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Erneuerbare EnergienElektro-Innung Rhein-Erft kritisiert Westnetz für schleppenden Photovoltaik-Ausbau

3 min
Ein Mann montiert Photovoltaikmodule auf dem Dach eines Wohnhauses.

Ein Mann montiert Photovoltaikmodule auf dem Dach eines Wohnhauses. 

Handwerker klagen über massive Schwierigkeiten, lange Bearbeitungszeiten und gravierende organisatorische Mängel bei Netzbetreiber Westnetz.

Zu langsam. Es geht alles viel zu langsam. Und jetzt wollen die Elektro-Installateure im Rhein-Erft-Kreis nicht mehr länger warten, sondern machen öffentlich Druck. Druck auf die Westnetz GmbH. Denn die sei dafür verantwortlich, dass der Ausbau von Photovoltaikanlagen stocke.

In manchen Fällen würden Kundinnen und Kunden länger als zwölf Monate auf den Netzanschluss ihrer PV-Anlage warten, sagt Peter Ropertz, Geschäftsführer der Elektro-Innung Rhein-Erft: „Das ist inakzeptabel – gerade in Zeiten, in denen der Ausbau erneuerbarer Energien höchste politische und gesellschaftliche Priorität hat.“

Abstimmung zwischen Westnetz und Energieversorgern laufe schleppend

Die Elektro-Innung beobachte die Probleme nun schon seit drei Jahren – eine Verbesserung sei jedoch nicht erkennbar. So werde der politisch und gesellschaftlich gewollte Ausbau erneuerbarer Energien behindert.

Laut Ropertz zeichnet eine aktuelle Umfrage unter den 139 Mitgliedsbetrieben der Innung ein alarmierendes Bild: Rund 95 Prozent der Befragten berichten von massiven Schwierigkeiten mit dem Essener Netzbetreiber Westnetz. So beklagten die Betriebe außer langen Bearbeitungszeiten vor allem gravierende organisatorische Mängel und kommunikative Defizite: Die zeigten sich in mangelnder Erreichbarkeit von Ansprechpartnern, unklaren Zuständigkeiten sowie einem unübersichtlichen Online-Portal.

Auch die Abstimmung zwischen Westnetz und Energieversorgern laufe in vielen Fällen schleppend. Deutlich besser sei RheinEnergie in der Befragung weggekommen. Die Zusammenarbeit mit den Kölnern funktioniere deutlich besser.

Sascha Mylius und Peter Ropertz kritisieren Westnetz.

Sascha Mylius und Peter Ropertz kritisieren Westnetz.

Obermeister Sascha Mylius ergänzt: „Wir haben bei der Westnetz das Gefühl statt mit einem Unternehmen mit einer Behörde zusammenzuarbeiten.“ Er fordert schnellere Bearbeitungszeiten, bessere Erreichbarkeit, klar definierte Ansprechpartner und ein praxistaugliches Portal. Als mögliche Maßnahmen nennt die Einführung einer Sonderrufnummer für Fachbetriebe sowie feste Ansprechpartner mit eindeutig geregelten Zuständigkeiten.

Westnetz steht schon länger in der Kritik: Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat im August ein formelles Aufsichtsverfahren gegen Westnetz eingeleitet. Grund ist die anhaltende Verzögerung bei der Auszahlung von Einspeisevergütungen für Photovoltaikanlagen, was einen Verstoß gegen das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) darstelle.

Westnetz verweist auf „parallel laufende Herausforderungen“

Westnetz ist ein Tochterunternehmen der Westenergie AG, die wiederum zum Eon-Konzern gehört. Kreishandwerkerschaft-Geschäftsführer Ropertz hat den Verantwortlichen der Netzagentur sein Schreiben, das an die Medien ging, ebenfalls geschickt.

Eine Westnetz-Sprecherin versucht nichts zu beschönigen: Tatsächlich gebe es bei Netzanschlussanfragen viel zu lange Bearbeitungszeiten. Das entspreche nicht dem Westnetz-Kundenverständnis. Als Gründe nennt sie zwei parallel laufende Herausforderungen in den vergangenen Jahren, mit dem ihr Unternehmen konfrontiert gewesen sei: So habe die gesamte Branche nach dem Programm der Bundesregierung zur Förderung erneuerbarer Energien für Haushalte einen Boom bei den erneuerbaren Energien im privaten Umfeld verzeichnet.

Wir haben zusätzliche Kapazitäten zur Bearbeitung der Anfragen geschaffen
Westnetz-Sprecherin

Das habe zu einem Rückstau in der Bearbeitung der Anfragen geführt. Während Westnetz im Jahr 2021 rund 30.000 Anschlussanfragen für PV-Anlagen erreicht hätte, seien es 2022 rund 70.000 gewesen, 2023 dann mehr als 115.000; 2024 habe sich die Nachfrage bei knapp 70.000 Anfragen wieder etwas normalisiert. Ein Beispiel aus dem Rhein-Erft-Kreis: In Bergheim waren es 450 im Jahr 2022, 850 im Jahr 2023 und 550 im Jahr 2024.

Die Sprecherin versichert weiter: „Wir haben zusätzliche Kapazitäten zur Bearbeitung der Anfragen geschaffen, ein zentrales Koordinationsteam etabliert und die Einführung einer neuen digitalen Kundenplattform vorangetrieben.“ Den Handwerksbetrieben im Rhein-Erft-Kreis biete Westnetz an, „in einem konstruktiven Austausch die richtigen Lösungen zu finden“.

Mona Neubaur (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen.

Mona Neubaur (Bündnis 90/Die Grünen), Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen.

Dem NRW-Wirtschaftsministerium seien die aktuell zum Teil stockenden Netzanschlussverfahren in bestimmten Regionen bekannt, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Das sorge auch bei Minsterin Mona Neubaur (Grüne) für Unmut. Man stehe in regelmäßigem Austausch mit Westnetz, um die Probleme der Kundinnen und Kunden schnellstmöglich zu lösen. In der Folge sei die Anzahl der beim Ministerium eingegangenen Beschwerden in den vergangenen Wochen zurückgegangen.

Neubaur verdeutlicht: „Nur mit leistungsfähigen Netzen können wir die Energiewende erfolgreich gestalten. Deshalb arbeitet mein Ministerium mit allen Beteiligten daran, Hindernisse schnell zu überwinden und den Netzausbau voranzubringen.“