GlücksspielNeues Casino in Siegburg kommt – wie werden Besucher vor Spielsucht geschützt?

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Ein junger Mann spielt an einem Spielautomaten.

Das Glücksspiel kann zur Sucht werden, die Folgen können schwerwiegend sein. (Symbolbild)

Die Leiterin der Landesfachstelle Glücksspielsucht NRW warnt im Interview vor Suchtgefahr und wünscht sich eine strengere Regulierung der Werbung.

Wenn das Vergnügen zur Sucht wird, kann Glücksspiel Existenzen vernichten. Wir fragten Verena Küpperbusch, Leiterin der Landesfachstelle Glücksspielsucht NRW in Bielefeld, worauf es beim Spielerschutz in Siegburg bald ankommen wird.

Was bedeutet eine Spielsucht für Betroffene?

Verena Küpperbusch: Die Folgen einer Glücksspielsucht können schwerwiegend sein und betreffen in der Regel unterschiedliche Bereiche des Lebens. Betroffene haben oft finanzielle Probleme, ihre psychische Gesundheit ist durch Depressionen, Ängste oder Suizidgedanken beeinträchtigt, die Sucht kann zur Isolation und Vernachlässigung von sozialen Kontakten führen. Viele bekommen Schwierigkeiten am Arbeitsplatz, weil sie weniger produktiv arbeiten, was bis zum Verlust des Arbeitsplatzes führen kann.

Verena Küpperbusch, Leiterin Landesfachstelle Glücksspielsucht NRW

Verena Küpperbusch, Leiterin Landesfachstelle Glücksspielsucht NRW.

Dadurch verschärfen sich wiederum die finanziellen Probleme, und manche Betroffenen begehen sogar strafbare Handlungen, um an Geld für das Glücksspielen zu kommen. Die Belastungen durch die Sucht und ihre Folgen kann darüber hinaus auch zu körperlichen Folgen wie etwa Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und anderen stressbedingten Erkrankungen führen.

Wie können Angehörige helfen?

Wichtig ist, dass Angehörige verstehen, dass sie die Sucht nicht kontrollieren können. Dennoch können sie eine wichtige Unterstützung für Betroffene sein, indem sie beispielsweise als Gesprächspartnerinnen und -partner für Betroffene da sind und sie dazu ermutigen, Hilfe durch Beratung und Therapie in Anspruch zu nehmen. Gleichzeitig sollten Angehörige aber auch deutlich machen, wo ihre Grenzen liegen, und diese klar kommunizieren. Schließlich geht es auch darum, sich selbst nicht aus den Augen zu verlieren: Die eigene Gesundheit und das persönliche Wohlbefinden sind die Voraussetzung, um genug Kraft zu haben, Betroffene zu unterstützen.

Geht es bei Spielsucht eher um Einzelschicksale oder ein Massenphänomen?

Am 6. März ist der neue Glücksspiel-Survey veröffentlicht worden. Dabei handelt es sich um die aktuelle Bevölkerungsstudie zum Glücksspielverhalten in Deutschland. Der Anteil Erwachsener mit einer Glücksspielstörung liegt demnach in der bundesdeutschen Bevölkerung bei 2,4 Prozent. Bezogen auf die aktuelle Bevölkerungszahl in Deutschland müssen wir demzufolge von knapp 1,4 Millionen glücksspielsüchtigen Personen in Deutschland ausgehen.

Wie sehen die gesetzlichen Vorgaben für Spielerschutz aus?

Im Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) gibt es verschiedene Bestimmungen zum Spielerschutz, zur Suchtprävention sowie zur Regulierung des Glücksspielmarktes. Mit der Sperrdatei OASIS gibt es zudem ein spielformübergreifendes, bundesweites Instrument zum Schutz von Spielerinnen und Spielern und zur Bekämpfung von Glücksspielsucht, das ebenfalls im GlüStV verankert ist. Darüber hinaus finden sich dort Werberichtlinien, Regelungen zu Einzahlungslimits und die Verpflichtung, Sozialkonzepte vorzuhalten.

Sind diese Vorgaben Ihrer Ansicht nach ausreichend?

Aus unserer Sicht wäre zum Beispiel eine strengere Werberegulierung, insbesondere im Bereich der Sportwetten zielführend. Darüber hinaus ist die ordnungsgemäße Umsetzung der Regelungen ein zentraler Aspekt. Am Telefon wird uns immer wieder geschildert, dass etwa in Spielhallen nicht ordnungsgemäß kontrolliert wird, ob sich die Gäste über das Sperrsystem OASIS haben sperren lassen. Solange es solche Verstöße gibt, sind glücksspielsüchtige und gefährdete Personen nicht geschützt. Schlimmer noch, ihnen wird ein Schutz zugesichert, der in der Praxis nicht überall existiert.

Können Sie beurteilen, ob das Merkur-Sozialkonzept trägt?

Das Merkur-Sozialkonzept scheint den gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen. Inwieweit das in der Praxis „trägt“ und die Entstehung von Glücksspielsucht verhindert beziehungsweise einschränkt, hängt wesentlich davon ab, wie es umgesetzt und im Unternehmen gelebt wird.

Sollte die Stadt Siegburg zusätzlich durch eigene Präventionsmaßnahmen vor Ort aktiv werden?

Wenn die Spielbank quasi vor der Haustür liegt, kommt der Prävention eine besondere Bedeutung zu. Aus unserer Sicht sollte jede Schule Präventionsarbeit dazu leisten. Mit dem Präventionsprogramm „Glüxxit“ bieten wir als Landesfachstelle dafür landesweit moderne Methoden und vielfältige Tools an, die Lehrkräfte und SchulsozialarbeiterInnen mit ihren Klassen anwenden können. Für Personen, die bereits Probleme mit dem Glücksspielen haben, bietet der Caritasverband Rhein-Sieg Beratung an. Hierhin können sich selbstverständlich auch Angehörige wenden. 

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