familie Stern an die Geschwister-Stern-Grundschule in Kirchherten.

Die Schule trägt den Namen der Familie Stern. Ihr gehörte die Aufschnittmaschine, mit der die jüdische Metzgerfamilie Wurst schnitt.

Es ist der Auftakt zur Projektwoche an der Geschwister-Stern-Grundschule. Die Kinder wissen zunächst gar nicht, was es mit dem merkwürdigen Ding auf dem Schulhof auf sich hat. Aber Bruno Franken, der das schwere gusseiserne Gerät am Montag (8. Mai) mitgebracht hat, klärt die Mädchen und Jungen auf: „Das ist die Aufschnittmaschine der Familie Stern“, sagt der Landwirt und erklärt, wie die jüdische Metzgersfamilie dort Wurst auflegte, um sie per Kurbelbetrieb zu schneiden.

Als der Name Stern fällt, reißen die Kinder die Augen auf, denn die Geschichte der Familie, die der Grundschule den Namen gab, ist ihnen bekannt: Die Sterns waren angesehen im Ort, jeden Tag konnten sich Bedürftige in der Metzgerei kostenlos Rindfleischsuppe holen – bis die sieben Familienmitglieder – darunter die Kinder Edith, Gustav und Herbert – 1942 von den Nazis deportiert und vermutlich in Minsk umgebracht wurden. Abgeholt wurde die Familie just in dem Viehwagen, in dem sonst den Sterns das Vieh für die Schlachtung gebracht wurde.

Die Schule trägt seit 30 Jahren den Namen der Sterns

Die Aufschnittmaschine soll als Erinnerungsstück dauerhaft in der Schule bleiben. Wie Bruno Franken berichtet, sei seine Familie mit den Sterns benachbart und befreundet gewesen. So hätten seine Eltern etwa Emil Stern noch heimlich auf dem Hof beschäftigt, als den Juden schon verboten war, einer Arbeit nachzugehen. „So konnte er noch eine Zeit lang Geld verdienen“, sagt der 76-jährige Franken.

Einige Gegenstände der Sterns seien in den Besitz seiner Familie übergegangen, mit Erlaubnis von amerikanischen Nachfahren der Sterns, berichtet Franken. Die Aufschnittmaschine geht nun zu besonderen Jahrestagen als Dauerleihgabe an die Schule, die nicht weit vom Standort der früheren Metzgerei und dem Hof der Frankens entfernt liegt: Die Schule trägt seit 30 Jahren den Namen der Sterns, und Edith Stern wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden.

Das Foto zeigt ein Poesiealbum mit einem Eintrag von Edith Stern. Es wird in der Schule aufbewahrt.

In der Schule wird auch ein Poesiealbum mit einem Eintrag von Edith Stern aufbewahrt.

„Wir sind so froh, dass wir die Aufschnittmaschine zeigen können“, sagt Schulleiterin Claudia Neiß. „Das ist Geschichte zum Anfassen – Dinge, die bleiben, können Kinder viel besser verstehen als nur Worte.“ Die Maschine soll mit einem Poesiealbum, in das sich Edith Stern eingetragen hat, ausgestellt werden. 1936, als Zwöljährige, hatte Edith Stern einer Mitschülerin geschrieben: „Ein heiterer Himmelsmorgen, ein Mittag hell und rein, ein Abend ohne Sorgen, soll dir beschieden sein. In den Kranz der Erinnerung flechtet sich ein – Edith Stern.“

Die Ergebnisse der Projektwoche zeigen die Schülerinnen und Schüler beim Tag der offenen Tür am Samstag, 13. Mai, 10 bis 14 Uhr. Auch die Aufschnittmaschine wird zu sehen sein. Der Journalist Ralph Erdenberger wird einen Vortrag über die Familie Stern halten.

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