Wie eine mutige Frau aus Frechen in eine Schlägerei eingriff und Zivilcourage zeigte. Opfer verlor durch Faustschläge gegen den Kopf zeitweise das Gedächtnis.
„Papa, du bist nicht mehr wie früher“59-jähriger Kellner wurde in Kerpen brutal zusammengeschlagen – Prozess

Ein Kellner, der von dem Angeklagten zusammengeschlagen worden sein soll, erlitt schwere Verletzungen.
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Keine Nacht hat der 59-jährige Kellner seit dem Überfall auf ihn am 29. August 2024 mehr durchgeschlafen. Immer wieder reißt ihn die quälende Frage aus der Ruhe, was an dem Tag in der Kerpener Bahnhofstraße passiert ist und warum. Denn der Angriff verursachte nicht nur ein Schädelhirntrauma, sondern auch einen Gedächtnisverlust.
„Ich weiß nur noch, dass ich auf dem Boden lag und eine Frau mich beruhigte, Rettungswagen und Polizei seien unterwegs“, erinnerte sich der Geschädigte am zweiten Verhandlungstag im Prozess gegen den 24-Jährigen, der von Mitte August bis Anfang September neun arglose Passanten in Bergheim und Kerpen überfallen und teils schwer verletzt hatte.
Richter dankte für das mutige Einschreiten der Frechenerin
Lob bekam die Zeugin von der 14. Großen Strafkammer und sogar dem Verteidiger des Angeklagten für ihren Einsatz. „Sie haben alles richtig gemacht. Vielen Dank für Ihre Zivilcourage“, sagte der Vorsitzende Richter Ralph Ernst. Die 44-jährige Frechenerin schilderte, wie kurz nachdem sie in ihr Auto eingestiegen war, ein Mann vorbeilief, dem ein zweiter folgte.
Plötzlich habe der hintere den vorderen zu Boden gerissen, sich auf seine Brust gekniet und ihm ins Gesicht geboxt. „Ich stieg aus dem Auto und schrie den Schläger an, er solle aufhören, woraufhin er Richtung Bahnhof geflohen ist“, berichtete die Zeugin. Das Opfer, um das sie sich anschließend kümmerte, sei bei Bewusstsein, aber verwirrt gewesen. Wenig später seien weitere Ersthelfer dazugekommen.
Ich weiß nur noch, dass ich auf dem Boden lag und eine Frau mich beruhigte, Rettungswagen und Polizei seien unterwegs
Die Platzwunden des Opfers am Kopf wurden im St.-Katharinen-Hospital in Frechen versorgt. Sechs Wochen lang war der Mann krankgeschrieben. Medikamente und Besuche bei Trauma-Therapeuten halfen nicht, ihm sein bisher unbeschwertes Leben zurückzugeben. „Papa, du bist nicht mehr wie früher“, sollen seine Kinder gesagt haben.
Im Gerichtssaal konnte die Augenzeugin den Angeklagten nicht zweifelsfrei als den Täter identifizieren. Er soll damals sehr kurze blonde Haare gehabt haben und mit einem rot-schwarz-karierten Hemd bekleidet gewesen sein. Ein anderer Zeuge, der zehn Tage zuvor am Bahnhof Quadrath-Ichendorf einen Schlag von hinten auf den Kopf bekommen haben will, kann sich nicht erklären, warum der ihm flüchtig bekannte Angeklagte erst einem kleinen glatzköpfigen Mann in den Nacken klatschte und dann ihm gegenüber aggressiv wurde. Bereits vor dem Angriff am 19. August soll der 24-Jährige bei Begegnungen auf der Straße übliche Begrüßungen zwischen Bekannten mit den Worten „nicht diskutieren“ abgewehrt haben.
Bis zur Festnahme übernachtete der Angeklagte auf der Couch in der Wohnung seines Vaters. Wohnungsangebote von Ämtern und berufsvorbereitende Maßnahmen lehnte der Bergheimer ab. An unerfüllte Auflagen aus Verurteilungen wegen Drogenhandel und einem Kiosk-Überfall will sich der Angeklagte größtenteils nicht erinnern. Der Prozess wird fortgesetzt.