ProzessSankt Augustiner stiehlt Familienschmuck vor den Augen einer Demenzkranken

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Amtsgericht Siegburg

Mit einem besonderen Einbruchsdiebstahl befasste sich das Amtsgericht Siegburg.

Vier Ringe und zwei Ketten im Wert von etwa 5000 Euro nahm der 62-Jährige aus der Schmuckschatulle. Jetzt stand er in Siegburg vor Gericht.

Was ist das für ein Mensch, der im Beisein einer 95-Jährigen aus deren Schlafzimmer wertvollen, unwiderbringlichen Familienschmuck stiehlt? Der 62-Jährige aus Sankt Augustin, der in seinem Leben nur hin und wieder mal gearbeitet hat, gab sich vor dem Amtsgericht wortkarg. Er überließ das Reden seinem Verteidiger Michael Hakner. 

Sein Mandant räume alle Vorwürfe ein. Er habe am Tattag, dem 2. März 2022, hochprozentigen Jägermeister getrunken, sei um die Mittagszeit durch ein aufgehebeltes Flurfenster in das freistehende Einfamilienhaus in Siegburg eingestiegen. Vier Ringe und zwei Ketten im Wert von etwa 5000 Euro entnahm er aus der Schmuckschatulle.

Sankt Augustiner verhökerte Beute auf dem Flohmarkt

Für 2500 Euro habe er die Beute auf einem Flohmarkt verkauft, gab er an. Ein Fingerabdruck auf dem Fensterrahmen führte die Fahnder auf seine Spur.

„Der Schreck war groß“, sagte die Tochter der alten Dame im Zeugenstand. Ab und zu komme das Ganze zwar noch bei ihrer Mutter hoch, die meiste Zeit aber sei die Tat nicht mehr präsent, „da ist das schlechte Gedächtnis mal ein Segen“. Die Versicherung habe zwar den Zeitwert ersetzt, doch mit dem Familienschmuck seien Erinnerungen verbunden.

Täter schrieb Brief an die Siegburger Seniorin

Allein am Fenster sei ein Schaden von rund 2600 Euro entstanden, es habe völlig neu konstruiert werden müssen. Der Täter, der mit seiner Partnerin zusammenwohnt und 500 Euro im Monat zur Verfügung hat, habe mit der Versicherung schon eine Rückzahlungsvereinbarung getroffen, erklärte der Verteidiger. Und außerdem einen Entschuldigungsbrief an die Geschädigte geschrieben.

Dass der 62-Jährige die komplette Summe abträgt, ist wohl unwahrscheinlich. Er habe weder Schulabschluss noch Ausbildung und in seiner Jugend in der Werkstatt des Vaters, ein Kupferschmied, geholfen. Später kurzzeitig als Trödler und Teppichwäscher gearbeitet. Seit sechs Jahren lebe er komplett vom Jobcenter. 

Der Mann ist einschlägig vorbestraft, unter anderem stahl er 2019 aus einem Wohnhaus Ringe und Goldketten im Wert von 2500 Euro. Die Besitzerin, eine 85-Jährige, war anwesend. 

Richter Dr. Alexander Bluhm verhängte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wird. Der Angeklagte muss eine DNA-Probe abgeben und als „Wertersatz“ einen Betrag über 4500 Euro zahlen, der über die Staatskasse an die Geschädigte fließt.

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