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GeschlossenSo verabschieden sich die Brüder Zirener von ihrer Baumschule in Frechen-Königsdorf

Lesezeit 6 Minuten
Auf dem Bild sind zwei Männer in Arbeitskleidung, Frank und Ralf Zirener, vor fast leer geräumten Gewächshäusern zu sehen.

Das Gartenbauunternehmen Zirener hat nun offiziell geschlossen, der Betrieb wird aktuell von Frank (l.) und Ralf Zirener abgewickelt.

Jahrelang haben die Inhaber erfolglos nach einem Nachfolger gesucht. Die Stadt hat das Gelände gekauft, das Land will dort eine ZUE bauen.

Die letzten Mitarbeiter haben ihre Arbeitsplätze verlassen und werden nicht mehr wiederkommen – auf den Schreibtischen liegen noch Prospekte und Arbeitsmaterialien, aber in den einst geschäftigen Räumen herrscht eine fast gespenstische Stille: Das inhabergeführte Traditionsunternehmen Zirener, das 1894 gegründet wurde, hat endgültig geschlossen. Der renommierte Gartenbaubetrieb der Brüder Frank und Ralf Zirener wird sein großes Tor an der Alten Aachener Straße in Königsdorf nicht mehr für Kunden und Lieferanten öffnen.

„Es ist schon ein komisches Gefühl, das Telefon klingelt nicht mehr“, stellt Ralf Zirener fest. Nur vereinzelt würden sich noch Kunden melden, die es einfach nicht glauben könnten, dass der Betrieb nach fast 131 Jahren eingestellt worden sei. „Oder sie fragen, ob wir nicht für sie noch einmal eine Ausnahme machen können, aber das geht natürlich nicht“, so der 60-Jährige. 

Auf dem Bild ist eine Luftaufnahme eines Teils des Betriebsgeländes zu sehen.

Die Luftaufnahme zeigt einen Teil des Betriebsgeländes des Gartenbaubetriebs Zirener an der Alten Aachener Straße in Königsdorf.

Die Brüder, die ihre vertrauensvolle und produktive Zusammenarbeit hervorheben, haben über Jahre bundesweit vergeblich versucht, einen Nachfolger zu finden – die erwachsenen Kinder der zwei sind in anderen Berufen tätig. „Es gab vielversprechende Kandidaten, aber die haben alle kalte Füße bekommen“, so die Brüder Zirener.

In Spitzenzeiten gab es bis zu 50 Mitarbeiter

Auch bei den Mitarbeitern, die zum größten Teil „Eigengewächse“ gewesen seien, wäre niemand zu einer Übernahme bereit gewesen. In den Jahren hätten sie über 110 junge Leute ausgebildet, in Spitzenzeiten waren bis zu 50 Mitarbeiter im Betrieb beschäftigt. Von ihren zuletzt 14 Angestellten hätten aber alle direkt wieder Arbeit bei Kollegen oder Kunden gefunden.

Unsere Familien haben immer auf uns gewartet
Frank und Ralf Zirener

Der Fachkräftemangel habe auch ihrem Unternehmen in den vergangenen Jahren zugesetzt. „Dabei ist es einer der schönsten Berufe überhaupt, wenn man beispielsweise einen Setzling über zwanzig Jahre hinweg aufwachsen sieht“, konstatiert Ralf Zirener. Und Frank Zirener ergänzt: „Die viel gewollte Work-Life-Balance funktioniert in der Natur nicht.“ 65 Prozent der Arbeit falle im Frühjahr an, dann sei es Pflicht, jeden Samstag zu arbeiten. „In der Hauptsaison haben wir oft von 7 bis 22 Uhr gearbeitet, samstags dann bis mindestens 16 Uhr“, so die Brüder, „unsere Familien haben immer auf uns gewartet.“ 

Das Bild zeigt eine Luftaufnahme des alten Firmengeländes, die um 1980 entstanden ist.

Um 1980 entstand diese Luftaufnahme des alten Standortes des Gartenbaubetriebs Zirener an der Bergstrasse.

