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Nach über 50 JahrenMesserschmied schließt Laden an der Holzgasse in Siegburg

Lesezeit 4 Minuten
Messerschmiedemeister Günter Wolf schließt sein Geschäft an der Holzgasse in Siegburg, mit Ehefrau Iris Wolf (links).

Messerschmiedemeister Günter Wolf schließt sein Geschäft an der Holzgasse in Siegburg, mit Ehefrau Iris Wolf (links).

Der Experte ist weit über Siegburg hinaus bekannt. Auch in der Sendung mit der Maus war er schon zu sehen.

Das Handwerk habe einen goldenen Boden, sagt das Sprichwort. Im Fall von Günter Wolf war es wohl eher Stahl als Gold. An der Holzgasse sorgt der Messerschmiedemeister seit mehr als einem halben Jahrhundert für scharfe Klingen aller Art. Manch einer, der aus der Auslage des Geschäfts ein hochwertiges Kochmesser oder eine gute Schere gekauft hatte, wurde zum Stammkunden über Jahrzehnte. Mit 68 Jahren, so findet Wolf allerdings, sei es nun für ihn an der Zeit, das Geschäft zu schließen.

Wenn am 31. Mai die Ladenklingel an der Holzgasse verstummt, bedeutet das indes nicht, dass der 68-Jährige die Hände in den Schoß legt und seine vielen Stammkunden ihrem Schicksal überlässt. Mit zwei Maschinen will er bei Schuhmachermeister Norbert Kamp ein paar Meter weiter an der Zeithstraße einsteigen und diesem alles Nötige beibringen. In Wolfs Familie dient das Handwerk schon seit 1875 dem Broterwerb.

Aus dem Sudetenland nach Siegburg

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam sie aus dem Sudetenland nach Siegburg. Großvater Franz Günter Wolf arbeitete zunächst im Stahlwarenhaus Peters an der Mühlenstraße und übernahm schließlich das Geschäft im Jahr 1953. Es war genau 100 Jahre zuvor gegründet worden, 1968 zog es an die Holzgasse. Günter Wolf selbst erlernte das Handwerk bei seinem Vater und legt bis heute Wert darauf, Messerschmiedemeister zu sein.

„Heute heißt der Beruf Schneidwerkzeug-Mechaniker“, erklärt er. Das Schmieden sei weggefallen. Entsprechend hat er Freude daran, wenn ein Kunde ihm eine hochwertige Klinge japanischer Herkunft bringt. „Damaszener-Stahl wird mitunter 200-mal gefaltet.“ So ist es auch beim teuersten Kochmesser in Wolfs Angebot, das stolze 1800 Euro kostet. Empfehlenswert seien aber auch klassische deutsche Hersteller wie Wüsthof oder Herder, bei denen sich der Schliff in seiner Werkstatt lohne.

Corona-Pandemie kam Messerschmied Wolf entgegen

Der Trend der letzten Jahre kam seinem Qualitätsbewusstsein und Umsätzen mit vernünftigen Klingen entgegen, berichtet Wolf. „In der Corona-Pandemie waren viele Restaurants geschlossen“, erzählt er. „Da haben viele Leute wieder mehr zu Haus gekocht und erst gemerkt, was für Schrottmesser sie in der Schublade hatten.“ Gar nichts dagegen einzuwenden habe er, wenn Kunden mit dem Wetzstab ihre Messer schärfen. Das aber habe seine Grenzen, denn mit dem Stab werde nur die Schneide aufgerichtet.

Wolf dagegen trägt behutsam im Ganzen Stahl ab, wobei er mit verschiedenen Schleifbändern arbeitet und das Messer poliert. „Dafür braucht man Gefühl.“ Wolfs Können wissen auch Küchenchefs zu schätzen, die ihm ganze Messersortimente schicken, auch aus dem Ausland. In heimischen Küchen werde vieles falsch gemacht. „Das Messer wird nicht stumpf durch das, was man schneidet, sondern durch das, worauf man schneidet“, erläutert der Experte.

„Das Messer wird nicht stumpf durch das, was man schneidet, sondern durch das, worauf man schneidet
Günter Wolf

Gar nicht zu empfehlen seien in dieser Hinsicht Schneidebretter aus Glas, wohl aber aus Holz oder Kunststoff. Festgestellt habe er auch, dass der Klebstoff, der für Bretter aus Bambusfasern verwendet wird, hart wie Glas werden könne. Gar nichts zu suchen hätten Messer in der Spülmaschine. „Die hohe Wassertemperatur schadet der Härte“, warnt er. Das Schwierigste in seinem Alltag seien indes nicht Messer, sondern Scheren.:Diese müsse er zunächst auseinanderschrauben und beim Schleifen auf die richtige Hohlung, also die Wölbung , achten.

Auch in der Sendung mit der Maus zu sehen

Sonst funktioniere die Schere anschließend nicht. „Machen Sie das mal bei einer kleinen Hautschere. Das geht nur mit jahrelanger Erfahrung.“ Der Experte ist weit über Siegburg hinaus bekannt. Auch in der Sendung mit der Maus war er schon zu sehen. Die größten Aufträge, die in seine Werkstatt kommen, sind Papiermesser für die Industrie, die bis zu 1,80 Meter lang seien. „Früher haben wir auch Silberbesteck verkauft“, erinnert sich der Meister, und auch die Klingen der Speisemesser auszutauschen, sei gang und gäbe gewesen. Dazu musste der Schwefelzement erhitzt und entfernt werden, mit dem die Klinge im Griff befestigt war.

Wegen der Dämpfe, die dabei entstanden, sei das eine gesundheitsgefährdende Angelegenheit: „Das macht heute kein Mensch mehr“, so Wolf. Gut zu tun hatte er auch, als er noch die Messer von Handrasenmähern nachschliff. Damals habe er allerdings auch drei bis vier Mitarbeiter gehabt. Heute helfen Ehefrau Iris und Schwester Christel im Verkauf mit. Wie lange er beim Nachbarn Norbert Kamp im Laden noch an den Schleifmaschinen stehen will, lässt er offen. „Ich höre auf, wenn er alles kann.“ (ah)