KinderbetreuungTagesmütter in Hürth fordern mehr Geld und bessere Arbeitsbedingungen

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Eine Gruppe von Frauen mit zwei Protestplakaten auf den Zuschauerplätzen im Deutschordensaal des Bürgerhauses.

Für bessere Arbeitsbedingungen demonstrierten Tagesmütter bei der Sitzung des Jugendhilfeausschusses.

Ohne Tagesmütter könnte die Stadt den Rechtsanspruch auf U3-Betreuung kaum sicherstellen. Das Jugendamt rechnet mit mehr Betreuungsbedarf.

Zu Wort kamen sie in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses nicht, und so drückten Kindertagesmütter auf den Zuschauerplätzen im Deutschordenssaal des Bürgerhauses ihren stummen Protest gegen die Arbeitsbedingungen auf Plakaten aus.

Die Tagespflegepersonen, die formal selbstständig arbeiten, beklagen eine Bezahlung auf Mindestlohnniveau, auch bei den bezahlten Krankheits- und Urlaubstagen lägen die Hürther im kreisweiten Vergleich ganz hinten.

Hürther Tagesmütter klagen: Leben am Existenzminimum

„Viele Kindertagespflegepersonen leben mittlerweile am Existenzminimum“, sagt Inga Hilbk-Salverius, Vorsitzende des Vereins Kindertagespflege Hürth. Weil die Bezahlung schlecht sei, überlegten Tagesmütter – auch sie selbst –, aus der Kindertagespflege auszusteigen.

Andere nähmen nur noch Kinder aus Nachbarkommunen auf, die besser bezahlten. Auch mit einer Online-Petition sucht der Verein Unterstützer für seine Forderungen: mehr Geld, höhere Sachkostenerstattung sowie 30 bezahlte Urlaubs- und 30 Krankheitstage.

Stadt Hürth weißt die Vorwürf zurück

In einem Schreiben an die Ratsfraktionen als Reaktion auf die Proteste bestreitet die Stadtverwaltung, dass die Tagesmütter in Hürth deutlich schlechter gestellt seien als in Nachbarstädten. Die Rahmenbedingungen seien in den Kommunen sehr unterschiedlich. „Daher ist ein Vergleich der Förderleistungen schwierig“, heißt es in dem Schreiben des Ersten Beigeordneten Jens Menzel.

Menzel verweist darauf, dass die Bedingungen bereits verbessert worden seien. So seien etwa Energiekostenzuschüsse und zusätzliche bezahlte Krankheitstage gewährt worden. Außerdem sei eine jährliche Steigerung der Bezahlung um 1,5 Prozent beschlossen worden.

Hürther CDU verweist auf Verbesserungen

Darauf verweist auch die stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Gudrun Baer. „Wir haben in Abstimmung mit den Tagespflegepersonen das Entgelt mit einer Dynamisierung erhöht. Zudem wurden sieben Forderungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen umgesetzt“, so die Christdemokratin.

Baer: „Dass in Folge der allgemein steigenden Kosten eine erneute Anpassung gewünscht ist, werden wir in den Beratungen zum Haushalt berücksichtigen, können aber aufgrund der angespannten Haushaltslage nichts zusagen.“

Hürth braucht die Tagesmütter, um den Rechtsanspruch zu erfüllen

Klar ist, dass Hürth den Rechtsanspruch auf U3-Betreuung ohne die Tagesmütter kaum erfüllen könnte. Das machen die Zahlen aus dem Kita-Bedarfsplan deutlich, über den der Ausschuss beriet. In den 35 Kitas gibt es 650 U3-Plätze, dazu kommen 164 in der Tagespflege.

Bei den ein- bis dreijährigen Kindern, für die der Rechtsanspruch gilt, kommt Hürth rechnerisch auf eine ausreichende Versorgungsquote von 62 Prozent. Für ein- und zweijährige Kinder fehlen allerdings Betreuungsplätze.

SPD fordert finanzielle Besserstellung der Tagesmütter in Hürth

„Es ist offensichtlich, dass die gute Versorgungsquote im U3-Bereich nur durch das Engagement der Kindertagespflegepersonen gewährleistet wird“, sagt SPD-Ratsfrau Katrin Härtl. „Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir sie finanziell besser stellen.“

An Kita-Plätzen für drei- bis sechsjährige Kinder besteht in Hürth stadtweit derzeit kein Mangel. Insgesamt gibt es in Hürth rund 2500 Betreuungsplätze in den 35 Kitas. Das Jugendamt rechnet aber auch durch die beiden Neubaugebiete am alten Rangierbahnhof in Hermülheim und am Waldfrieden in Gleuel mit wachsendem Betreuungsbedarf, gerade im U3-Bereich.

Hürther Jugendamt rechnet mit steigendem Betreuungsbedarf

Im Studentendorf in Efferen und am Rangierbahnhof in Hermülheim sind deshalb zwei große Kitas geplant. Die SPD bezweifelt aber, dass sie wirklich kommen. Deshalb müsse über eine Erweiterung bestehender Kitas, aber auch der Kindertagespflege nachgedacht werden, meint SPD-Ratsfrau Silvia Lemmer.

„Die Versorgungsquoten in unserer Stadt sind konstant gut“, sagt Peter Zylajew, familienpolitischer Sprecher der CDU. „Die Investitionen in Neubau und Erweiterung von Einrichtungen in den vergangenen zehn Jahren zahlen sich aus.“

Ein Problem bleibt laut Verwaltung der Fachkräftemangel, der immer häufiger zu zeitweisen Einschränkungen des Betreuungsangebots führe.

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