Große EinigkeitRatsfraktionen in Brühl reagieren scharf auf AfD-Äußerungen

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Zu sehen sind viele Demonstranten vor dem Brühler Rathaus.

Mehrere Tausend Menschen demonstrierten Ende Januar gegen Rechtsextremismus in Brühl. Dafür gab es Lob von vielen Ratsleuten.

Der Brühler Stadtrat hat sich mit großer Mehrheit der Trierer Erklärung des Deutschen Städtetags angeschlossen, um ein Zeichen für Demokratie zu setzen.

Es war kurz nach 19 Uhr am Montagabend, als der weitaus größte Teil der Brühler Ratsleute ein sichtbares Zeichen gegen Ausgrenzung und Rassismus setzte. Die Stadtverordneten erhoben sich auf Anregung von SPD-Fraktionschef Marcus Venghaus von ihren Sitzen und unterstrichen, was sie kurz darauf mit ihrem Votum für ein Anschließen an die Trierer Erklärung des Deutschen Städtetags auch offiziell bekundeten.

Ihnen ging es um „ein klares Signal für Demokratie, Menschenwürde, Rechtsstaatlichkeit sowie der Solidarität und gegen die Spaltung unserer Stadtverwaltung“, so hatten es die Fraktionsvorsitzenden von CDU, SPD, Grünen und FDP in ihrem Antrag betont. Unterstützung erfuhren sie von den fraktionslosen Harry Hupp und Eckhard Riedel.

Trierer Erklärung wird in Brühl unterstützt

Die Trierer Erklärung war eine Reaktion auf das jüngst bekannt gewordene Potsdamer Treffen unter anderem von AfD-Funktionären mit Mitgliedern der Identitären Bewegung und die dort diskutierte Deportation von Millionen Menschen aus Deutschland.

„Wir nehmen es nicht hin, dass rechtsextreme Kräfte eine Atmosphäre der Verunsicherung, der Angst und des Hasses in unserem Land und in unseren Städten schüren. In unseren Städten leben Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammen – als Nachbarinnen und Nachbarn, als Kolleginnen und Kollegen, als Freundinnen und Freunde, als Familie. Das ist die Lebensrealität in unseren Stadtgesellschaften. Das macht unsere Städte aus. Unsere Städte gehören allen Menschen, die hier leben. Wir akzeptieren nicht, dass Bürgerinnen und Bürger, dass Familien, dass sogar Kinder in unseren Städten Angst davor haben müssen, von hier vertrieben zu werden“, heißt es dort.

Grünen-Chefin Simone Holderried, die den Antrag vorbereitet hatte, verwies in diesem Zusammenhang auf die beeindruckende Zahl von Menschen, die auf die Straße gehen, um für Demokratie einzustehen. Holger Köllejan, Fraktionsvorsitzender der CDU, sagte: Die Idee einer Deportation erinnere an die dunkelsten Stunden der Geschichte. Er lobte die Demonstration in Brühl. „Wäre das seinerzeit in der Weimarer Republik geschehen, wer weiß, was unserem Land hätte erspart werden können“, so Köllejan.

Eine andere Sichtweise vertraten Markus Hausmann (vormals AfD, heute Bündnis Deutschland) und Jobst Schmidt (AfD). Hausmann distanzierte sich inhaltlich von den in Potsdam angestellten Überlegungen – mit der Einschränkung, dass diese seines Erachtens nicht zweifelsfrei bewiesen seien. Die Demonstrationen der vergangenen Wochen hält er für kontraproduktiv, sie verstärkten „die Solidarität innerhalb der Partei nach außen“.

Herr Hausmann, bei Ihnen ist alles durcheinander gekommen
Dieter Freytag (SPD), Brühler Bürgermeister

Es verbiete sich eine Dämonisierung der AfD. „Es ist unredlich, der AfD die übelsten Intentionen der NSDAP zu unterstellen, ohne dass es auch nur einigermaßen überzeugende Indizien dafür gibt“, so Hausmann. Eine Atmosphäre der Verunsicherung und Angst werde doch vor allem durch linksgrüne Politik verursacht. Mit der Demo in Brühl hätten sich Teile der Politik „auch gemein mit Linksextremisten gemacht“.

Die Spaltung der Gesellschaft werde seitens Rot-Grün mindestens genauso vorangetrieben. Als Beispiel dafür führte er die Diskussion und Elternbefragung zur Einführung einer zweiten Gesamtschule und die vorübergehende Sperrung des Belvedere an. „Wenn eine Elternbefragung, die rechtlich vorgeschrieben ist, in diesem Zusammenhang diskutiert wird, wird deutlich, dass alles bei Ihnen durcheinander gekommen ist“, entgegnete Bürgermeister Dieter Freytag (SPD).

AfD-Vertreter Schmidt betonte, das Treffen in Potsdam sei eine private Veranstaltung gewesen. Privatleute seien dort bespitzelt worden. Das erinnere an Stalins Zeiten. Zudem seien dort auch CDU-Mitglieder dabei gewesen. Dem entgegnete Michael Weitz (SPD): Die CDU nehme sich dessen an und strenge sich nach demokratischen Maßstäben an, diese Personen aus der Partei zu entfernen. Die AfD gehe hingegen nicht mit dem Besen durch. Das unterscheide AfD von CDU.

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