ProzessRaser bekommt nach wilder Verfolgungsjagd durch Hennef keine Führerscheinsperre

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Ein schnell fahrendes Auto auf der Autobahn

Ein junger Raser, der in Hennef vor der Polizei flüchtete, stand jetzt vor dem Amtsgericht. (Symbolfoto)

Ein junger Automobilkaufmann raste im Februar 2021 der Polizei durch Hennefer Wohnstraßen davon – ohne Führerschein. Jetzt stand er vor Gericht. 

Kurz vor seiner Fahrprüfung beging ein junger Automobilkaufmann einen verhängnisvollen Fehler: Er setzte sich in einen BMW, der auf ihn zugelassen und für seinen Vater gedacht war, und fuhr nach Hause. Auf der Autobahn 560 gab er Gas, auch dann noch, als ihn die Polizei blitzte und anhalten wollte. Die Verfolgungsjagd durch Hennefer Wohnstraßen hatte jetzt, drei Jahre später, ein Nachspiel vor dem Amtsgericht.

Der Angeklagte war am 14. Februar 2021 gegen 22.30 Uhr mit 163 km/h unterwegs gewesen, erlaubt ist hier Tempo 100. Als das Anhaltesignal der Autobahnpolizei blinkte, schaltete der Raser das Licht am Pkw aus, gab noch mal Gas und verließ die A 560 in Richtung Hennef Gesamtschule.

Auf der Flucht durch Hennef verkehrt herum in eine Einbahnstraße gefahren

Dann kurvte er durch schmale Wohnstraßen und Tempo-30-Zonen, ebenfalls mit weit überhöhter Geschwindigkeit, schilderten die Polizeibeamten im Zeugenstand; gestoppt wurde er durch ein Fahrzeug, das ihm in einer Einbahnstraße entgegenkam, die der Angeklagte in verkehrter Richtung befuhr.

Die Streifenbeamten nahmen die Personalien auf und beschlagnahmten den kurz zuvor gekauften und frisch reparierten BMW. Den Führerschein konnten sie dem Automobilkaufmann nicht abnehmen, da er noch keinen besaß. Angeklagt wurde er wegen verbotenem Kraftfahrzeugrennen, „da er mit größtmöglicher Geschwindigkeit unterwegs war“, so die Staatsanwältin. Entscheidend sei hierfür die Situation, nicht die Höchstleistung des Motors.

Die Akte war außer Kontrolle geraten
o erklärte die Staatsanwaltschaft Bonn die Panne, die zu dem überlangen Verfahren führte

Den BMW konnte der Vater des Rasers nach einigen Wochen auslösen - gegen Zahlung einer recht hohen Standgebühr. Sein Mandant aber sitze seit drei Jahren in Erwartung der Hauptverhandlung wie auf glühenden Kohlen, beschrieb der Hennefer Strafverteidiger Jürgen Senhen im Prozess.

Erst eine Nachfrage des 27-Jährigen bei der Staatsanwaltschaft hatte vor wenigen Monaten Licht ins Dunkel gebracht. Die Akte sei „außer Kontrolle geraten“, teilte die Anklagebehörde mit,  sprich: wohl auf einem Stapel gelandet und vergessen worden.  

Er hätte sich jederzeit zur Führerschein-Prüfung anmelden können. Das hätte ja niemand gewusst
Jürgen Senshen, Hennefer Strafverteidiger vor dem Siegburger Amtsgericht

In Ruhe zu warten auf den Prozesstermin, das sei ihm kaum möglich gewesen, so der Angeklagte. Sein Arbeitgeber, dem er alles beichtete, stufte die aufstrebende Führungskraft zum Sachbearbeiter herab. Vorgesetzte fragten ihn immer wieder nach dem Stand des Verfahrens. Denn seine Arbeit könne er eigentlich ohne Führerschein kaum erledigen.

Der Angeklagte sei „nicht geeignet, ein Kraftfahrzeug zu führen“

Er hatte damals den Rat einer beteiligten Polizistin befolgt, erstmal keine weiteren Fahrstunden zu nehmen. Wollte sein Bemühen zeigen und hing so jahrelang in einer Sackgasse. Sein Mandant „hätte sich jederzeit zur Führerschein-Prüfung anmelden können“, so der Rechtsanwalt. „Das hätte ja niemand gewusst.“

Die Staatsanwältin hatte eine saftige Geldstrafe von 11.700 Euro gefordert und eine Führerscheinsperre von eineinhalb Jahren. Der Angeklagte sei „nicht geeignet, ein Kraftfahrzeug zu führen“. Der Verteidiger plädierte auf eine Geldstrafe und gegen eine Führerscheinsperre, wegen der überlangen Verfahrenszeit. Für den Fehler der Staatsanwaltschaft dürfe sein Mandant nicht bestraft werden. 

Richterin Seda Antaer ließ Milde walten. Sie verhängte gegen den bislang nicht vorbestraften Angeklagten eine Geldstrafe von 6300 Euro (90 Tagessätze à 70 Euro), die nicht auf seinem polizeilichen Führungszeugnis auftauchen wird, und keine Sperre. „Es ist sinnvoll, dass Sie den Führerschein machen.“

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