In unserer Adventsserie werfen wir einen Blick in die Barbarakapelle, um deren Erhalt sich die 2010 gegründete Barbara-Stiftung kümmert.
Wir öffnen TürenSo sieht es in der barocken Barbarakapelle in Pulheim aus

Margret Zander-Maaß ermöglicht einen Blick in die Barbarakapelle. Im HIntergrund: der barocke Altar mit der Heiligen Barbara.
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Die Adventszeit: Sie hat etwas Magisches, etwas Besinnliches und auch noch etwas Geheimnisvolles. Es (sich) zu bewahren, wird nicht einfacher, aber es lohnt sich. Wir treten mit Ihnen bis Heiligabend durch geheimnisvolle Türen, die üblicherweise verschlossen oder für die nur wenige den Schlüssel haben. Wir blicken in die verborgenen Räume hinein und erzählen die Geschichten hinter ihren Türen. Heute: die Barbarakapelle in Pulheim.

Wir öffnen Türen im Advent, hinter denen Spannendes verborgen ist.
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Die Barbarakapelle an der Venloer Straße ist ein Hingucker. Abends setzt dezentes Licht den achtseitigen, weiß getünchten Backsteinbau mit dem Glockendach, der darüber befindlichen Haube und der Wetterfahne mit der Figur der Heiligen Barbara in Szene. „Die Barbarakapelle ist für Pulheim etwas ganz Besonderes, weil sie ein Bauwerk aus dem Barock ist. Und aus dieser Zeit haben wir außer dem barocken Prälaturgebäude in Brauweiler eigentlich nichts in unserer Stadt“, weiß Margret Zander-Maaß.
Die Pulheimerin, die auf dem nahegelegenen Zanderhof an der Hackenbroicher Straße aufgewachsen ist, führt seit vielen Jahren für den Verein für Geschichte Gruppen durch die Abtei Brauweiler und bietet Führungen durch die 1686 erbauten Barbarakapelle an. Für unsere Adventsserie öffnet sie eine der Türen in die kleine Kapelle mit dem barocken Altar, der die Namensgeberin zeigt, die von der Trierer Firma Binsfeld gefertigten drei Glasfenster, die acht Kriegsheiligen sowie die an den Wänden befestigten kleinen Holzkreuze.
Pulheim: Ein Mann mit Weitsicht
Um das denkmalgeschützte Gebäude ranken sich zwei Legenden. Eine besagt, dass ein Schäfer vom gegenüberliegenden Fronhof im Winter unter Stroh verschüttet war und sich nicht mehr allein retten konnte. „In seiner Not flehte er zur Heiligen Barbara und gelobte, im Falle seiner Rettung einen Bildstock zu errichten. Er wurde gerettet, und der Bildstock wurde erbaut.“
Jahre später habe ein Steinmetz aus Stommeln oft an dem Bildstock gebetet. „Er war sehr krank, die Ärzte hatten ihn aufgegeben. Er gelobte im Falle seiner Rettung eine kleine Kapelle zu bauen. Der Stommelner war sehr weitsichtig, ihm war bewusst, dass dieser Ort, an dem sich bereits zwei Wunder ereignet hatten, großes Interesse finden würde. Daher hat er eine Wallfahrtskapelle erbaut.“

Die achtseitige Barbarakapelle ist denkmalgeschützt.
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Im Laufe der Zeit hat sich eine beliebte Pilgerstätte entwickelt. „Die Wallfahrt zur Barbara fand immer an ihrem Namenstag statt, am 4. November. Es gab einen Krammarkt, auf dem man Spinnräder oder Flachs für das Winterspinnen kaufen konnte, aber auch Vieh wie etwa Hühner, Ziegen und Enten. Es kamen so viele Pilger, dass auch auswärtige Priester die Sakramente spenden mussten.“
Da das Interesse weiter stieg, kaufte man noch 1864 eine neue Glocke für die Kapelle, berichtet die Pulheimerin. Dann jedoch ließ das Interesse allmählich nach, möglicherweise, weil Pulheim um 1900 einen Bahnanschluss bekam, die Menschen mobiler wurden und auch entferntere Zeile erreichen konnten, vermutet sie. „Nach dem Ersten Weltkrieg dümpelte die Kapelle vor sich hin.“

Eines der Fenster zeigt die Mater dolorosa.
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Wir machen einen Sprung in die Zeit nach dem Krieg. Die Kapelle wurde notdürftig repariert und 1951 als Gedächtniskapelle für die Vermissten und Gefallenen der beiden Weltkriege sowie der zivilen Opfer geweiht. Die Namen der Gefallenen, die zunächst in den Putz geschrieben worden waren, wurden nun auf Kreuze notiert und in der Kapelle gezeigt. „Es sind 64 für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs und 230 für die vermissten Gefallenen und die zivilen Opfer.“
Rätselraten lösten die acht Figuren aus Gips aus, die in den 1920er-Jahren in Auftrag gegeben worden waren. Margret Zander-Maaß vermutet, dass sie, ebenso wie die drei Glasfenster, nach dem ersten Bombenangriff im September 1940 ausgelagert worden waren. „Denn sie hätten den zweiten schweren Luftangriff vom 2. und 3. März 1945 nicht überstanden.“

Die von Bombenangriffen beschädigte Barbarakapelle. Das Foto stammt aus Band neun des Jahrbuchs des Vereins für Geschichte. (Repro)
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Als sie 1951 in die Barbarakapelle zurückkehrten, konnte niemand sie identifizieren. Um zu vermeiden, dass sie falsch benannt werden, „hat man die Namen, die auf den Konsolen standen, einfach überpinselt“. Erst 2009 gelang es Kölner Kunsthistorikern, sie wieder zuordnen. „Sie alle haben etwas mit Kampf und Krieg zu tun.“
Es sind vier alt- und drei neutestamentarische Heilige. Ausgehend von der Konsole gegenüber dem Altar sind es der Heilige Mauritius, Moses, König David, zu erkennen am roten Mantel, der Erzengel Michael, der Heilige Georg, Judas Makkabäus, der Heilige Gereon und der Heilige Sebastianus, der von Pfeilen durchbohrt wurde.
Der barocke Altar zeigt die Heilige Barbara, die Schutzpatronin unter anderem der Bergleute und der Sterbenden, mit ihrem typischen Attribut - dem Turm. In der linken Hand trägt sie einen Palmwedel. Das Fenster zur Straße zeigt den Heiligen Georg, der den Drachen tötet. Links vom Altar ist die Mater dolorosa, die Schmerzensmutter zu sehen, stellvertretend für alle Mütter und Frauen, die ihre toten Söhne und Männer betrauern.
Das Fenster rechts vom Altar zeigt Jesus, der übers Wasser geht. Er ruft Petrus zu, ihm zu folgen. Da dieser aus Angst zögert, ruft Jesus ihm zu „O, du Kleingläubiger, warum zweifelst du?“ Kunsthistoriker werten den Satz als Botschaft oder Aufmunterung an die Deutschen, nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg den Glauben an sich selbst nicht zu verlieren.

