Wesseling trauert um einen aufrechten Demokraten: Erwin Esser starb am zweiten Weihnachtstag nach schwerer Krankheit.
Altbürgermeister gestorbenWesseling verliert mit Erwin Esser einen Menschenfänger

Diesen Ausblick auf „seine“ Stadt liebte Erwin Esser.
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Manchmal braucht es nur wenige Augenblicke. Es sind Bruchteile von Sekunden, um festzustellen: Der Mensch gegenüber besitzt eine besondere Gabe und verfügt über etwas, das selten geworden ist: Empathie und ehrliches, aufrichtiges Interesse an seinem Gesprächspartner.
Erwin Esser war so ein Mensch. Ich habe ihn 2022 in seinem Büro im Rathaus Wesseling kennengelernt – einem Ort, an dem sich zur einen Seite aus dem Fenster ein atemberaubender Blick auf Wesseling öffnet, und zur anderen der Rhein in seinem Bett zu beobachten ist.
Ein Bürgermeister mit einem großen Herzen für sein Wesseling
Obwohl Erwin Essers Sprachvermögen bereits durch die heimtückische und unheilbare Krankheit eingeschränkt war und es ihm Mühe bereitete, sich mitzuteilen, war es ein langes Gespräch. Nur ab und an musste seine Referentin und enge Vertraute Andrea Kanonenberg helfen, wenn die Worte aufgrund der großen Anstrengung schwerer verständlich wurden.
Ich verließ das Dienstzimmer des immens beliebten und geachteten Bürgermeisters mit dem Eindruck, den Essers Nachfolger im Amt, Ralph Manzke, einige Jahre später so treffend beschrieb: Erwin Esser ist ein Menschenfänger. „Einer, bei dem man merkt, wenn er den Raum betritt. Der geborene Bürgermeister. Ein Bürgermeister mit einem großen Herzen für sein Wesseling.“ Das sagte Manzke im September 2024, als er seinem Vorgänger den Titel Altbürgermeister verlieh.

Einer, dem man gerne zuhörte: Erwin Esser.
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Dieses große Herz hat nun aufgehört zu schlagen. Am zweiten Weihnachtstag ist Erwin Esser im Alter von 66 Jahren gestorben, nur wenige Tage vor seinem 67. Geburtstag. Obwohl viele wussten, dass der Sozialdemokrat den Kampf gegen die Krankheit, die nach und nach Besitz von seinem gesamten Körper ergriffen hatte, verlieren würde, hat die Nachricht vom Tod Erwin Essers eine selten dagewesene Welle der Trauer ausgelöst.
Nur wenige Stunden, nachdem die Stadt Wesseling mitgeteilt hatte, dass Esser nicht mehr lebt, bekundeten zahlreiche Menschen, die ihn gekannt hatten, in verschiedenen sozialen Netzwerken ihr Mitgefühl; und auch solche, die ihm nicht begegnet waren, aber wussten: Esser war ihr Bürgermeister. Und es waren nicht allein die erwartbaren Beileidsbekundungen aus dem politischen Raum, sondern aus vielen Bereichen der Stadtgesellschaft wie der Feuerwehr, der Türkisch-Islamischen Gemeinde, der Wirtschaft, aus dem Karneval und von vielen, vielen Privatpersonen.
Altbürgermeister Erwin Esser gestorben: Nachfolger Ralph Manzke zeigt sich tief betroffen
Tief betroffen zeigte sich auch Essers Nachfolger Ralph Manzke: „Mit dem Verlust von Erwin Esser verliert Wesseling nicht nur einen ehemaligen Bürgermeister, sondern einen Mann, der mit Leidenschaft unsere Stadt geprägt hat.“ Esser habe immer das Wohl der Menschen in den Mittelpunkt gestellt und nie den Blick für die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger verloren.
Wir werden ihn als engagierten, herzlichen Menschen in Erinnerung behalten, der stets für Lösungen kämpfte, egal wie herausfordernd die Situation war
Die Projekte, die unter seiner Führung angestoßen worden sind, seien ein bleibendes Erbe, das Wesseling noch lange positiv beeinflussen werde, sagte Manzke weiter. „Wir werden ihn als engagierten, herzlichen Menschen in Erinnerung behalten, der stets für Lösungen kämpfte, egal wie herausfordernd die Situation war. Mein tiefstes Mitgefühl gilt seiner Familie und seinen Freundinnen und Freunden.“
Esser wurde am 30. Dezember 1958 in Wesseling geboren und wuchs dort auf. Nach dem Abitur am städtischen Gymnasium, dem heutigen Käthe-Kollwitz-Gymnasium, durchlief er eine Laufbahn im öffentlichen Dienst, die mit einer Ausbildung bei der Stadt Hürth zum Diplom-Verwaltungswirt begann und ihn in verschiedene leitende Positionen in den Städten Hürth, Pulheim und Wesseling führte. 2012 wurde er Beigeordneter der Stadt Wesseling, zwei Jahre später wurde er zum Bürgermeister gewählt.
2020 wiederholte er diesen Erfolg, ehe er Mitte 2022 sein Amt, bereits schwer von seiner Krankheit gezeichnet, niederlegte. Wie schmerzhaft muss das für einen Mann gewesen sein, für den seine Sprache sein wichtigstes Instrument gewesen ist, der mit dem, was er sagte, stets einen statt spalten und immer heilen statt verletzen wollte.

