Die Kunsthistorikerin Donatella Chiancone-Schneider lernte in der Schule Blockflöte. Der Zufall brachte sie auf den schottischen Dudelsack.
„Am Anfang klang es scheußlich“Warum sich eine Brühlerin für den Dudelsack begeistert

Der Dudelsack ist die Leidenschaft von Donatella Chiancone-Schneider.
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Warum spielt eine italienische Kunsthistorikerin ausgerechnet den schottischen Dudelsack? Diese Frage wird Donatella Chiancone-Schneider häufig gestellt, wie sie zugibt und dabei schmunzelt. „Die Musik mag ich, seit ich sie vor über 30 Jahren in Edinburgh auf der Straße gehört habe“, erzählt die gebürtige Venezianerin, die während der Schulzeit Blockflöte gelernt hat.
Durch Zufall erfuhr sie 2020 von einem Schnupperworkshop im Dudelsackspielen. Als der abgesagt wurde, suchte sie sich einen Privatlehrer, der sie via Zoom über das Internet auf einer Übungsflöte unterrichtete. „Als ich anfing, konnte ich noch nicht einmal Noten lesen“, berichtet sie amüsiert. „Ich wollte aber unbedingt wissen, ob mir das Dudelsackspielen liegt.“
Brühlerin kaufte ihren Dudelsack mit Zubehör gebraucht
Das klang zwar „am Anfang scheußlich, aber dann konnte ich etwas damit anfangen“, sagt die Kunst- und Filmhistorikerin, die hauptberuflich mit Vortragsreihen zu unterschiedlichen Themen der Kunst in Deutschland und dem benachbarten Ausland unterwegs ist. Sie nahm Kontakt zur „Weilerswist and District Pipe Band“ auf. Hier bot sich die Gelegenheit, den Dudelsack eines ehemaligen Mitglieds samt Ersatzteilen und Accessoires zu erwerben.
„Ich konnte zuerst keinen Ton herausbringen und war sehr frustriert“, erinnert sie sich. Die Blastechnik erfordert Kraft, und auch die Fingertechnik ist nicht im Handumdrehen erlernt. Donatella Chiancone-Schneider investierte Zeit, Engagement und Ehrgeiz in ihr neues Projekt und beherrschte nach weniger als drei Jahren das gesamte Repertoire der 15-köpfigen Band, der sie seit November 2023 angehört.
Musikerin aus Brühl schloss sich einer Pipe-Band aus Weilerswist an
Hier traf sie auf Gleichgesinnte, die unterschiedliche Berufe ausüben. „Ich habe Freude daran, mit anderen aufzutreten und traue mich auch, Soli zu spielen“, sagt die 51-Jährige, die mit den Musikerkolleginnen und -kollegen bei Stadtfesten, Umzügen und privaten Festlichkeiten auftritt und zuletzt im niederländischen Apeldoorn ein Gastspiel gab. Geübt wird täglich im gut isolierten Haus in Kierberg und gelegentlich auch im Freien.
Das Dudelsackspielen hat ihrem Leben eine Wendung gegeben und neue Perspektiven eröffnet. Als Freiberuflerin hatte sie immer ein umfangreiches Arbeitspensum und fühlte sich zeitweise „wie im Hamsterrad“. „Beim Üben kann ich abschalten, außerdem hat sich meine physische Kondition erheblich verbessert“, so Chiancone-Schneider. „Ich habe plötzlich ganz neue Ideen und fühle mich wie neu geboren.“
Beim Üben kann ich abschalten, außerdem hat sich meine physische Kondition erheblich verbessert
Und noch ein Nebeneffekt hat sich eingestellt. „Ich war nie eine Rock-Trägerin, aber jetzt fühle ich mich darin so wohl, dass ich auch privat häufig einen Rock anziehe“. Bei den Auftritten mit der Band trägt sie einen Kilt im grün-blauen „Blackwatch-Schottenkaro“, eine grüne Bluse mit Krawatte und eine schwarze Weste. Eine halbrunde Tasche, der „Sporran“,wird um die Taille getragen, dazu Kniestrümpfe und die passenden Schuhe. Für solistische Engagements hat sie inzwischen eine ganze Anzahl an Kleidungsstücken, die sie zum Teil aus zweiter Hand erworben hat.
Die Leidenschaft für das Dudelsackspielen ist mittlerweile so groß, dass „Donatella Bagpiper“, wie sie sich als Musikerin nennt, daraus ein zweites berufliches Standbein machen möchte. Im vergangenen Jahr ist sie beim Brühler Kneipenfestival aufgetreten, auch bei Geburtstagen, Hochzeiten und Beerdigungen hat sie ihr Publikum mit den charakteristischen Klängen des Dudelsacks erfreut. „Amazing Grace“ wird bei fast allen Anlässen gespielt, ebenso „Scotland the Brave“ – die heimliche Hymne Schottlands – das im Rheinland bestens bekannte Stück „Highland Cathedral“ und „Greensleeves“ – ein englisches Volkslied aus dem 16. Jahrhundert.
Heavy Metal auf dem Dudelsack
Donatella Bagpiper hat aber nicht nur ein Faible für traditionelle Klänge. „Heavy Metal wäre mein Traum“, verrät sie. In Planung sind lyrische Improvisationen auf dem Dudelsack und vielleicht auch eine Zusammenarbeit mit Ehemann Ludger Schneider, der sich mit dem Theremin, das berührungslos durch Handbewegungen in zwei elektromagnetischen Feldern gespielt wird, ebenfalls ein ungewöhnliches Musikinstrument ausgesucht hat.
Mehr über die Musikerin kann man auf ihrer Internetseite erfahren, einen Eindruck über ihre Musik vermittelt ihr YouTube-Kanal.