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Pariser FlairSo vielfältig war das Angebot auf dem Trödelmarkt in Kerpen

Lesezeit 3 Minuten
Zu sehen sind Holger und Niki Braje sowie ihre Kinder Lilly und Tom, die einen Stand auf dem Kerpener Trödelmarkt aufgebaut hatten.

Für Holger und Niki Braje und ihre Kinder Lilly und Tom war das Trödeln auf dem Kerpener Flohmarkt ein Spaß für die ganze Familie.

Rund 600 Anbieter und Gastronomen verwandelten die Kerpener Innenstadt erneut in einen bunten Markt.

„Meine Lieblingspuppen habe ich natürlich zu Hause gelassen. Die würde ich doch niemals verkaufen“, erklärt die elfjährige Lilly unmissverständlich und deutet dann auf das vor ihr ausgebreitete Sammelsurium aus Kinderspielzeug aller Art, „diese ganzen alten Sachen hier, mit denen mein Bruder Tom und ich sowieso nicht mehr spielen, können ruhig weg. Wir brauchen schließlich auch Geld für unsere Spardosen.“

Am Nebentisch auf dem Pausenhof der Hauptschule bieten die Eltern Holger und Niki Braje derweil ausgediente Vasen, Glaskaraffen und Kerzenständer feil. Dabei geht es dem jungen Familienvater aus Sindorf allerdings nicht so sehr ums liebe Geld: „Wichtiger ist uns, mal wieder etwas Platz im Haus zu schaffen. Es ist ja unglaublich, was sich da mit den Jahren so alles ansammelt. Vor allem aber ist das Handeln auf Trödelmärkten für uns so eine Art Familienhobby geworden. Und hier in Kerpen macht es besonders viel Spaß.“

600 Anbieter bauten ihre Stände in der Innenstadt auf

Die Brajes gehörten zu den rund 600 Anbieterinnen und Anbietern, die am Sonntag dafür sorgten, dass sich die fast gesamte Innenstadt wieder in einen riesigen Flohmarkt mit Pariser Flair verwandelte. Viele Privatleute hatten Hobbykeller, Dachkammern, Kleiderschränke und Kinderzimmer nach gut erhaltenen Sachen durchsucht, die andere vielleicht noch brauchen können. Einige Kerpener Vereine sorgten derweil für leckere Verpflegung; die Kirchengemeinden öffneten ihre beliebten Trödelcafés. Aber auch professionelle Antikhändlerinnen und -händler mit erlesenen kunsthandwerklichen Sortimenten und begehrten Sammlerstücken von urigen Grammophonen bis hin zu historischen Standuhren waren mit von der kunterbunten Partie.

„Die Mischung macht's“, weiß Bruno Deutzmann, „dass neben den Profis hier ganz viele Menschen einfach nur aus Spaß am Miteinander mitmachen, gibt dem Kerpener Trödelmarkt seine besondere Atmosphäre. Zudem punktet der Markt mit seiner über 50-jährigen Tradition und mit einer gewissen Exklusivität, weil er eben nur einmal im Jahr stattfindet.“

Deutzmann kennt sich in der Szene bestens aus; seit über 40 Jahren organisiert er mit seinem Unternehmen Cölln Konzept überall im Rheinland große Floh- und Antikmärkte. In Kerpen ist er seit rund 15 Jahren im Auftrag der Aktionsgemeinschaft Kolpingstadt am Start und weiß, was die Kundschaft mag. „Ein ansprechendes, geschickt übers ganze Gelände verteiltes kulinarisches Angebot und ein wenig Kirmesvergnügen dürfen nicht fehlen. Aber man muss vor allem darauf achten, dass Billigneuware aus Fernost nicht Überhand nimmt. Gut erhaltene Second-Hand-Sachen aller Art kommen viel besser an.“

Das Geschäft sei in jüngerer Zeit freilich nicht leichter geworden, räumt Deutzmann ein: „Die passionierten Händler der alten Schule, die mit ganz viel Leidenschaft und Fachkenntnis ihr spezielles Ding machen, sterben langsam aus und finden oft keine Nachfolger. Aber Liebhaberinnen und Liebhaber besonderer Sachen können hier immer noch gute Schnäppchen machen.“ 

Zu sehen ist ein Stand mit vielen Puppen.

Die Monschauer „Puppenmutter“ Karin Schaefer präsentierte auf dem Stiftsplatz die schönsten Exemplare aus ihrer stattlichen Sammlung.

Fündig wurden sie beispielsweise beim Ehepaar Heinicke, das mit einem großen Sortiment aus edlem Porzellangeschirr aus den 1950er- bis 1990er-Jahren eigens aus Kiel in die alte Heimat gekommen war. „Für diese zeitlos schönen, meist noch von Hand bemalten Sachen finden sich durchaus Interessierte, die Qualität zu schätzen wissen“, erklärt Doris Heinicke, „manche kaufen ganze Services, andere suchen gezielt nach bestimmten Einzelteilen, weil Stücke aus ihrer Sammlung verloren- oder kaputtgegangen sind.“

Auch Karin Schäfer aus der Eifel hatte ihren Stand mit wunderschönen Puppen aus der Zeit um 1900 auf dem Stiftsplatz aufgebaut, war allerdings ein bisschen enttäuscht: „Wir waren zuletzt vor zehn Jahren hier. Da war der Stiftsplatz noch fest in der Hand der Antikhändler. Heute prägen hier eher die Gastronomen das Bild.“ Das lag laut Bruno Deutzmann allerdings auch an den üblen Wetterprognosen. Wind und Regen kamen letztlich zwar längst nicht heftig wie angekündigt, hatten vor allem bei Anbietern von kostbarer und empfindlicher Ware im Vorfeld aber dennoch zu kurzfristigen Absagen und zu einigen Lücken in den Budengassen geführt.