Ende 2024 verkauften sie ihr Grundstück mit den Gebäuden an die Stadt Frechen. Sie plant, rund zehn Prozent der Fläche für die Einrichtung einer Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) für bis zu 300 Geflüchtete an das Land NRW zu verpachten. Der Rest soll als Ausgleichsfläche für Bauprojekte im Stadtgebiet verwendet werden.

Wenn man mit dem zweiten Blick einmal die Perspektive wechselt, kann man sich auch positiv damit auseinandersetzen, ohne Angstgefühl – mit positiven Gedanken kann man etwas bewirken
Frank Zirener zur Kritik an der ZUE

Die Aufregung und Proteste von Anwohnern und Kritikern der ZUE hat auch die Brüder Zirener bewegt, aber sie sind sicher: „Wir mussten lange darüber nachdenken, aber es war und ist die richtige Entscheidung, wir stehen dazu, wir sind mit uns im Reinen. Wir wollen dazu beitragen, dass die Sporthallen wieder frei werden können, das war für uns ausschlaggebend. Zudem entlastet die ZUE die Stadt Frechen ja um 300 Plätze bei der Unterbringung.“ Auch gute Freunde würden ihren Entschluss bekräftigen.

Wenn einem Bomben auf den Kopf fallen, ist man froh, wenn dir jemand hilft, uns geht es doch so gut
Ralf Zirener zur Kritik an der ZUE

Bedenken gegen die ZUE könnten sie zwar verstehen, aber:  „Wenn man mit dem zweiten Blick einmal die Perspektive wechselt, kann man sich auch positiv damit auseinandersetzen, ohne Angstgefühl – mit positiven Gedanken kann man etwas bewirken“, so der 59-jährige Frank Zirener. „Wenn einem Bomben auf den Kopf fallen, ist man froh, wenn dir jemand hilft, uns geht es doch so gut“, ergänzt sein Bruder.

Es habe Personen gegeben, die einen sechsstellig höheren Betrag für das Grundstück geboten hätten, aber sie hätten sich der mündlichen Absprache mit der Stadt verpflichtet gefühlt.„ Wir sind Kaufleute, das Wort zählt, so hat es uns unser Vater beigebracht“, so die Brüder Zirener.

Frechen: Die ehemaligen Betriebsgrundstücke sollen an einen Landwirt verpachtet werden

Die Pflanzen auf ihren Grundstücken entlang der Aachener Straße am Randkanal sowie auf den Feldern in Geyen und Dansweiler will Ralf Zirener noch weiter pflegen und im Herbst an Kollegen verkaufen. „Da bin ich zu sehr Gärtner, ich könnte die nie vernichten“, sagt er. Später sollen diese Grundstücke mit rund zehn Hektar an einen Landwirt verpachtet werden.

Restbestände wird die Stadt Frechen ankaufen

Auch die Bäume und Pflanzen auf dem Firmengelände sollen so weit möglich verkauft werden. „Wir haben hier noch einige botanische Schätze wie beispielsweise japanische Ahorne, die Kollegen fragen schon an. Restbestände wird die Stadt Frechen ankaufen und im Stadtgebiet anpflanzen“, berichten die beiden Königsdorfer. 

Einige Maschinen sind schon verkauft, Spezialgeräte sogar bis nach Ungarn, einige bleiben noch bis zum Schluss der Tätigkeit und sollen dann an Kollegen verkauft werden. Die Gewächshäuser sind größtenteils schon leer und abgebaut, die Verkaufsflächen bis auf einige wenige Artikel und Pflanzen freigeräumt. 

Auf dem Bild ist ein leeres Gewächshaus zu sehen.

Die Gewächshäuser sind schon leer geräumt und sollen noch abgebaut werden.

