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Stolperschwellen in Erftstadt erinnern an zwei Synagogen

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Ein Mann spricht vor etwa 25 Menschen.

Am Niederweg in Friesheim erinnert nun eine Schwelle an die ehemalige Synagoge.

Frank-Matthias Mann verlegte im Autrag des Künstlers Gunter Demnig  zuerst die Stolperschwelle in Friesheim und anschließend in Gymnich.

„Ohne unsere emotionale Öffnung werden wir unsere Freiheit und unsere Demokratie nicht bewahren können“, sagte am Montagmorgen Frank-Matthias Mann. Als Assistent des Künstlers Gunter Demnig war er nach Friesheim gekommen, um dort im Auftrag des Künstlers zuerst die Stolperschwelle in Friesheim im Niederweg zu verlegen und anschließend auch noch in Gymnich, in der Schützenstraße.

Zunächst war es jedoch der Vorsitzende der Dorfgemeinschaft Robert Niederprüm der die etwa 25 Menschen in Friesheim auf dem Niederweg gegrüßte und ihnen erklärte, dass nachdem im vergangenen Jahr die Stolpersteine verlegt worden seien, künftig nun auch die Stolperschwellen an das jüdische Leben in Friesheim erinnern werden. Wenig später wurde die erste Stolperschwelle dann genau dort verlegt, wo einst das geistige Zentrum der jüdischen Gemeinde in Friesheim war. „Diese Synagoge war nicht so groß wie unsere Kirche, aber sicherlich genauso wichtig für die Gemeindemitglieder“, erklärte Niederprüm.

Erftstadts Stadtarchivar Dr. Frank Bartsch gab Details zur Synagoge

Erftstadts Stadtarchivar Dr. Frank Bartsch war es dann, der den Anwesenden auch Details zu der Synagoge sagen konnte. „Heute genau vor 87 Jahren wurde sie hier in Friesheim von der SA demoliert und anschließend niedergerissen“, schilderte Dr. Bartsch zunächst die Geschehnisse vom Nachmittag des 10. Novembers 1938. Die „Spezial-Synagogen-Gemeinde Friesheim“ habe auf ihrem Höhepunkt 1874 aus zwölf Familien, die etwa 70 bis 80 Menschen umfasste, bestanden.

Bis 1933 sei die Jüdische Gemeinde auf 33 Mitglieder zurückgegangen. Die Synagoge sei 1864 am Niederweg hinter einem zweigeschossigen Wohnhaus mit einer Grundfläche von 49 Quadratmetern gebaut worden. „Am Ostgiebel befand sich ein großes rundes Fenster mit einem Davidstern in Buntglas, flankiert von zwei seitlichen kleinen Fenstern“, so Bartsch.

Bürgermeisterin Carolin Weitzel sprach zunächst die Initiatorin der Veranstaltung an - Bettina Tanneberger und ihr Team des Heimatvereins Gymnich und der Dorfgemeinschaft Friesheim. „Ich bin außerordentlich dankbar für dieses vorbildliche bürgerliche Engagement“, sagte sie und ergänzte, dass dieses Engagement seitens der Stadt vom historischen Archiv von Beginn an vollumfänglich unterstützt wurde.

In politisch schwieriger und herausfordernder Zeit sei ein solches bürgerschaftliches Engagement wertvoll und wichtig, da es nicht nur dem Gedenken dient, sondern auch Ausdruck gelebter Demokratie sei. „Diese Menschen waren Nachbarn, Freunde, Bekannte und Geschäftsleute unserer Vorfahren - ihr grausames Schicksal geht uns alle an und unsere bleibende Pflicht ist es, uns zu erinnern, um Frieden und Menschlichkeit zu erhalten“, so Weitzel.

Wie wichtig dieses „sich Erinnern“ für die Hinterbliebenen der Opfer ist, konnte Bettina Tanneberger den Anwesenden sogar aus erster Hand berichten. Schon bei der Recherche für die Verlegung der Stolpersteine im vergangenen Jahr hat sie einen Nachkommen der aus Erp ermordeten Familie in Amerika ausfindig gemacht. „Ich kann ihnen gar nicht sagen, wie sehr es in meinem Herz Hoffnung gibt, dass Leute wie ihr daran arbeitet, Antisemitismus und Faschismus entgegenzuarbeiten in dieser Ära, wenn so vieles so dunkel erscheint“, las Tanneberger aus dem Brief dieser Nachkommin vor.

Musikalisch untermalte Roland Loosen auf seiner Klarinette die Veranstaltung, die unmittelbar vor dem Wohnhaus von Holger Gerberich stattfand. Dass direkt hinter seinem Haus – quasi auf seiner jetzigen Terrasse früher die Synagoge gestanden hatte, wusste er jedoch noch nicht, als er 2001 den Altbau als Abbruch-Objekt im Niederweg gekauft hatte. Das erfuhr er erst viele Jahre später. Und für ihn sei es auch sehr in Ordnung, dass jetzt die Stolperschwelle an die Synagoge und die Jüdische Gemeinde dort erinnert. „Man kann in der Zukunft doch nur Dinge verbessern, wenn man auch die Erinnerungen zulässt“, sagte er.