Das war 2024: Der Künstler Peter Stock, der ehemalige Bürgermeister Erwin Esser und der amtierende Verwaltungschef Ralph Manzke (v.l.) freuten sich über das neue Porträt von Esser im Rathaus.
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In seiner Amtszeit habe sich Esser unermüdlich für die Weiterentwicklung seiner Heimatstadt eingesetzt, heißt es in einer Presseerklärung der Stadt Wesseling. Die Neugestaltung der Fußgängerzone und die Sanierung des Gartenhallenbades seien nur einige der Projekte, die unter seiner Leitung realisiert worden seien. Auch die Kita-Offensive, die den Ausbau der Kita-Plätze voranbrachte, und der Beschluss zur Gründung einer Gesamtschule seien Meilensteine seiner Amtszeit.
Rhein-Erft-Kreis: Landrat Frank Rock zeigt sich bestürzt
Landrat Frank Rock (CDU) zeigt sich bestürzt: „Mit großer Betroffenheit habe ich vom Tod von Erwin Esser erfahren. Er war eine Persönlichkeit, die mit Herzblut und Engagement für seine Stadt gewirkt hat. Sein Einsatz und seine Menschlichkeit werden uns stets in Erinnerung bleiben. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie. Der Rhein-Erft-Kreis verliert einen tollen Menschen.“
Bedburgs Bürgermeister Sascha Solbach (SPD) erinnerte in einem Facebook-Beitrag: „Erwin war ein toller Kollege, ein absolut emphatischer und sympathischer Mensch, der Herausforderungen immer als Chance gesehen hat.“ Ähnlich äußerte sich sein Bergheimer Amtskollege Volker Mießeler (CDU): „Mit Erwin verlieren wir viel zu früh einen unglaublich tollen Menschen. Als Bürgermeisterkollege war er immer so hilfsbereit, so unterstützend und immer sehr freundschaftlich.“

Erwin Esser erhielt 2024 aus den Händen seines Nachfolgers Ralph Manzke die Urkunde, die ihn als Altbürgermeister ausweist.
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Bestürzt zeigt sich auch die SPD Wesseling. Mit Essers Tod verliere sie einen langjährigen Weggefährten, einen überzeugten Sozialdemokraten, einen hochkompetenten Kommunalpolitiker sowie einen offenen, humorvollen und stets verlässlichen Freund. Auch die Feuerwehr trauert: Deren stellvertretender Leiter Nicholas Gafron sagt: „Erwin Esser war ein Mensch, der Verantwortung gelebt und immer das Gemeinwohl im Blick hatte. Wir verlieren einen verlässlichen Unterstützer und einen herzlichen, zugewandten Menschen.“
Betroffenheit auch am Shell-Standort in Wesseling: „Erwin Esser wusste um die Bedeutung der Industrie insgesamt für die Stadt und hat mit seinem ebenso ausgleichenden wie lösungsorientierten Auftreten diese Verbindung durch sein engagiertes Handeln erheblich gefestigt“, teilte ein Unternehmenssprecher mit. „Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind bei seiner Familie.“
Eine ehemalige Kollegin Essers steht stellvertretend für all jene Privatleute, die sich bestürzt zeigen. Magda Urfey-Klein arbeitete mit ihm bei den Stadtwerken Tür an Tür: „Ich bin unfassbar traurig. Erwin war stets kooperativ, empathisch und für alle ansprechbar. Er hat sehr vieles bewegt, war menschlich und bodenständig. Er bleibt unvergessen.“
Ein Kondolenzbuch liegt im Ratssaal im Neuen Rathaus am Alfons-Müller-Platz am Dienstag, 30. Dezember, von 11 bis 13 Uhr, und ab Montag, 5. Januar, zu den Öffnungszeiten des Rathauses aus.
