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Kritik an VeranstalterAfD erzwingt Teilnahme am Frühlingsfest Neunkirchen

Lesezeit 3 Minuten
AfD Neunkirchen-Seelscheid

Der AfD-Stand beim Frühlingsfest sorgt für Kritik. Die Werbegemeinschaft sieht sich zu Unrecht in die rechte Ecke gestellt. 

Darf sich eine Partei, die als gesichert rechtsextrem eingestuft wird, beim Frühlingsfest präsentieren? Die Veranstalter stehen in der Kritik.

Jörg Elfmann hatte sich auf das Frühlingsfest gefreut. Doch als er am Ortseingang auf den Stand der AfD stieß, machte er umgehend kehrt.  In einem Brief an die Veranstalter, den Verein „Wir Neunkirchen-Seelscheider“, der der Redaktion vorliegt, kritisiert er, dass die als gesichert rechtsextrem geltende Partei sich vor Zehntausenden Besuchern präsentieren durfte.

„Haben Ihre Mitglieder im Geschichtsunterricht nicht aufgepasst?“, schreibt Elfmann. „Oder gibt es eventuell eine gewisse Zuneigung Ihres Vereins zu den Inhalten dieser rechtsradikalen Partei? Die Geschichte lässt grüßen!“ Der Verein, ein Zusammenschluss von Werbetreibenden, sieht sich zu Unrecht in die rechte Ecke gestellt.

Zwei Jahre zuvor hatte „Die Partei“ ihre Teilnahme über den Kreis erwirkt

Man habe keine Möglichkeit gesehen, die Partei auszuschließen, teilte der Vorsitzende Manfred Gallitz auf Anfrage der Redaktion mit. „Bis zum Freitagabend, wo alle Planungen schon abgeschlossen waren, war kein Gutachten bekannt, welches die AfD offiziell als rechtsextremistisch einstuft.“ Als dies kurz vor der Veranstaltung bekannt wurde, habe der Vorstand „keine rechtssichere Möglichkeit für ein Teilnahmeverbot“ gesehen.

Da gab es zum einen die „Sorge, mit einer einstweiligen Verfügung eine Zulassung doch zu gewähren zu müssen, was der Partei dann sicherlich pressewirksam geholfen hätte“. Zum anderen habe die AfD Druck gemacht und eine Klage vor dem Verwaltungsgericht angekündigt. Keiner der rund 150 Aussteller habe im Vorfeld die Teilnahme auch nur thematisiert.

Zwei Jahre zuvor seien sie gezwungen worden, eine Partei zuzulassen, berichtet Gallitz - eine für sie suspekte Gruppierung mit der Mailadresse „Bratwurst“. Nach Ablehnung von „Die Partei“ habe der Rhein-Sieg-Kreis über das Ordnungsamt der Gemeinde die Teilnahme verfügt und einen Standplatz mitten auf dem Veranstaltungsgelände zugewiesen, wogegen die Nachbarn wiederum protestierten.     

Verein „Wir Neunkirchen-Seelscheider“ wollte juristische Auseinandersetzung vermeiden

In Bezug auf die AfD habe man eine gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden wollen. Der Verein, der seit 33 Jahren das Frühlingsfest veranstaltet, unterliege anders als die Gemeinde keiner „Grundrechtsbindung“. Da die anderen örtlichen Parteien auch zugelassen wurden, hätte die AfD auf dem allgemeinen Diskriminierungsgrundsatz bestehen können, so Gallitz. Die Gemeinde habe keine Einwirkungspflicht gegenüber einem privaten Verein, hätte also die Teilnahme auch nicht unterbinden können. 

Mehrere Mitglieder der Werbegemeinschaft stärken mit ihren Stellungnahmen dem Vorsitzenden den Rücken. So schreibt Jürgen Schmück: „Da die AFD eine von bis zu 25 Prozent der Bevölkerung demokratisch gewählte Partei ist, müssen wir diese wohl aushalten.“ Durch solche Diskussionen würde der Partei zu viel Raum gegeben. Sehr gut habe er die ablehnende Reaktion von Bürgern auf dem Fest gefunden: Als einer sagte "Ich hab mir gerade die Hände gewaschen, die sollen nicht direkt wieder schmutzig werden" hätten andere applaudiert. Vielleicht sollte man künftig alle Parteien auf dem Marktplatz zu platzieren.

Laura Frings weist auf das schöne, durch zahlreiche Ehrenamtler organisierte Fest hin, „das nun auf eine einzelne Entscheidung reduziert wird“. Und Falko Hartmann betont: Der Verein vertrete in keiner Weise parteipolitische Interessen jedweder Art. „In unserer Satzung § 2 Zweck heißt es - 2. „Der Verein ist parteipolitisch, rassisch und religiös neutral.“

Fest-Besucherin Gerda Heß, die sich in der Demokratie-Initiative „Neunkirchen-Seelscheid ist bunt“ engagiert, hätte sich eine Positionierung der anderen Parteien auf dem Frühlingsfest gewünscht. Bei der SPD fand sie zumindest ein Plakat mit dem Spruch „Geschichte darf sich nicht wiederholen. Kein Kuscheln mit der AfD“.

Auch die Grünen hätten sich dagegen ausgesprochen; die FDP eine Gegenfrage gestellt: „Was wollen Sie denn mit den Wählern der AfD machen?“  Der Bürgermeisterkandidat der CDU hätte nur auf die Rechtslage verwiesen, so Heß, „eine persönliche Stellungnahme wollte er nicht abgeben“.