Steuerzahlerbund sammelt UnterschriftenHürther protestieren gegen Straßenbaubeiträge

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Auch aus der Burgstraße in Gleuel gab es Proteste gegen Anliegerbeiträge. Dort werden Kanal und Fahrbahn erneuert.

Auch aus der Burgstraße in Gleuel gab es Proteste gegen Anliegerbeiträge. Dort werden Kanal und Fahrbahn erneuert.

Hürth – Jede Menge Unterschriften konnte der Bund der Steuerzahler NRW am Mittwoch in Hürth für seine Volksinitiative zur Abschaffung der Straßenbaubeiträge sammeln. Mit einem Infostand hatte sich der Steuerzahlerbund in der Mozartstraße in Efferen postiert. Die Straße wird derzeit ausgebaut, die Anwohner rechnen damit, dass sie mit Beträgen in teils fünfstelliger Höhe an den Kosten beteiligt werden.

„Wir stellen uns nicht auf die Marktplätze, sondern gehen dahin, wo die Betroffenen wohnen“, sagt Jens Ammann, Projektleiter öffentliche Finanzen beim Bund der Steuerzahler in Nordrhein-Westfalen. 340.000 Menschen haben sich bereits in die Listen eingetragen. Das ist ein Vielfaches der 66.000 Unterschriften, die erforderlich sind, damit sich der Landtag mit der Forderung der Volksinitiative befassen muss: die Abschaffung der Anliegerbeteiligung.

Jens Ammann vom Bund der Steuerzahler hält die Straßenbaubeiträge für antiquiert und ungerecht. „Dass es sie gibt, hat historische Ursachen“, so Ammann. Beim Kommunalabgabengesetz werde davon ausgegangen, dass die Anlieger vom Ausbau der Straße vor ihrer Haustür einen wirtschaftlichen Vorteil hätten. „Worin liegt der wirtschaftliche Vorteil einer Straße, und wie bemisst er sich?“, fragt der Experte. Er verweist darauf, dass der Ausbau oft sogar gegen den Willen der Anlieger erfolge.

Stadtwerkechef räumt ein, dass es Härtefälle gibt

Auf der anderen Seite sei die Belastung durch die Straßenbaubeiträge hoch. In manchen Fällen seien sie existenzbedrohend, sagt Ammann. Günter Undorf vom Hürther Seniorenbeirat fügt hinzu, dass gerade ältere Menschen mit kleinen Renten besonders betroffen seien. Er weiß von Fällen zu berichten, in denen Senioren ihr Haus verkaufen und wegziehen mussten.

Aus diesem Grund trugen sich auch Roland Hermes und Heidrun Walter in die Liste ein. Sie bewohnen ein Haus auf der Mozartstraße, das Walters Mutter 1958 gebaut hat. Beide machen sich Sorgen, dass sie die Anliegerbeiträge nicht stemmen können. „Als Rentner bekommt man doch keinen Kredit mehr“, fürchtet Roland Hermes.

Viele Hürther forderten einen Verzicht auf die Straßenbaubeiträge und trugen sich am Mittwoch in die Liste des Steuerzahlerbunds ein.

Viele Hürther forderten einen Verzicht auf die Straßenbaubeiträge und trugen sich am Mittwoch in die Liste des Steuerzahlerbunds ein.

Wie hoch die Kosten für die einzelnen Anwohner in der Mozart- und der benachbarten Beethovenstraße sein werden, kann Stadtwerkevorstand und Stadtkämmerer Dr. Dirk Holger Ahrens-Salzsieder noch nicht sagen. Laut Wirtschaftsplan schlagen die Kanal- und Straßenbauarbeiten mit 1,3 Millionen Euro zu Buche. Etwa 580.000 Euro davon seien umlagefähig. Mit der Abrechnung sei aber erst 2023 zu rechnen.

Grundsätzlich hält Ahrens-Salzsieder die Anliegerbeiträge für sinnvoll. „Wenn sie wegfallen, müsste der Straßenausbau anders finanziert werden, nämlich aus Steuermitteln.“ Er wirft dem Steuerzahlerbund vor, einem „Steuererhöhungsmodell für die Kommunen“ das Wort zu reden. Der Stadtwerkechef fürchtet darüber hinaus, dass viele Bürger einen Ausbau ihrer Straße fordern würden, wenn sie sich an den Kosten nicht mehr beteiligen müssten. Er räumt aber ein, dass es Härtefälle gebe. „Dafür muss man Regelungen finden“, so Ahrens-Salzsieder.

Der SPD-Politiker Klaus Lennartz fordert die Stadt indes auf, die Erhebung von Straßenbaubeiträgen sofort auszusetzen und nicht auf eine Reform im Land zu warten. 5,2 Millionen Euro habe die Stadt seit 2014 bei Haus- und Grundstückseigentümern kassiert. Der Aufwand sei unverhältnismäßig hoch, auch, weil viele Beitragsabrechnungen vor Gericht landeten.

Reform

Das Land NRW schreibt nach aktueller Rechtslage die Erhebung von Straßenbaubeiträgen vor. Anlieger müssen sich an den Kosten beteiligen, wenn Straßen, Geh- und Radwege sowie Beleuchtung verbessert werden. Über den Anteil entscheidet die Kommune.

Der Landtag will die Beiträge mehrheitlich reformieren, aber wohl nicht ganz abschaffen. Die SPD ist für den Verzicht – wie der Steuerzahlerbund.

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