Auf die Firmengebäude und die beiden großen Hallen blicken die Brüder mit etwas Wehmut. Sie sollen abgebrochen werden, damit die Wohncontainer für die Geflüchteten aufgebaut werden können. Hinter dem Gebäude stehen einige schöne große Bäume. „Da habe ich mir zusichern lassen, dass die stehenbleiben“, so Ralf Zirener, „darunter können ja Bänke gestellt werden.“

Auf dem Bild ist ein Teil des Zirener-Grundstücks mit Bäumen und dem Bürogebäude zu sehen.

Die Bürogebäude von Zirener sollen abgebrochen werden. Die Bäume auf dem Grundstück sollen stehen bleiben. Dies habe er sich zusichern lassen, so Ralf Zirener.

„Wir können hier morgen den Stecker ziehen, hier haben wir nur noch, was wir zum täglichen Arbeiten brauchen“, bestätigt auch Frank Zirener. In einem Haus auf dem alten Firmengelände in Königsdorf haben sich die zwei bereits ein Büro eingerichtet. 

Weggeben müssen sie nicht nur die Gewächshäuser, Schwerlastregale, Bodenplatten, sondern auch Büromöbel wie Konferenz- und Schreibtische von namhaften Herstellern. „Ich wundere mich, wie gering die Nachfrage dafür auf Online-Portalen ist“, merkt Frank Zirener an. 

Auf dem Bild sind zwei Hallen auf dem Gelände des Unternehmens zu sehen.

Auch die beiden Hallen auf dem Gelände sollen abgebrochen werden.

Bis Ende des Jahres werden die Brüder mit der Unterstützung der Familie und Freunden auf dem Gelände noch aufräumen und abbauen. Für die Zeit danach haben sie bereits Pläne: „Ich habe keine Angst davor, ich werde mir mit meiner Frau endlich mal all das anschauen, wofür sonst keine Zeit war. Auch mit dem eigenen Garten will ich mich beschäftigen, es gibt genug zu tun“, so Ralf Zirener.

Er ist zudem noch aktiv im Vorstand des nordrhein-westfälischen Baumschulverbands tätig und wurde kürzlich für drei Jahre wieder gewählt. Auch die Landesgartenschau in Neuss in 2026 organisiert der Königsdorfer mit. „Allerdings hatte ich auch schon fünf Stellenangebote von Kollegen“, schmunzelt er.

Auch Frank Zirener blickt optimistisch in die Zukunft, er hofft, den Betrieb bis Mitte 2026 abgewickelt zu haben: „Mit dem ständigen Mehraufwand an Bürokratie wurde der Betrieb ja auch nicht einfacher. Ein bisschen mehr freie Zeit wird schön, das Leben wird sich weiter drehen.“


Die Geschichte der Baum- und Rosenschule Zirener

1894 gründete die Familie Zumpe in Neufreimersdorf eine Baumschule. Waltraud und Heinz Zirener, die Eltern von Frank und Ralf Zirener, übernahmen den Betrieb 1968, erweiterten und modernisierten ihn stetig. 1979 begann Sohn Ralf seine Ausbildung im Familienbetrieb.

1986 wurde der Großhandel und die Produktion von Bodendeckern von der Bergstraße an den neuen Standort an der Alten Aachener Straße in Königsdorf verlagert. Eine Lager- und Versandhalle sowie Foliengewächshäuser wurden gebaut.

1991 stieg Sohn Frank in den Betrieb ein, die Brüder übernahmen 1996 die Leitung der Baumschule. 2004 wurde das alte Gelände zu klein und die „Zirener Baum- und Rosenschule“ zog komplett auf das heutige, nun ehemalige, Betriebsgelände.

Als Höhepunkte ihrer Tätigkeit sehen die Brüder unter anderem die Produktion von 700 Dachplatanen für die Neugestaltung der Düsseldorfer Rheinpromenade sowie die Teilnahme an der Bundesgartenschau Dortmund, die Auszeichnung mit verschiedenen Medaillen, die Belieferung von Golfplätzen in der Region, die Lieferung von 70 Kaiserlinden aus eigener Produktion für die Lindenallee am Schloss Frens und vor allem: die langjährige gute Zusammenarbeit mit Mitarbeitern, Kollegen und Kunden. (aj)