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Verwaltung soll schneller werdenSankt Augustin will Vorreiter bei KI im Rhein-Sieg-Kreis werden

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Rathaus Sankt Augustin

Das Rathaus in Sankt Augustin.

Der Rechner mit den sensiblen Daten für die KI steht im Keller des Rathauses. Er lernt stetig aus den Verwaltungsvorgängen.

Bessere Abläufe und einen schnelleren Service möchte Bürgermeister Dr. Max Leitterstorf durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) ermöglichen. „Für viele Menschen ist die Nutzung von KI, wie zum Beispiel ChatGPT, im privaten Umfeld eine Selbstverständlichkeit im Alltag geworden. Entsprechend stellt sich auch für uns die Frage, wie KI für die Arbeit der Verwaltung genutzt werden kann“, so der Bürgermeister auf Nachfrage der Redaktion.

Der Grundgedanke sei, Verwaltungsabläufe effizienter zu gestalten und den Service für die Bürgerinnen und Bürger zu verbessern, zum Beispiel durch schnellere Rückmeldungen. „Wir wollen bei dieser Entwicklung eigenständig und zügig vorangehen“, ist sich das Stadtoberhaupt sicher.

Daten dürfen auf keinen Fall nach außen kommen.
Bürgermeister Max Leitterstorf über den Einsatz von KI in der Verwaltung

Datenschutz ist ein Thema, das bei der KI immer wieder diskutiert wird. „Daten dürfen auf keinen Fall nach außen kommen“, betont Leitterstorf. „Schon gar nicht an Konzerne, die sie außerhalb von Deutschland oder der Europäischen Union speichern.“ Deshalb wird erst einmal eine „On-Premise-Lösung“ eingeführt. Das heißt, der Rechner für die KI steht geschützt im Keller des Rathauses.

„Da kann ich zur Not alle Stecker herausziehen und die Daten sind vor Zugriffen sicher“, erklärte Leitterstorf plakativ bei der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses des Stadtrates. Dort wurde der Sachstand zur IT- und Digitalisierungsstrategie der Stadt vorgestellt.

Für die „Augustin-KI“ muss ein neuer Server angeschafft werden

Losgehen soll es schon in wenigen Wochen. „Die Stadtverwaltung möchte erste Erfahrungen machen und Anwendungsgebiete erschließen, deswegen soll im Hinblick auf den Ausbau der Strategie eine eigene KI ins Leben gerufen werden“, so Leitterstorf. Für die „Augustin-KI“ muss deshalb ein neuer Server angeschafft werden. Er benötigt beispielsweise besondere teure KI-Chips, sogenannte GPUs. „Daher werden in 2026 für Server und Software voraussichtlich rund 100.000 Euro investiert“, so Leitterstorf. 

Auf dem Server wird ein Large-Language-Model (LLM) installiert, das gezielt mit Daten aus der Stadtverwaltung gefüttert wird. LLM steht für das Training der KI, um menschliche Sprache zu verstehen, zu analysieren und zu generieren. Konkrete Anwendungsbeispiele im Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern könnten die einfachere Beantwortung von Anfragen, Wissensmanagement oder die Niederschrift von Tonaufnahmen von Sitzungsprotokollen sein. „Diese Anwendungsfälle werden sich mit der Zeit voraussichtlich noch erheblich erweitern“, so Leitterstorf.

Blick in den Keller des Rathauses von Sankt Augustin. In den Serverschränken ist noch ausreichend Platz fürs Large-Language-Model.

Blick in den Keller des Rathauses von Sankt Augustin. In den Serverschränken ist noch ausreichend Platz fürs Large-Language-Model.

Die Sorge eines Ausschuss-Mitgliedes, dass die Stadt durch diese abgeschottete Insellösung keinen Input von außen bekäme, was bei KI äußerst wichtig wäre, teilt Leitterstorf nicht. Neben der eigenen „Augustin-KI“ werde auch der Einsatz anderer KI-Modelle geprüft, die zum Beispiel in bestimmte Fachsoftware integriert werden könnten. Es müssten jedoch immer die geltenden Datenschutzverordnungen beachtet werden.

Leitterstorf ist sich sicher: „In den kommenden Jahren wird die gesamte Gesellschaft und die Stadt beim Thema KI noch viel dazulernen und die Verwaltung wird das Vorgehen laufend weiter optimieren.“ Die Stadt stehe zusätzlich in Kontakt mit dem Land NRW, kommunalen Rechenzentren und einigen Anbietern aus der Forschung - auch hier aus der Region. Weil dieses Thema konsequent vorangebracht werden solle, werde die Anwendung weiterer Modelle für die Zukunft auch nicht ausgeschlossen.

Mir ist es wichtig, dass wir als Stadt Sankt Augustin bei dieser Entwicklung eigenständig und zügig vorangehen
Max Leitterstorf, Bürgermeister

„KI ist das zentrale Thema der IT-Entwicklung in den kommenden Jahren. KI verändert unsere Arbeitswelt wie in den 90er Jahren der Umstieg von der Schreibmaschine auf den Computer. So wie viele Menschen bereits im Alltag KI nutzen, wollen wir auch als Verwaltung durch KI effizienter werden und Bürgeranliegen schneller bearbeiten. Mir ist es wichtig, dass wir als Stadt Sankt Augustin bei dieser Entwicklung eigenständig und zügig vorangehen“, betont Leitterstorf. „Gleichzeitig sind wir aber auch offen, wenn KI-Applikationen auf höherer Ebene oder zum Beispiel durch den kommunalen IT-Dienstleister regio.iT zur Verfügung gestellt werden.“

Man könne doch bei der Stadt Köln nachfragen, wie dort die Arbeit mit der KI ist, so ein Ausschussmitglied. Die Redaktion hat dies getan. Maximiliam Daum vom Presseamt dazu: „Die Stadt Köln treibt das Thema Künstliche Intelligenz seit einiger Zeit systematisch voran. Aktuell befindet sich eine städtische KI-Plattform in der Teststellung. Wir verfolgen dabei einen modularen Ansatz, der es ermöglicht, unterschiedliche Large-Language-Modelle bedarfsgerecht einzusetzen und flexibel auszutauschen. Wesentlich ist für uns: KI lässt sich nicht allein technisch einführen.“

Die Stadt Köln ist in diesem Thema also bereits gut aufgestellt und arbeitet zielgerichtet auf eine produktive Einführung im Jahr 2026 hin
Maximiliam Daum, Presseamt der Stadt Köln

Deshalb gestalte die Stadt Köln auch die organisatorischen Rahmenbedingungen weiter aus – unter anderem mit einem städtischen KI-Kompass und einem KI-Kodex für einen verantwortungsvollen Einsatz. „Im Testbetrieb evaluieren wir derzeit, welche Komponenten sinnvoll und datenschutzkonform in der städtischen Infrastruktur betrieben werden können und wo Cloud-Lösungen – unter strikter Beachtung der rechtlichen Vorgaben sowie einer Kosten-Nutzen-Abwägung – geeignet sind“, so Daum.

„Eine reine On-Premise-Lösung halten wir aufgrund der begrenzten Skalierbarkeit und hohen Betriebskosten nicht für zielführend.“ Die Stadt Köln sei in diesem Thema also bereits gut aufgestellt und arbeite zielgerichtet auf eine produktive Einführung im Jahr 2026 hin. Vorab seien fundierte Evaluierungen notwendig, um Kosten, Refinanzierungsmöglichkeiten und organisatorische Auswirkungen belastbar zu bestimmen.