Illegale RennenEx-Polizist fordert nach tödlichen Unfällen Tempolimit auf A555 bei Wesseling

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Das Bild zeigt Dirk Arzt, der auf die Autobahn 555 bei Wesseling schaut.

Dem ehemaligen Polizisten Dirk Arzt fehlen die Worte, wenn er sieht, wie schnell manche Fahrzeuge auf der A555 bei Wesseling unterwegs sind.

Die A555 zwischen Wesseling und Bornheim bietet Rasern ideale Bedingungen. Wie gefährlich ist die Autobahn wirklich?

Es ist eine traurige Bilanz: Drei Menschen haben in den vergangenen sechs Monaten auf der A555 zwischen den Anschlussstellen Wesseling und Bornheim bei zwei schweren Unfällen ihr Leben verloren. In beiden Fällen ermittelt die Polizei wegen fahrlässiger Tötung, in einem Fall, bei dem Anfang Dezember 2023 eine Mutter und ihre Tochter in ihrem Wagen verbrannt sind, zudem wegen des Anfangsverdachts der Teilnahme an einem illegalen Autorennen. Tatverdächtig sind zwei 20-jährige Sportler, Nachwuchsspieler des 1. FC Köln.

In der Autoposer-Szene soll die A 555 längst mehr als ein Geheimtipp sein. Wie Anwohner berichten, soll sich die Szene unter anderem auf dem PR-Parkplatz Eichholz an der Siebengebirgsallee und auf einem Parkplatz in Höhe der Ahrstraße treffen. Zwischen Wesseling und Bornheim herrschen für Raser ideale Bedingungen – dreispurig – schnurgerade und ohne jedes Tempolimit.

Drei tödliche Unfälle auf der A555 zwischen 2019 und 2023

Laut Polizei Köln haben sich dort von 2019 bis Ende 2023 in Fahrtrichtung Bonn neun Verkehrsunfälle ereignet, bei denen elf Menschen schwer verletzt und drei Menschen getötet wurden. In Richtung Köln habe es acht Verkehrsunfälle mit neun schwer verletzten Menschen gegeben. Dennoch gelten die Abschnitte laut Polizei nicht als Unfallhäufigkeitsstellen. Auch lägen keine konkreten Hinweise zu Treffen und verbotenen Kraftfahrzeugrennen vor.

Das Rasen auf der A555 ist in den vergangenen beiden Jahren eskaliert.
Dirk Arzt, Ex-Polizist

Als Anwohner in Urfeld hat Dirk Arzt (67) jedoch eine ganz andere Wahrnehmung. Arzt war selbst mehr als 30 Jahre lang Polizeibeamter auf der Wache Bornheim. Und er ist ein aufmerksamer Beobachter. Arzt wohnt knapp zwei Kilometer entfernt von der Autobahn. Inzwischen wird er dort fast täglich Ohrenzeuge, wenn auf der A 555 die Fahrer hochkarätiger Wagen die Motoren aufheulen lassen und die Gaspedale bis zum Anschlag durchtreten.

„Das Rasen auf der A 555 ist in den vergangenen beiden Jahren eskaliert“, sagt er. Geschwindigkeiten von bis zu 300 Kilometern in der Stunde seien keine Seltenheiten. Auch am Samstag, 27. April, habe er diese unverkennbaren Geräusche bis in sein Wohnzimmer gehört. „Das hat schon am Vormittag angefangen“, sagt Arzt. Es seien zunächst zwei oder sogar drei dieser Fahrzeuge gewesen. „Am Abend wurde es dann aber noch schlimmer – bis kurz nach Mitternacht.“

Das Bild zeigt die Autobahn 555 bei Wesseling.

In Höhe Wesseling gibt es auf der A555 noch Einschränkungen für Autofahrer. Doch zwischen Wesseling und Bornheim sind alle Limits aufgehoben.

Am Sonntagvormittag habe er dann im Online-Portal dieser Zeitung gelesen, was passiert war. Um 0.30 Uhr war ein 33-Jähriger mit seinem Wagen in das Auto eines 65-jährigen Mannes aus Bonn gekracht. Die Verletzungen des 65-Jährigen waren so stark, dass er ihnen in der Nacht im Krankenhaus erlag. Er ist das vierte Todesopfer auf der A555 seit 2019. Die Polizei sagte später, dass der 33-Jährige betrunken und sehr schnell unterwegs gewesen war. Laut Staatsanwaltschaft Bonn wurde beim Fahrer ein Wert von 1,6 Promille Alkohol gemessen.

„Als ich von dem Unfall las, ist mir vor Zorn über diese Raserei der Kragen geplatzt“, berichtet Arzt. Schließlich sei die A555 stark frequentiert. „Für alle erhöht sich durch die zunehmende Raser-Szene auch die Gefahr, Opfer eines dieser grausamen Unfälle zu werden.“ Schon mehrfach habe er seine ehemaligen Kollegen und Behörden informiert.

Schon mehrfach Behörden informiert

Doch passiert sei nichts. Am ersten Maiwochenende konnte die Polizei einige Raser nach einem Rennen auf der A555 aus dem Verkehr ziehen. Etwa zehn Fahrzeuge hätten sich ab Höhe Wesseling ein Rennen geliefert, diesmal in Fahrtrichtung Köln, berichteten die Anrufer. Dabei hätten die Raser rechts und links überholt und andere Autofahrer bis zum Stillstand ausgebremst.

Vier der Fahrer (23, 23, 24, 29) konnten an der Anschlussstelle Hürth (A 4) von der Polizei gestoppt werden, ihre hochmotorisierten Fahrzeuge – zwei Mercedes C 63 AMG, ein BMW M 4 und ein Audi RS Q 8 – wurden sichergestellt und ihre Führerscheine der jungen Männer beschlagnahmt. Ermittelt werde wegen eines illegalen Autorennens, so die Polizei. Vor etwa 20 Jahren hat Arzt bereits an die zuständigen Behörden geschrieben und angeregt, auf der A 555 zwischen den Anschlussstellen Wesseling und Bornheim in beiden Fahrtrichtungen eine Geschwindigkeitsbegrenzung einzuführen.

„Leider habe ich auf diesen Vorschlag nie ein Feedback bekommen“, bedauert er. Dabei würde seines Erachtens ein Tempolimit nicht nur die Zahl der schweren Unfälle reduzieren, sondern auch die Lärmbelästigung erheblich mindern.

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