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MGV Seelscheid begeisterte beim AdventskonzertPracht des Gesangs zelebriert

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Neunkirchen-Seelscheid – Das Jesuskind setzte mit seiner Geburt ein Zeichen der Bescheidenheit mit Stall und Futterkrippe als Bettchen. Demnach passte das Äußere beim Adventskonzert des MGV Seelscheid. Es gab bei den beiden ausverkauften Konzerten weder schmeichelnde Streicherklänge noch illustre Solisten oder Smokingschick. Im schlichten, grauen Vereinspullover stellten sich die knapp 50 Sänger wie tags zuvor in der evangelischen Dorfkirche auch am Sonntag in St. Georg Seelscheid in den Altarraum.

Unmittelbar vorher waren sie von ihren im Kirchenraum verteilten Stehplätzen mit dem Andachtsjodler eingezogen. Das war ein erster Vorgeschmack dessen, was die Besucher in den nächsten 85 Minuten an Sensationellem erleben durften. Und was einem Schauer über Schauer über den Rücken und Wasser in die Augen trieb.

Chorische Disziplin und Können

Den Andachtsjodler begannen die ersten Tenöre, nach und nach folgten die anderen drei Stimmgruppen in der Reihenfolge von hoch bis ganz tief. Das hatte automatisch ein Anschwellen zur Folge, das in freudiger Wucht endete, so als wollten Menschen in den Bergen die frohe Botschaft laut singend von Hof zu Hof weitergeben.

Das bescheidene Ambiente ließ den Kontrast zu den jeweiligen Gefühlslagen der Lieder noch größer werden, wenn die Sänger mit feinem Nerv den Frieden, die Liebe, Freude, Fröhlichkeit, Zartheit oder Verherrlichung perfekt illustrierten.

Dazu braucht es freilich chorische Disziplin und Können. Dass dies durch auswendiges Singen gefördert wird, war durchgängig unüberhörbar. Besonders als die Choristen bei ihren beiden italienischen Zugaben („Benia Calestoria“, „Signore delle cime“) und dem rührseligen „Die kleine Bergkirche“ nach kurzer Abstimmung („Was singen wir denn?“) aus dem Stand loslegten. Auch hier sorgten der vernehmbare Schalldruck in den Fortissimi und die messerscharfe Präzision der schlaggenauen Endungen und Einsätze für ungläubiges Staunen im Auditorium.

18 Lieder gab es zu hören

Was auch auf Mark Rosenthals Lesart des Dirigats gründet. Mit breiter Gestik treibt er an oder bremst, dazwischen weist er mit pointierten Fingerzeigen Stimmgruppen oder einzelne Sänger an, die kleine Stellschraube im glanzvollen Großen.

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18 Lieder gab es zu hören, vom ukrainischen „Schtschedryk“, das als „Carols Of Bells“ den Siegeszug antrat, über das schwierige „Carmen Vesperitum“ (Giessen/ Schöss), bis zum herzerwärmenden „Es blüht eine Rose zur Weihnachtszeit“ und John Lennons „Happy Christmas – War is over“. Unter 50 Jahren liegt der Altersschnitt bei den Seelscheidern, von den vielen Talenten setzte sich unter anderem Ali Kinkabwhala bei „White Christmas“ in Szene.

Der lange bejubelte Höhepunkt

Frank Heinen, Klaus Krawinkel und Christian Flammers punkteten beim Trommellied als Vorsänger-Trio, das jeweils den Anfang der Strophen übernahm, um dann ein eindringliches Bündnis mit den Kollegen zu schließen. Für den lange bejubelten Höhepunkt sorgten der ausgebildete Opernsänger Mark Rosenthal und Vizechorleiter Frank Schendemann mit dem jüdischen „L’dor V’ador“, dem sie die Pracht großer Opernduette verliehen, kraft- und glanzvoll mit geschmeidigen Übergängen vom sonorem Timbre zu schneidenden Höhen. Die subtile Pianobegleitung von Jens Neuser, der einige Male als Korrepetitor punktete, war ebenso ein i-Tüpfelchen wie die charmante Moderation von Klaus Hebekeuser, der viele Geheimnisse um die Lieder lüftete.