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Große AnteilnahmeAvins Tod versetzt Hürth in Schockstarre

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Die zehnjährige Avin ist bei einem Verkehrsunfall in Hürth ums Leben gekommen. Das Foto zeigt sie auf dem Herkules-Monument in Kassel.

Die zehnjährige Avin ist bei einem Verkehrsunfall in Hürth ums Leben gekommen. Das Foto zeigt sie auf dem Herkules-Monument in Kassel.

Auch weil die Eltern der Zehnjährigen entschieden haben, die Organe ihrer Tochter zu spenden, lässt der Tod des Mädchens niemanden unberührt.

Die E-Mail, die unsere Redaktion in dieser Woche erreicht hat, konnte niemanden unberührt lassen. Der Absender: der Vater der zehnjährigen Schülerin, die am 4. Juni bei einem verhängnisvollen Verkehrsunfall in Hürth vom Wagen eines 20-Jährigen erfasst worden und zwei Tage später ihren schweren Verletzungen erlegen war.

Darin schreibt er unter anderem: „Ich möchte Sie höflich darum bitten, in Ihrer Berichterstattung auch auf einen sehr wichtigen Aspekt hinzuweisen, der uns als Familie besonders am Herzen liegt: Avin war Organspenderin.“ Und weiter: „Durch diese mutige und selbstlose Entscheidung konnte sie mehreren Menschen das Leben retten oder ihre Lebensqualität erheblich verbessern. Es wäre uns als Familie ein tiefes Bedürfnis, wenn auch dieser Teil ihrer Geschichte in der Öffentlichkeit Gehör findet – als Zeichen der Hoffnung, Menschlichkeit und Erinnerung an ein junges Leben, das viel zu früh endete, aber dennoch weiterwirkt.“

Hürth: Avin ist tot, aber andere Kinder haben die Hoffnung zu leben

Beim Lesen dieser Zeilen läuft mir auch jetzt noch ein eiskalter Schauer den Rücken herunter, scheint die Zeit stillzustehen. Und das, was vermeintlich wichtig oder ärgerlich erscheint, ist auf einmal klein und nebensächlich.

Selbstverständlich sind wir dem Wunsch von Avins Familie gefolgt und haben diesen Aspekt in unsere Berichterstattung aufgenommen: Durch die Organe des gestorbenen zehnjährigen Mädchens, das nach den Sommerferien eine weiterführende Schule besucht hätte und das ihr ganzes Leben noch vor sich hatte, haben andere Kinder die Aussicht darauf zu leben beziehungsweise geheilt zu werden. Avins Herz schlägt mittlerweile in der Brust eines sechs Jahre alten Mädchens – während   Avins Familie heute Abschied nimmt.

Trotz all des Schmerzes über den Verlust ihrer Tochter haben Avins Eltern der Organentnahme zugestimmt. Und bei all ihrer Trauer finden sie die Kraft, andere – uns alle – aufzufordern, es Avin gleichzutun: im Todesfall einer Organspende zuzustimmen, damit ein anderes Leben, oder auch mehrere, Fortbestand haben. Ihr Vater sagt:     „Genau am Tag der Organspende wurden die Organe unserer geliebten Avin gespendet – ein tief bewegender Zufall, der sie zu einem stillen Symbol für Hoffnung, Menschlichkeit und neues Leben gemacht hat.“

Das war am vergangenen Samstag. Es sei sein   inniger Wunsch, dass mehr Menschen davon erfahren und erkennen, wie kraftvoll eine Organspende sein könne. Er sagt: „Auch wenn man das Liebste verliert, kann man durch diese selbstlose Entscheidung anderen das Wertvollste schenken: das Leben.“

So viele Menschen haben an der Unfallstelle Blumen, Kerzen und Stofftiere niedergelegt, dass sie alle gar nicht mehr auf die Verkehrsinsel gepasst hätten. Die Gedenkstätte wurde deswegen an den Straßenrand verlegt.

So viele Menschen haben an der Unfallstelle Blumen, Kerzen und Stofftiere niedergelegt, dass sie alle gar nicht mehr auf die Verkehrsinsel gepasst hätten. Die Gedenkstätte wurde deswegen an den Straßenrand verlegt.

Avins Tod und das Bangen um das Leben des Schulbetreuers, der am 4. Juni die Kinder von der Carl-Orff-Grundschule zum nahe gelegenen Sportplatz begleiten wollte, haben Hürth in eine Schockstarre versetzt. Auch zehn Tage nach den schrecklichen Geschehnissen sind der schwere Verkehrsunfall und seine Folgen immer noch ein Thema: am Arbeitsplatz, in vielen Familien, in Kommentaren und Beleidsbekundungen in sozialen Netzwerken und natürlich in der Schulgemeinde. Sie hat in dieser Woche in der Pfarrkirche St. Maria am Brunnen in Alstädten/Burbach Abschied von der Zehnjährigen genommen.

Das Bedürfnis, gemeinsam zu trauern und zu versuchen, das Unbegreifliche zu verstehen, ist in diesen Tagen in Hürth an vielen Orten deutlich zu spüren.

Die Verantwortlichen im Hürther Rathaus und in den Kirchen täten gut daran, der Trauer einen Raum zu geben, beispielsweise bei einem ökumenischen Gottesdienst.

Avin würde sicher zuschauen.