RechtsstreitSt. Anna in Sankt Augustin kündigt Wohnung des Ex-Küsters wegen Eigenbedarf

Lesezeit 3 Minuten
Der Kirchturm der Pfarrgemeinde St. Anna in Sankt Augustin vor blauem Himmel mit weißen Wolken

Die Pfarrgemeinde St. Anna möchte nicht länger eine Wohnung an den früheren Küster vermieten – der wehrt sich dagegen.

Die 104 Quadratmeter große Wohnung soll für eine Kita genutzt werden. Doch der frühere Kirchenangestellte will das Feld nicht so einfach räumen.

Seit acht Jahren bewohnt eine vierköpfige Familie eine Mietwohnung, nun soll sie raus: Der Vermieter klagt auf Eigenbedarf, so weit, so üblich. Das Pikante: Die Wohnung gehört der katholischen Pfarrgemeinde St. Anna Hangelar, Mieter sind der frühere Küster und seine Ehefrau. Die 104 Quadratmeter würden für das nahe Familienzentrum benötigt, sagt der Gemeindevorstand.

Kein Argument für den früheren Kirchenangestellten, der so einfach das Feld nicht räumen will. Er ließ die neunmonatige Kündigungsfrist (bis Oktober 2022) verstreichen, legte Widerspruch gegen die Räumungsklage ein. Die Parteien trafen sich nun vor dem Zivilgericht. Im Gütetermin wurden die Positionen erörtert und Vorwürfe gegen die Gemeinde laut. Die Kündigung sei erst nach einem Rechtsstreit erfolgt, sagte der Mieter, der eine Retourkutsche vermutet.

Küster stritt sich bereits mit der Gemeinde über Gartennutzung

In dem damaligen Zivilverfahren 2021 ging es um die Gartennutzung. Er hatte die Gemeinde als Vermieterin verklagt, man fand damals eine Lösung: Die Großtagespflege aus dem Obergeschoss darf einen Teil des Gartens nutzen. In dem Verfahren habe die Gemeinde seiner Familie einen Wohnungstausch angeboten, sie hätten nach oben ziehen sollen. „Von einem Auszug war nie die Rede“, schilderte der Mann unter Tränen. Er habe immer seine Miete pünktlich gezahlt und sich auch sonst korrekt verhalten, „ich bin Gemeindemitglied.“

Die obere Wohnung habe zuvor fünf Jahre leer gestanden. „Wenn wir nach oben gezogen wären, hätte die Kirche dann die Tagesmütter und die Kinder auf die Straße gesetzt?“ Diese Frage blieb unbeantwortet. Der geschäftsführende Kirchenvorstand erklärte, dass die Kindertagesstätte, als Familienzentrum zertifiziert, aus allen Nähten platze. Man brauche mehr Raum für die Betreuung und auch für die zusätzlichen Angebote wie Elternberatung, Krabbelgruppen, wichtig für die Rezertifizierung. Diese Angebote müssten in fußläufiger Entfernung liegen, das seien höchstens 1,5 Kilometer.

Küster weist auf andere Räume hin

Die vom Mieter vorgeschlagenen freien Räumlichkeiten im Seelsorgebereich Sankt Augustin befänden sich indes in anderen Stadtteilen, mindestens zwei Kilometer weit weg. Das Pfarrheim gegenüber dem Mietshaus sei keine Alternative: Alle Räume seien belegt. Dem widerspricht der frühere Küster. Der große „Ballsaal“ könne durch eine Schiebetür geteilt werden. Auch die anderen Räume in Erd- und Untergeschoss würden nur wenige Stunden in der Woche genutzt. Der Richter nannte den Eigenbedarf ein „scharfes Schwert“ und regte einen Vergleich an.

Eine Verlängerung der Kündigungsfrist und die Zahlung einer Umzugsprämie, zum Beispiel. Der Fall sei nicht einfach: „Einer Familie wird gekündigt, weil Platz für ein Familienzentrum fehlt.“ Das Anliegen beider Seiten sei nachvollziehbar, zumal der Wohnungsmarkt angespannt sei und die Mieten explodierten. Die Pfarrgemeinde hätte sich mit dem Vergleich anfreunden können, das Ehepaar lehnte ab. Nun folgt ein weiterer Gerichtstermin mit Beweiserhebung. In diesem Stadium sei keine gütliche Einigung mehr möglich, erklärte der Richter; er werde ein Urteil verkünden.

Rundschau abonnieren