Die Zahl der E-Autos ist im Rhein-Sieg-Kreis zuletzt sprunghaft angestiegen. Wie viele öffentliche Ladesäulen es gibt und wo Hürden liegen.
E-MobilitätZahl der E-Autos in Rhein-Sieg steigt – Netz der Ladepunkte weiter löchrig

Elektroladesäulen, wie hier auf dem Parkplatz des „Penny“-Marktes in Troisdorf, fehlen im Kreis.
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Wie sind wir in der Zukunft mobil? In der Debatte um Klimaschutz geht es oft um den ÖPNV, auch die Fahrrad-Infrastruktur spielt eine große Rolle. Das Auto aber wird nicht wegzudenken sein – bleibt nur die Frage nach dem Antrieb. Und da kommen E-Fahrzeuge ins Spiel: Ein Blick auf die Daten des Kraftfahrtbundesamts (Stand 1. Januar 2023) zeigt, dass die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb im Rhein-Sieg-Kreis zuletzt einen deutlichen Sprung nach oben gemacht hat – von 4414 im Jahr 2022 auf 7229 zum Stichtag 1. Januar 2023. Das macht ein Plus von mehr als 60 Prozent. 2020 waren im Kreis gerade mal 936 E-Autos zugelassen.
Allerdings ist der Anteil der Fahrzeuge mit Elektroantrieb an der Gesamtzahl der zugelassenen Fahrzeuge kreisweit immer noch sehr gering. Gemessen an 375.141 Autos liegt er bei gerade einmal 1,9 Prozent. Damit rangiert der Rhein-Sieg-Kreis auf einem Niveau mit dem Rhein-Erft-Kreis und dem Oberbergischen Kreis. Rhein-Berg hingegen schafft es auf 2,4 Prozent, Köln auf 2 Prozent.
Im Rhein-Sieg-Kreis kommen 18 Autos auf einen Ladepunkt
Wer darüber nachdenkt, sich ein E-Auto zuzulegen, will natürlich wissen, wie und wo er es aufladen kann. Ebenfalls zum Stand 1. Januar gab es im Rhein-Sieg-Kreis 314 öffentliche Normal- und 84 sogenannte Schnellladepunkte, insgesamt also 398. Das geht aus einer kleinen Anfrage der SPD an die NRW-Landesregierung aus dem März dieses Jahres hervor, die sich in ihrer Antwort auf Daten der Bundesnetzagentur bezieht.
Damit kommt im Rhein-Sieg-Kreis im Schnitt ein Ladepunkt auf eine Fläche von 2,9 Quadratkilometer. Zum Vergleich: Im Rheinisch-Bergischen Kreis sind es 2,4 Quadratkilometer; im Rhein-Erft-Kreis etwa 2,5 Quadratkilometer. Laut Bundesregierung soll das Verhältnis der Ladepunkte zu E-Autos 1:15 betragen. Demnach würden dem Rhein-Sieg-Kreis Stand jetzt noch etwa 84 Ladestellen fehlen, aktuell kommen rund 18,2 Autos auf einen Ladepunkt. Allerdings verweisen die Experten zunehmend auf die Bedeutung der privaten Ladestationen.
Anna-Lena Menn ist gelernte Elektroingenieurin und lehrt mittlerweile als Professorin an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg in Sankt Augustin. Sie hat sich auf die Fahne geschrieben, Aufklärungsarbeit zu leisten. „Es gibt immer noch viel zu viele Mythen, die rund um das Thema Elektromobilität kreisen“, sagte die 37-Jährige, die zuvor fünf Jahre in der Entwicklung von elektrischen Nutzfahrzeugen bei der BPW Bergische Achsen in Wiehl gearbeitet hat, im Gespräch mit dieser Zeitung.
Fehlende Ladesäulen sind größtes Hemmnis vor dem Umstieg
Allerdings verweist die Expertin auf die spezielle Bedeutung der Ladestationen. „Die in vielen Regionen geringe Verfügbarkeit von Ladestationen ist für viele Menschen sicherlich das größte Hemmnis, sich ein E-Auto anzuschaffen“, sagt Menn.
Die Professorin ist fest davon überzeugt, dass „noch viel mehr Leute über einen Umstieg nachdenken werden, wenn die Stationen überall sichtbar wären.“ An dieser Stelle müsse im Rhein-Sieg-Kreis noch viel passieren, um die Anschaffung eines E-Autos attraktiver zu machen.
E-Autos: Expertin sieht Entwicklung im Rhein-Sieg-Kreis sehr positiv
Die zu geringe Reichweite als Argument gegen eine Anschaffung anzuführen, hält die 37-Jährige hingegen für wenig nachvollziehbar. Normale Pendlerrouten seien mit E-Autos ohne Probleme zu meistern. Auf langen Strecken, zum Beispiel in den Italienurlaub, bedürfe es ein Umdenken bei der Streckenplanung. Eins, so Anna-Lena Menn, sei aber klar: „So wie wir gerade leben, geht es nicht weiter. Da erscheinen zwei weitere Stopps zum Kaffeetrinken auf dem Weg in die Toskana als überschaubares Übel für eine bessere Welt.“
Ohnehin gebe es bei allen Hürden wie der Verfügbarkeit und dem Anschaffungspreis schon jetzt zahlreiche Argumente für E-Autos. „Niemand möchte gerne in Lärm und Gestank leben“, sagt die Expertin.
Die Menschen an der Hauptstraße in Mülldorf, die Menn täglich auf dem Weg zur Arbeit passiert, würde sie „nicht beneiden“. Die Rückmeldungen, die sie von Umsteigern erhalte, seien „durchweg positiv“. Und auch mit Blick auf die Bereitschaft zum Umstieg sieht Anna-Lena Menn eine sehr positive Entwicklung in der Region. „Wenn ich mich auf der A 560 so umsehe, ist die Zahl der E-Autos in den letzten Jahren schon sprunghaft angestiegen.“