Mit vielen feinen StichenHürtherin ist Karnevalsstickerin für Kostüme, Kappen und mehr

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Rebecca Wolf zeigt eine Stickdatei auf ihrem Bildschirm. Der fertige Clown besteht aus 59.775 Stichen.

Rebecca Wolf zeigt eine Stickdatei auf ihrem Bildschirm. Der fertige Clown besteht aus 59.775 Stichen.

Angefangen hat alles vor rund 15 Jahren in ihrem eigenen Keller. Mittlerweile betreibt Rebecca Wolf ihr eigenes Atelier in Hürth.

Leise rattern die Apparate. Das gleichmäßige Geräusch der Industriestickmaschinen erfüllt den Raum im hinteren Bereich des Ladenlokals an der Grippekovener Straße, in dem Rebecca Wolf ihr „Creative Studio“ betreibt. Auf den Punkt genau arbeiten die Maschinen ab, womit die 44-jährige Stickerin sie zuvor am Rechner beauftragt hat.

In feinen und ebenen Stichen entstehen so wie von Geisterhand gesteuert goldene Schnörkel auf Ornaten und Narrenkappen, farbige Schriftzüge auf Schals und T-Shirts, Firmenlogos auf Kleidungsstücken, sogar auf Unterhosen. Handtücher werden mit Vor- und Nachnamen versehen, zuweilen entstehen echte Kunstwerke, nämlich Darstellungen von Haustieren und liebgewonnenen Menschen. Dazu muss Wolf zuvor eine entsprechende Fotodatei auf eine Stickdatei übertragen. Auch das funktioniert digital am Computer.

Moderne Software hilft Rebecca Wolf

Per Mausklick erhalten die Stickmaschinen dann ihre Aufgaben. „Dank der modernen Software sind die Gestaltungsmöglichkeiten heute fast unbegrenzt“, erklärt die Geschäftsfrau. Zu beachten sei immer die Qualität und die Art des zu bestickenden Gewebes. „Jeder Stoff will einen anderen Aufbau der Stickdatei“, erklärt sie. Zwischen dem leeren Blatt und der fertigen Stickerei liegen bis zu 25 Arbeitsschritte.

Handarbeit ist erforderlich, um letzte Stickfäden abzuschneiden.

Handarbeit ist trotzdem noch in hohem Maß erforderlich, um letzte Stickfäden abzuschneiden und um die Qualitäten der Stickereien zu prüfen.

Dazu gehören unter anderem das Vorbereiten der Stickmaschine mit den entsprechenden Fäden und das Programmieren der Stickdatei. Oft arbeitet Wolf auch mit Schneiderwerkstätten zusammen. Mit Susanne Wade, einer Kölner Hutmacherin, entwirft und produziert sie Narrenkappen auf individuelle Kundenwünsche.

Unvergessen bleibt ihr der Auftrag eines Schneiders, der ein maßangefertigtes Kleid mit Pfauenfedern und -vögeln bestickt haben wollte – insgesamt mehr als 180.000 Stiche. „Das war damals auch für mich eine Herausforderung“, sagt Rebecca Wolf. Ganz individuell, mitunter mit dem Familienwappen, bestickt sie auch Taufkleider, und für die kirchliche Trauung eines Paares hat sie im Auftrag der Trauzeugen auch schon das Motiv der Einladungskarte auf dem aus Stoffresten des Brautkleids geschaffenen Ringkissen verewigt.

Kreativität war in der Pandemie gefragt

Zu ihren Kunden gehören Privatleute, Vereine, Clubs und Firmen, aber auch große Karnevalsgesellschaften, für die sie die Uniformen, Zubehör und neue Standarten mit bis zu 345.000 Stichen bestickt. „Wir haben hier im Atelier an 365 Tagen im Jahr immer ein bisschen Karneval“, berichtet sie.

Vier industrielle Stickmaschinen rattern im Atelier in Gleuel.

Insgesamt knattern vier industrielle Stickmaschinen im Atelier in Hürth-Gleuel.

Vor drei Jahren ist sie in ihr jetzt 330 Quadratmeter großes Atelier gezogen: „Und dann kam Corona.“ Von einem auf den anderen Tag sei die Auftragslage eingebrochen. „Um überhaupt überleben zu können, haben wir Gesichtsmasken genäht und mit Logos, Namen und Emblemen bestickt“, erinnert sie sich. Tausende Masken seien es gewesen – alle aus Tuch, bis die Regierung die FFP2-Masken zur Pflicht machte. Wieder brach der Umsatz weg – und Wolf bangte ums Überleben. Damals habe sie vier ihrer insgesamt sechs Mitarbeiterin entlassen müssen. Unternehmerin wurde die Hürtherin erst in ihrem zweiten Berufsleben.

Anfänge im eigenen Keller

Zunächst machte sie eine Ausbildung zur Bürokauffrau. Schon als Kind hatte sie jedoch auch Freude an Handarbeiten, am Nähen und Sticken. So machte sie 2007 ihr Hobby zum Beruf. Im Keller ihres Hauses begann sie damit, erste kleine Stickaufträge umzusetzen, damals noch mit einer modernen Näh- und Stickmaschine.

Ihre erste Industriemaschine kaufte sie 2010. Mit zwei dieser Profi-Maschinen zog sie 2016 in ein etwa 60 Quadratmeter großes Atelier. Das Geschäft boomte, schnell waren die neu angemieteten Räume zu klein. Mit dem Umzug an die Grippekovener Straße auf 330 Quadratmeter wurden dann das Team vergrößert und die Stickmaschinen verdoppelt.

Heute rattern vier industrielle Stickmaschinen im Atelier. Der Raum bietet viel Platz, auch für alle anderen anfallenden Arbeiten und für weitere Mitarbeiter. Die Auftragslage beschreibt die Unternehmerin als gut. „Es ist an der Zeit, das Team wieder zu vergrößern“, sagt sie.

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