MordprozessSo soll Martin B. aus Hürth drei Frauen heimtückisch vergiftet haben

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Ein 42-Jähriger aus Hürth soll drei Frauen das Schwermetall Thallium verabreicht haben.

Köln/Hürth – Er gab den liebevollen Partner für die Lebensgefährtin, den fürsorglichen Familienvater für die noch ungeborene Tochter – doch in Wirklichkeit soll er längst geplant haben, seine schwangere Freundin zu töten. Wie schon zuvor deren Großmutter und seine zweite Ehefrau. Der gelernte Krankenpfleger soll die Frauen mit dem Schwermetall Thallium vergiftet haben.

Nur die schwangere Freundin überlebte den Giftanschlag. Das Baby starb vier Monate nach der Geburt. Seit Montag wird dem mutmaßlichen Serienmörder vor einer Schwurgerichtskammer des Kölner Landgerichts der Prozess gemacht, Ende Januar 2023 soll das Urteil fallen.

Zwei Monate nach dem Tod seiner Frau scheinbar unbeschwert am Strand

Die Staatsanwaltschaft spricht von zweifachem Mord, einem versuchten Mord und versuchtem Schwangerschaftsabbruch, die Sicherungsverwahrung hat sie bereits beantragt. Als Mordmerkmale nimmt der Ankläger Heimtücke und Grausamkeit an und nennt den Krankenpfleger einen „Hangtäter“, der zu Wiederholungstaten neige.

Auf Facebook präsentiert sich Martin B. (41, alle Namen geändert) stets mit einem Lächeln, als Kumpel von nebenan, mit dem man gern ein Bier trinken geht. Offener Blick, hohe Stirn, Kurzhaarschnitt, ein Allerweltsgesicht. Auf einem Urlaubsfoto an der Nordsee steht er breitbeinig am Strand, umgeben von Dünen, reckt die Arme gen Himmel und scheint sich des Lebens zu freuen. Da ist seine zweite Frau Britta nach einem qualvollen Sterbeprozess, für den er allein verantwortlich sein soll, gerade mal zwei Monate tot.

Mutmaßlicher Mord in Hürth: Angeklagter wird weiter schweigen

Fast zehn Monate Untersuchungshaft haben Spuren hinterlassen. B. scheint um Jahre gealtert, ist kaum wiederzuerkennen, als er mit selbstbewusster Haltung den Saal betritt: Schulterlange, streng nach hinten gegelte graue Haare, Bart und einige Kilos mehr nimmt der Angeklagte zwischen seinen beiden Verteidigern Platz. Name, Geburtsdatum, Anschrift – das war‘s auch schon. B. wird weiter schweigen, lässt er über seine Verteidiger wissen, und folgt konzentriert der vom Ankläger verlesenen Anklageschrift, die er ebenfalls in den Händen hält.

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Der Angeklagte soll drei Frauen mit Thallium vergiftet haben.

Nach Überzeugung des Staatsanwaltes hat Martin B. im Mai 2020 seine zweite Ehefrau Britta B. „plangemäß heimlich mit dem Gift getötet“. Im Krankenhaus klagte die Gymnasiallehrerin über Schmerzen am ganzen Körper, Lähmungserscheinungen an Armen und Beinen. Die 35-Jährige hatte Artikulationsprobleme, eine Augenlid- und Gesichtslähmung und musste künstlich beatmet werden. Sie starb zwei Wochen später, ohne das Bewusstsein wiederzuerlangen. Während des Krankenhausaufenthalts kümmerte sich der Ehemann scheinbar rührend um sie, trug sie zur Toilette, füttere die Schwerkranke, wich nicht von ihrer Seite. Die Ärzte schöpften keinen Verdacht.

Mutter seiner Partnerin schrie zum Schluss vor Schmerzen

Nur vier Monate nach ihrem Tod suchte Martin B. im Internet eine neue Partnerin, traf auf Theres S., ebenfalls Gymnasiallehrerin (37), die sich sehnlichst ein Kind wünschte, aber keinen Partner wollte. Die beiden verliebten sich überraschend, bereits im November 2020 zog Martin B. bei der Pädagogin ein. Und hatte es nach Meinung des Staatsanwaltes auf das Haus der Großmutter von Theres S. abgesehen, das diese erben sollte.

„Aus der Vortat hatte er genaue Kenntnis über den Leidensweg seines ersten Opfers und setzte in gefühlloser Gesinnung seinen Tatplan um“, so die Anklage. Die 92-jährige Seniorin, bei der die Ärzte einen „altersbedingten Sterbeprozess“ annahmen, schrie zum Schluss vor Schmerzen, selbst die vom Notarzt verabreichten Opiate wie „Morphium und Novalgin zeigten keine Wirkung“.

Auch gegenüber Theres S. entschied sich Martin B. laut Anklage in „kalter Gesinnung, seinem Opfer das Gift zu verabreichen“. Wohl wissend, dass sie sein Kind erwartete. In der 15. Woche schwanger, wurde Theres S. mit identischem Krankheitsbild der verstorbenen zweiten Ehefrau im November in die Düsseldorfer Universitätsklinik eingeliefert. Ein für Martin B. sowohl verhängnisvoller wie schicksalhafter Zufall. Denn diesmal reagierten die Ärzte prompt – sie schalten die Polizei ein, wie schon zuvor die Mutter von Theres S.: Sie hatte die qualvollen Schilderungen ihres Schwiegersohns in spe über die Erkrankung seiner zweiten Frau noch im Ohr.

Bei seiner Verhaftung wies Martin B. die Vorwürfe empört von sich und schweigt inzwischen auf Anraten seiner Anwälte. Das Motiv für die grausamen Taten bleibt weiterhin unklar. „Es wird wohl für immer ein Rätsel bleiben“, prognostizieren Prozessbeteiligte schon jetzt.

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