Rhein-SiegFeuerwehren haben nach Tragödie in Sankt Augustiner Motorradladen Zulauf wie nie zuvor

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Auch Schnelligkeit war bei der praktischen Prüfung gefragt.

Auch Schnelligkeit war bei der praktischen Prüfung gefragt.

In Sankt Augustin absolvierten die 75 Feuerwehrleute die praktische Prüfung ihrer Grundausbildung. Darunter sind auch 18 Frauen – so viele wie noch nie.

Nachwuchssorgen haben die Feuerwehren im Rhein-Sieg-Kreis eher nicht: Mit 75 Neueintritten, ein Viertel davon Frauen, haben die ehrenamtlichen Wehren so viel Zulauf wie noch nie. Am Samstagnachmittag absolvierten sie in Sankt Augustin die praktische Prüfung ihrer Grundausbildung – und dürfen als Feuerwehrleute ab sofort zu Einsätzen mitfahren.

„Einen Teil der Grundausbildung machen die Teilnehmer seit Jahren gemeinsam. Neben Sankt Augustin kommen sie aus Eitorf, Troisdorf, Hennef und Siegburg“, sagte Dennis Schwellenbach, Pressesprecher der Sankt Augustiner Feuerwehr. Dies habe den Vorteil, dass sie sich untereinander besser kennenlernten, weil sie manchmal zu überörtlichen Einsätzen in Nachbarstädte gerufen würden. „Ein Lehrgang mit 75 Feuerwehrleuten ist für eine Kommune allein auch gar nicht zu stemmen, einzelne Module finden deshalb in verschiedenen Städten statt, auch die Ausbilder kommen aus weiten Teilen des Kreises“, fügte er hinzu.

Grundausbildung im Rhein-Sieg-Kreis ist in zwei Blöcke aufgeteilt

Am Samstag präsentierten die neuen Sankt Augustiner Feuerwehrleute an der Hangelarer Grundschule den Ausbildern ihr Können. Dasselbe taten die Feuerwehrleute aus den umliegenden Städten an der Wache in Menden. Sie verbanden Schlauchelemente für einen fiktiven Löschangriff und kletterten mit einer Leiter auf das Dach der Schule.

Der Aufbau einer Löschwasserverbindung, hier bei einer Saugpumpe, gehört zu den zentralen Bestandteilen der Grundausbildung.

Der Aufbau einer Löschwasserverbindung, hier bei einer Saugpumpe, gehört zu den zentralen Bestandteilen der Grundausbildung.

Die Grundausbildung sei in zwei Blöcke aufgeteilt, erklärte Schwellenbach. „Im ersten Teil geht es um die Grundlagen für die weitere Feuerwehr-Tätigkeit: Die Teilnehmer lernen, wie man einen Löschangriff in verschiedensten Variationen vornimmt, also das Verbinden von Schläuchen. Dazu kommt die Verwendung der Leitern auf dem Fahrzeug“, erklärte er.

„Später, im zweiten Block, liegt der Schwerpunkt auf der Innenbrandbekämpfung, die mit der Ausbildung zum Sprechfunker oder Atemschutzgeräteträger einhergeht.“ Die gehörten teilweise zusammen, denn wer mit Pressluftflasche in ein brennendes Haus geht, muss sich per Funk verständigen können.

Ein Allzeithoch ist die Zahl der Neueintritte in die Feuerwehren im Rhein-Sieg-Kreis

Für all das sind gesonderte Kurse notwendig, die Anwärterinnen und -Anwärter sind mit Abschluss des ersten Teils der Grundausbildung zunächst einfache Feuerwehrleute. Bevor sie aber Uniform und Helm tragen dürfen, müssen sie einen theoretischen Teil absolvieren.

„Der theoretische Teil wird mittlerweile als E-Learning angeboten statt wie früher in Präsenz. Gerade Quereinsteigern, die im Job oder familiär eingespannt sind, kommt das zu Gute, weil sie die Module nach ihrem eigenen Zeitplan abarbeiten können“, erklärte er. Diese drehten sich beispielsweise um Brand- und Löschlehre und Rechtssicherheit in Einsätzen. „Der Lehrgangsleiter kann sehen, ob alle Teilnehmenden alle Module absolviert haben, dann findet die theoretische Prüfung statt.“ An fünf Samstagen erfolge im Anschluss die praktische Ausbildung.

Ein Allzeithoch ist die Zahl der Neueintritte in die Feuerwehren im Rhein-Sieg-Kreis: Allein 22 Aktive mehr als vergangenes Jahr hat die Feuerwehr Sankt Augustin nun, darunter sind auch fünf Frauen. Zusammen mit den Kommunen Eitorf, Troisdorf, Hennef und Siegburg sind es 75 Ehrenamtliche, von denen 18 weiblich sind – auch das sind so viele wie noch nie. Viele entstammen der Jugendfeuerwehr, jedoch gebe es immer mehr Quereinsteiger jeden Alters, die zuvor keinen Bezug zur Feuerwehr gehabt haben.

Für Justus Jünger besteht ein großer Teil des Lebens aus der Feuerwehr

Für Schwellenbach hänge das mit einem gestiegenen Bewusstsein für die Bedeutung ehrenamtlichen Engagements zusammen. Auch der tragische Vorfall vom 18. Juni 2023, als bei einem Brand in einem Motorradladen in Niederpleis zwei Feuerwehrleute ums Leben kamen, hätte einiges bewirkt. „So traurig dieses Ereignis war, es haben sich hinterher Leute aktiv entschieden, in die Feuerwehr einzutreten. In meiner Einheit in Buisdorf zum Beispiel sind zwei Kameraden aus der Unterstützungsabteilung in die Einsatzabteilung gewechselt.“

Justus Jünger (18) und Emmely Schubert (19) sind gespannt auf ihre ersten Einsätze.

Justus Jünger (18) und Emmely Schubert (19) sind gespannt auf ihre ersten Einsätze.

Für Justus Jünger besteht ein großer Teil des Lebens aus der Feuerwehr: Der 18-Jährige ist schon vor sechs Jahren in die Jugendfeuerwehr eingetreten. Er gehört der Einheit Hangelar an. „Es macht sehr viel Spaß, jede Woche bei den Übungen mitzumachen und zu Einsätzen mitzufahren. Das habe ich auch schon gemacht, es ist jedes Mal sehr aufregend, sich die Klamotten überzustreifen und am Feuerwehrhaus noch einen Wagen zu erwischen.“

Nach diesem Teil der Grundausbildung beschränke sich die Tätigkeit am Einsatzort meist nur darauf, Schläuche auszurollen oder etwas vom Fahrzeug zu holen. Jünger möchte deswegen auf jeden Fall weitere Fortbildungen machen.

Feuerwehrfrau Emmely Schubert fühlt sich in der Gruppe respektiert

Die 19-jährige Emmely Schubert fährt mit der Einheit Mülldorf zu Einsätzen raus und ist eine der fünf neuen Feuerwehrfrauen. „Ich habe letztes Jahr FSJ gemacht und habe gemerkt, dass es mir Spaß macht, Leuten zu helfen. Ich habe mich im Internet informiert, wie man beitreten kann und bin einfach mal zum Gerätehaus gelaufen.“ Nach Abschluss der Grundausbildung habe sie sich direkt für den Funklehrgang und die Atemschutz-Ausbildung angemeldet. „Es ist nur schwer, da einen Platz zu bekommen“, sagte sie.

Als Feuerwehrfrau fühle sich Schubert in der Gruppe respektiert. „Auch wenn das in der Sprache noch nicht ganz angekommen ist – es heißt zum Beispiel Truppmann statt Truppfrau. Es gibt in meiner Einheit aber auch Frauen in Führungspositionen, deswegen habe ich nicht das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Häufig werde ich gefragt, ob mir jemand etwas abnehmen kann.“

Ihr erster Einsatz stehe noch bevor. „Immer, wenn der Melder ging, war ich leider nicht in der Nähe. Ich bin aber nicht aufgeregt, weil meine Einheit weiß, was ich kann und was nicht. Wenn man erst vor Ort ist, ist man auf den Einsatz fokussiert“, sagte sie.

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